Handlungsbedarf für eine leistungsfähige medizinische Rehabilitation - Aktuelle Gesetzgebung aus Sicht des vdek

"Wir befürchten finanzielle Verschiebebahnhöfe."

„Regional sind wir in Baden-Württemberg weit besser versorgt als in anderen Bundesländern. Teilweise besteht ein Überangebot an Einrichtungen. Der Dialog mit den Partnern der für die Rehabilitation verantwortlichen Akteure funktioniert.“, stellte der stellv. Leiter des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Frank Winkler in seinem Vortrag für die Landesvertretung Baden-Württemberg fest. Er berichtete beim BDPK Bundeskongress in Stuttgart über die aktuelle Gesetzgebung für die medizinische Rehabilitation.

Reform der Wiedereingliederungshilfe

Die Koalitionsvereinbarung sieht im Jahr 2016 ein Bundesteilhabegesetz zur Reform der Wiedereingliederungshilfe vor. Versprochen wurde eine finanzielle Entlastung der kommunalen Gebietskörperschaften in einer Größenordnung von rund 5 Milliarden Euro jährlich. Mittlerweile stehe fest, dass die versprochene finanzielle Entlastung der Kommunen nicht über die Eingliederungshilfe, sondern auf anderen Wegen erfolgen wird. Dennoch wird an der Reformabsicht festgehalten. „Ohne finanzielle Mittel wird dies allerdings nicht zu meistern sein. Zu befürchten sind daher Verschiebebahnhöfe in Richtung Kranken- und Pflegekassen. Mit der Reform der Eingliederungshilfe kommen erhebliche finanzielle Belastungen auf die Kranken- und Pflegeversicherung zu, ohne dass dadurch Leistungsverbesserungen bei den Betroffenen ankommen.“, kritisiert Frank Winkler.

Unter dem Stichwort Personenzentrierung sollen stationäre Komplexleistungen in Einzelteile zerlegt und jeweils anderen Kostenträgern zugeordnet werden. Gleichzeitig wird angestrebt, Leben und Versorgung im „Sozialraum“ zu sichern. Dies ist eine Forderung auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese Entwicklung wird auch für die Rehabilitation Auswirkungen haben – hin zu ambulanten und mobilen Rehabilitationsangeboten.

Ambulante Rehabilitation

Abweichend von internationalen Entwicklungen war die Rehabilitation in Deutschland fast monopolartig stationär und damit wohnortfern geprägt. Seit Mitte der 90er Jahre entwickelte sich in Deutschland, aufbauend auf Modellversuchen, neben der stationären Rehabilitation ein ambulantes rehabilitatives Angebot. Bezugspunkt ist die Träger übergreifend verabschiedete Rahmenempfehlung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) zur ambulanten medizinischen Rehabilitation. „Der Anteil ambulanter rehabilitativer Maßnahmen am Gesamtaufkommen rehabilitativer Leistungen ist in den letzten Jahren zwar deutlich steigend, macht aber bisher trotzdem nicht mehr als ca. fünf Prozent der Gesamtausgaben aus. Die gegenwärtige Entwicklung findet vor allem in den Ballungsräumen statt und stellt sich in den einzelnen Indikationen sehr unterschiedlich dar. Bisher bestehen nur vereinzelte Angebote zur mobilen Rehabilitation, und zwar vorrangig für die geriatrische mobile Rehabilitation. Dies muss sich ändern.“ fordert Frank Winkler. Aus heutiger Sicht ist ein isoliertes mobiles Rehabilitationsangebot nicht wirtschaftlich zu erbringen, deshalb ist  die Vorstellung der Verbände der Krankenkassen die, dass zunächst den bestehenden ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen die Möglichkeit zur mobilen Erbringung ihrer Leistungen eröffnet werden soll. Derzeit werden hierfür Eckpunkte auf der Bundesebene erarbeitet.

Zweistufiges Verfahren zur Reha-Antragsstellung ist Vergangenheit

„Kritisiert wird das zweistufige Verfahren zur Reha-Antragsstellung nach den Reha-Richtlinien. Damit ist nun Schluss. Das Verfahren soll geändert werden.“, so Frank Winkler. Eine Arbeitsgruppe des GBA hat sich der Thematik angenommen. Noch in diesem Jahr ist mit einer Änderung der Reha-Richtlinien und somit mit einem vereinfachten Verordnungsverfahren zu rechnen. Ganz wichtig, die Qualifikationsanforderungen entfallen: zukünftig ist jeder Arzt berechtigt, Reha zu verordnen.

„Ein weiteres Thema ist die Umsetzung des Grundsatzes „Reha vor und bei Pflege“. Die Ergebnisse, die jetzt vom Zentrum für Sozialpolitik veröffentlicht wurden, zeigen, dass sich die Einführung eines Gute-Praxis-Standards als gewinnbringend erwiesen hat. Im Rahmen des Projektes konnte der Anteil festgestellter Rehabilitations-Indikationen auf 6,3 Prozent erhöht werden.“

Versorgungsstärkungsgesetz

„Eine weitere gemeinsame Aufgabe, die uns mit dem Versorgungsstärkungsgesetz übertragen wurde, ist das Entlass-Management nach der stationären Rehabilitation. Der Gesetzgeber macht es sich nach unserer Auffassung leicht, was die Ausgestaltung der rechtlichen Grundlagen angeht. Die Verankerung des Anspruchs der Versicherten auf ein Entlass-Management gegenüber der Krankenkasse in § 40 SGB V führt dazu, dass eine Unterstützung der Krankenkassen nur für die Rehabilitanden vorgesehen ist, die auch die eigentliche Reha-Maßnahme zu Lasten der Krankenkasse durchführen. Auch AU-Schreibung, Verordnung von Medikamenten und Heilmitteln – alles nur für die Rehabilitanden der Krankenkassen. Im Ergebnis müssen wir daher festhalten: Entlass-Management nach der Reha – gut gemeint, aber nicht gut gemacht.“, so Frank Winkler in seiner Bewertung.

Der vdek Baden-Württemberg bei der BDPK Podiumsdiskussion am 24. Juni in Stuttgart

Das Foto zeigt von rechts nach links: Berthold Müller/VDPK Baden-Württemberg, Heike Baehrens MdB SPD, Hubert Seiter/DRV Baden-Württemberg, Ellio Schneider/Moderator, Prof. Dr. Gregor Thüsing/Universität Bonn, Frank Winkler/vdek Baden-Württemberg. Foto: BDPK e.V./Joachim E. Röttgers

BDPK Bundeskongress 2015 in Stuttgart

Über die aktuelle Gesetzgebung zur Rehabilitation informierte Frank Winkler vom vdek. Foto: BDPK e.V./Joachim E. Röttgers

Das Plenum mit den Diskutanten

Das Foto zeigt von links nach rechts: Heike Baehrens MdB SPD, Hubert Seiter/DRV Baden-Württemberg, Ellio Schneider/Moderator, Prof. Dr. Gregor Thüsing/Universität Bonn, Frank Winkler/vdek Baden-Württemberg. Foto: BDPK e.V./Joachim E. Röttgers

Kontakt

Frank Winkler
Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek)
Landesvertretung Baden-Württemberg

Tel.: 07 11 / 2 39 54 - 19
E-Mail: frank.winkler@vdek.com