vdek-Fachforum

Welche und wie viele Krankenhäuser braucht das Land?

Zum dritten Mal nach 2016 und 2017 veranstaltete der vdek in Rahmen des Europäischen Gesundheitskongresses in München ein hochkarätig besetztes Fachforum. Vor rund 300 geladenen Gästen aus Politik, Verbänden und Fachöffentlichkeit stand in diesem Jahr das Thema Krankenhausstrukturen im Mittelpunkt. Ziel war es, gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit die Strukturprobleme der stationären Versorgung offen zu legen und Reformnotwendigkeiten aufzuzeigen.

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Impulsvortrag von Professor Reinhard Busse.

In seinem Impulsreferat hat Professor Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin die wichtigsten Strukturdefizite der Krankenhausversorgung in Deutschland und in Bayern aufgezeigt. Dabei stand vor allem die historisch gewachsene Kleinteilung der Strukturen im Mittelpunkt. Die nach wie vor große Zahl an kleinen Krankenhäusern mit weniger als 100 Betten – in Bayern allein ein Drittel der Häuser – führt zum Teil zu gravierenden Versorgungsmängeln. Sowohl die personelle als auch die apparative Ausstattung der Kleinstkrankenhäuser entspricht vielfach in keiner Weise international üblichen Standards. Das betrifft nicht nur das Feld der Notfallversorgung, sondern vor allem auch das Feld der sogenannten planbaren Leistungen. Gerade im letztgenannten Bereich kommt es immer wieder zu der Situation, dass operative Eingriffe in so geringer Zahl durchgeführt werden, dass es den Operateuren auf gefährliche Weise an Routine mangelt. Internationale Studien belegen, so die eindringliche Warnung von Professor Busse, eine deutlich erhöhte Komplikations- und Letalitätsrate bei geringen Fallzahlen. Abhilfe könne hier seiner Meinung nach nur durch das Einleiten von Konzentrationsprozessen erzielt werden. Hierzu bedarf es eines radikalen Umdenkens in der Krankenhausplanung, orientiert an Erreichbarkeitsstandards und definierten Qualitätszielen.

Sieben Männer sitzen in den Sesseln in einer Reihe

Auf dem Podium (v.l.n.r.): Professor Reinhard Busse (TU Berlin), Siegfried Hasenbein (BKG), Christian Bernreiter (Bayerischer Landkreis), Karsten Böhne (Bayerischer Rundfunk), Herbert Pichler (Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern), Ralf Langejürgen (vdek-Landesvertretung Bayern) und Julian Weyer (Unternehmen C. F. Møller).

Nach dem Einstiegsreferat von Professor Busse wurde die Thematik im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion vertieft und kontrovers diskutiert. Die Vertreter der Krankenhausträger Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistages, und Herbert Pichler, 1. Vorsitzender des Vorstandes des Verbandes der Privatkrankenanstalten in Bayern, verwiesen in ihren Statements vor allem auf die historisch gewachsenen Strukturen und die Schwierigkeit den Grundsatz der Flächendeckung mit dem Prinzip der durchgängig hohen Qualitätsanforderungen in Einklang zu bringen. Aus Sicht der Kliniken, so die Vertreter der Träger, sind strukturelle Reformen nur im Einvernehmen mit den regional verantwortlichen Akteuren aus den Städten, Landkreisen und Gemeinden umsetzbar.

Vier Männer auf dem Podium blicken in den Saal

Unterstützung für nachhaltige Reforminitiativen kam vonseiten des dänischen Vertreters auf dem Podium, Julian Weyer, Partner des Unternehmens C. F. Møller, der anschaulich die weitreichenden Krankenhausstrukturreformen bei unserem nördlichen Nachbarn schilderte. Julian Weyer bestätigte, dass in den öffentlichen Diskussionen vergleichbare Einwände gegen Konzentrationsprozesse vorgebracht wurden. Es aber im Laufe einer umfangreichen Debatte schließlich dennoch gelang, Bedenken bei den betroffenen Patienten, wie auch bei den involvierten politischen Instanzen auszuräumen.

Ein Mann steht am Rednerpult

Ralf Langejürgen: Struktureller Umbau der Krankenhauslandschaft mittelfristig unumgänglich.

Im Resümee hielt der Leiter der vdek-Landesvertretung, Ralf Langejürgen, noch einmal fest, dass der strukturelle Umbau der Krankenhauslandschaft unumgänglich sein wird. Die Frage sei nur, ob die verantwortlichen Akteure diesen Strukturwandel nur erleiden wollen oder ob der Mut vorhanden ist, die drängenden Probleme gestalterisch zu lösen. Schon jetzt, so Ralf Langejürgen, zeichnet sich in den Pflegeberufen ein Mangel ab, der sich aufgrund der Demographie in den nächsten Jahren immer weiter verschärfen wird. Hier könne man zusehen und versuchen den Mangel zu verwalten oder aber Zeichen setzen und den Strukturwandel kontrolliert einleiten. Spätestens Mitte des kommenden Jahrzehnts wird die Demographie auf den Krankenhaussektor voll durchschlagen und die jetzigen Strukturen regelrecht pulverisieren.

Der Leiter der vdek-Landesvertretung verwies in diesem Zusammenhang auf die Initiativen des Gesetzgebers in Sachen Verschärfung der Mindestmengenregelungen, Festlegung von Personaluntergrenzen in pflegeintensiven Indikationsbereichen und Festzurren von planungsrelevanten Qualitätsindikatoren. Allesamt Maßnahmen, die ihre Wirkung auf die Strukturen im Krankenhaussektor nicht verfehlen dürften und alle Verantwortlichen regelrecht zum Aktivwerden zwingen werden.

Der Strukturfonds des Bundes zur Förderung des Strukturwandels im Krankenhaussektor soll über das Jahr 2018 hinaus verlängert und deutlich höher dotiert werden. Ein Instrument, das gezielt genutzt werden sollte um Veränderungsprozesse vor allem im Bereich der Konzentrations- und Umwandlungsmaßnahmen anzustoßen, so Langejürgen abschließend.

Impressionen des vdek-Fachforums 2018