Notfallversorgung

Rettungsdienst in Berlin und Brandenburg

Notaufnahme

Der Rettungsdienst in Berlin und Brandenburg ist regelmäßig am Limit, das System augenscheinlich chronisch überlastet. Unstrittig ist: Es fehlen bundesweit Fachkräfte im Gesundheitswesen. Insbesondere haben wir einen akuten Mangel an Notfallsanitätern und damit kaum noch ausreichend Personal für den Einsatz im Ernstfall. Dies wiegt umso schwerer, als die Zahl der Rettungseinsätze ist in den vergangenen zehn Jahren exorbitant angestiegen und der Ausnahmezustand zum Normalfall geworden ist.

Bei einem 112-Anruf müssen Leitstellen Krankenwagen schicken

Hinzu kommt: Die Schwelle, einen Rettungsdienst zu rufen, ist gesunken. Zum einen mangelt es an Wissen, wann ein Rettungsdienst nötig ist. Zum anderen hat sich die Nummer 116 117, der ärztliche Bereitschaftsdienst der KV, nicht ausreichend etabliert und somit auch keine Entlastung bewirkt. Zudem bleiben nach wie vor zu viele Anrufer in der Warteschleife hängen, so dass sie schließlich doch einen Notruf unter 112 absetzen. Mit der Folge, dass vielfach ein Einsatzwagen gerufen wird, obwohl es sich um gar keinen richtigen Notfall handelt und das System zusätzlich unter Druck gerät.

Keine bundeseinheitlichen Vorgaben

Last not least erschweren unklare Zuständigkeiten notwendige Veränderungen. Die Rettungsdienste sind Ländersache. Flächenländer, wie Brandenburg delegierten diese Aufgabe an die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Versorgung von Notfallpatienten ist somit nicht einheitlich geregelt, sondern unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland und von Landkreis zu Landkreis – schlimmstenfalls auch hinsichtlich der Qualität.

Rettungsdienste sind Ländersache

Das gilt auch für die sogenannte Hilfsfrist, also die Zeit, innerhalb derer, ein Krankenwagen vor Ort sein muss. Während Berlin statt einer Hilfsfrist, sog. Schutzziele vereinbart hat, gilt in Brandenburg eine Hilfsfrist von 15 Minuten. Jedoch haben die meisten Rettungsdienste in Brandenburg Probleme, diese gesetzlich vorgegebene Hilfsfrist einzuhalten.  

Rettungsdienst mit Notarzt und Rettungshubschrauber im Einsatz
Einsatz des Rettungsdienstes mit Notarztwagen und Rettungshubschrauber auf einer Straße

Brandenburger Landtag beschließt Novellierung des Rettungsdienstgesetzes

Der Brandenburgische Landtag hat im Juni 2024 durch eine Änderung des Landesrettungsdienstgesetzes das bestehende Rettungssystem ergänzt und die rechtlichen Grundlagen für die Einführung eines Telenotarztsystems geschaffen. Künftig werden in den sogenannten „Integrierten Regionalleitstellen“ (IRLS) landesweit einheitliche telenotärztliche Systeme zur Verfügung gestellt.
Insbesondere aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels ist die Einführung des Telenotarztsystems im dünn besiedelten Flächenland Brandenburg unausweichlich. Mit dem hochmodernen System kann nun mit Hilfe von Echtzeit-Vitaldaten-Übertragung, Sprach- und gegebenenfalls Sichtkontakt schnellstmögliche ärztliche Versorgung der Patient:innen im Notfall sichergestellt werden.

Durch das nunmehr beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften wird die sogenannte Landesrettungsdienstplanverordnung (LRDPV) gleich mit geändert. Vorgesehen ist, dass die Kostenträger und Rettungsdienstträger mit den Ärztlichen Leitern Rettungsdienst (ÄLRD) eine Rahmenvereinbarung schließen über
•    ein einheitliches Verfahren zur Beschaffung der Technik,
•    einheitliche Organisations- und Prozessdefinitionen,
•    Qualifikations- und Weiterbildungsanforderungen,
•    den Rahmen der Finanzierung,
•    Mindestanforderungen unter anderem zum Datenschutz und zur IT-Sicherheit.

 ModellprojektDispoAkut in Berlin gestartet

In Berlin ist zum 01.04.2024 auf dem Gelände der DRK Kliniken Berlin Köpenick gemeinsam mit der KV Berlin und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung das zunächst sechsmonatiger Modellprojekt DispoAkut gestartet. Ziel des auf die örtliche Situation zugeschnittenen Projekts ist die Entlastung der Notfallversorgung vor Ort. Patient:innen mit leichteren akuten Beschwerden sollen aus der Rettungsstelle und hinein in die Regelversorgung gelenkt werden, indem den Patient:innen eine Behandlung am gleichen Tag in einer der Arztpraxen auf dem DRK-Gelände angeboten wird, sofern es freie Termine gibt. Speziell ausgebildetes medizinisches Fachpersonal prüft doppelt, ob die Patient:innen für eine Behandlung außerhalb des Krankenhauses infrage kommen. Technisch unterstützt wird diese Patient:innensteuerung durch das standardisierte Ersteinschätzungsverfahren SmED.

Derzeit beteiligen sich fünf Praxen aus den Bereichen Chirurgie, Orthopädie, Gynökologie, Neurologie, Kardiologie und Urologie an dem Projekt. Die Mitarbeit einer allgemeinmedizinischen Praxis ist in Planung. Mittelfristig soll das Modellprojekt dazu beitragen, Mitarbeitende zu entlasten, die Patient:innenzufriedenheit zu steigern und verfügbare Mittel im Sinne einer optimierten Versorgung einzusetzen.

KH-Reform und Reform des Rettungsdienstes und der Notfallversorgung verknüpfen

Bundesgesundheitsminister Lauterbach plant nun im Rahmen der Krankenhausreform, die Notfallversorgung und den Rettungsdienst zu reformieren. Dies ist auch sinnvoll, weil in den Notaufnahmen der Krankenhäuser ambulanter und stationärer Sektor aufeinandertreffen. Ziel der Reform ist, dass die Notfall- und Akutversorgung in Deutschland rund um die Uhr in der Lage ist, Hilfesuchende unmittelbar zielgerichtet in die richtige Versorgungsebene zu steuern.

Gesundheitsleitstellen vdek

Reform der Notfallrettung

Bis 2025 soll eine umfassende Reform der Notfallrettung umgesetzt werden. Unter anderem sollen Terminservicestellen (TSS) und Rettungsleitstellen vernetzt, die notdienstliche Akutversorgung bundesweit vereinheitlicht, integrierte Notfallzentren (INZ) flächendeckend eingerichtet und INZ mit Kooperationspartnern vernetzt und an Terminservicestellen angebunden werden.

 

 

Regulierung der Notfallversorgung

Zur Verbesserung der Situation in den Notaufnahmen hat der Gesetzgeber bereits 2015 mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) und der Schaffung von Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einen Grundstein gelegt.

2019 wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) die Verpflichtung eingeführt, die Service-Leistungen des ärztlichen Bereitschaftsdiensts unter der Telefonnummer 116 117 zu erweitern. Seit dem 01.01.2020 wird den Versicherten unter anderem rund um die Uhr in Akutfällen eine ärztliche Versorgung vermittelt. Hier kommt, wie vom TSVG gefordert, ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren zum Einsatz. Es handelt sich dabei um die Software SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland).

Gemeinsamen Notfallleitsystem als Lotse

Im Sommer 2019 veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zunächst einen Referentenentwurf, in dem die Notfallversorgung weiterentwickelt wurde. Anfang 2020 folgte ein weiterer angepasster Referentenentwurf des BMG. Der Entwurf sieht vor, die Telefonnummern 112 (Rettungsdienst und Feuerwehr) und 116 117 (ärztlicher Bereitschaftsdienst) zu einem gemeinsamen Notfallleitsystem (GNL) zusammenzuführen. Das GNL soll auf Basis eines qualifizierten, standardisierten und softwaregestützten Ersteinschätzungsverfahren die Lotsenfunktion für die medizinische Notfallrettung, den Krankentransport und eine telemedizinische oder aufsuchende notdienstliche Versorgung übernehmen.

Integrierte Notfallzentren

Als weiterer Punkt ist die Einrichtung von sogenannten integrierten Notfallzentren (INZ) vorgesehen. Die Zentren sollen an geeigneten Krankenhausstandorten eingerichtet werden und rund um die Uhr erreichbar sein. Sie sollen den Patienten als erste Anlaufstelle im Notfall dienen. Die INZ werden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Krankenhäuser betrieben.

Darüber hinaus soll die medizinische Notfallversorgung durch Rettungsdienste als eigenständige Leistung der medizinischen Notfallrettung im SGB V geregelt und unabhängig von der Inanspruchnahme anderer Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergütet werden.

Die geplanten Regelungen befinden sich seit Anfang 2020 nach wie vor im Entwurfsstatus und wurden bisher vom BMG nicht in ein weiterführendes Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Gleichwohl wurden in Berlin und Brandenburg an einigen Krankenhäusern Notdienst- bzw. Bereitschaftspraxen eingerichtet, die der Funktion des im Referentenentwurf des BMG genannten INZ gerecht werden.

Die Notfallversorgung in Berlin

In Berlin sind elf Notdienstpraxen für Erwachsene und Kinder/Jugendliche am Netz. Die letzte Notdienstpraxis eröffnete Ende 2020, womit die Reorganisation der ambulanten Notfallversorgung abgeschlossen ist.

In Berlin kommt seit dem 01.01.2020 die Ersteinschätzungs-Software SmED unter der Nummer 116117 zum Einsatz. Damit können die Beschwerden der Patienten schnell und präzise geklärt und eine Einschätzung der Dringlichkeit vorgenommen werden.

Notdienstpraxen für Erwachsene
Bezirk Standort
Charlottenburg

DRK-Kliniken Berlin, Westend

Zentrale Notaufnahme

Spandauer Damm 130

14050 Berlin

Friedrichshain

Vivantes Klinikum im Friedrichshain

Rettungsstelle

Landsberger Allee 49

10249 Berlin

Marzahn

Unfallkrankenhaus Berlin

Rettungsstelle

Warener Str. 7

12683 Berlin

Mitte

Jüdisches Krankenhaus Berlin

Rettungsstelle

Heinz-Galinski-Str. 1

13347 Berlin

Neukölln

Vivantes Klinikum Neukölln

Rudower Straße 48

12351 Berlin

Steglitz / Zehlendorf

Charité am Campus Benjamin Franklin

Hindenburgdamm 30

12203 Berlin

Notdienstpraxen für Kinder und Jugendliche
Bezirk Standort
Charlottenburg

DRK-Kliniken Berlin, Westend

kinderärztliche Erste-Hilfe-Stelle

Spandauer Damm 130

14050 Berlin

Lichtenberg

Sana Klinikum Lichtenberg

Haus B, EG, Räume B012 und B013

Fanningerstraße 32

10365 Berlin

Neukölln

Vivantes Klinikum Neukölln

Mutter-Kind-Zentrum

Rudower Straße 48

12351 Berlin

Tempelhof

St.-Joseph-Krankenhaus Tempelhof

Erste-Hilfe-Stelle

Eingang Wüsthoffstraße 15

12101 Berlin

Wedding

Charité-Campus Virchow-Klinikum

Haus 8 – Kinderrettungsstelle

Mittelallee 8

13353 Berlin

Notfallversorgung in Brandenburg

Derzeit sind 18 ärztliche Bereitschaftspraxen an Brandenburger Krankenhäusern eingerichtet. Es fehlt nur noch eine weitere Bereitschaftspraxis, um die Reorganisation abzuschließen.

In Brandenburg kommt seit dem 01.04.2019 die Software SmED zum Einsatz. Außerdem wurde in drei von fünf Leitstellen für den Rettungsdienst die Kooperation mit der Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdiensts (116117) bereits umgesetzt.

Standorte der ärztlichen Bereitschaftspraxen
Standort In folgenden Krankenhäusern
Bernau

Immanuel Klinikum Bernau

Herzzentrum Brandenburg

Ladeburger Straße 17

16321 Bernau bei Berlin

Brandenburg an der Havel

Städtisches Klinikum Brandenburg

Interdisziplinären Aufnahmezentrum, Haus 3, Ebene 0

Hochstraße 29

14770 Brandenburg an der Havel

Cottbus

Carl-Thiem-Klinikum

Rettungsstelle Haus 3

Thiemstraße 111

03048 Cottbus

Eberswalde

Werner Forßmann Krankenhaus

Rudolf-Breitscheid-Straße 100

16225 Eberswalde

Frankfurt (Oder)

Klinikum Frankfurt (Oder)

Eingang Haus 6

Müllroser Chaussee 7

15236 Frankfurt (Oder)

Herzberg

Elbe-Elster Klinikum GmbH

Krankenhaus Herzberg

Alte Prettiner Straße

04916 Herzberg (Elster)

Königs Wusterhausen

Achenbach-Krankenhaus

Klinikum Dahme-Spreewald

Köpenicker Straße 29

15711 Königs Wusterhausen

Lübben

Spreewaldklinik Lübben

Schillerstraße 29

15907 Lübben

Ludwigsfelde

Evangelisches Krankenhaus Ludwigsfelde-Teltow

Albert-Schweitzer-Straße 40-44

14974 Ludwigsfelde

Nauen

Havelland Kliniken GmbH

Ketziner Straße 19

14641 Nauen

Neuruppin

Ruppiner Kliniken

Haus X

Fehrbelliner Straße 38

16816 Neuruppin

Oranienburg

Oberhavel Kliniken GmbH

Robert-Koch-Straße 2-12

16515 Oranienburg

Perleberg

Kreiskrankenhaus Prignitz

Dobberziner Str. 112

19348 Perleberg

Potsdam

St. Josefs-Krankenhaus Potsdam

Zufahrt über Zimmerstraße 6

14471 Potsdam

Rüdersdorf

Immanuel Klinik Rüdersdorf

Ebene 2.

Seebad 82/83

15562 Rüdersdorf bei Berlin

Schwedt

Asklepios Klinikum Uckermark

Am Klinikum 1

16303 Schwedt/Oder

Senftenberg

Klinikum Niederlausitz GmbH

Standort Senftenberg

Krankenhausstraße 10

01968 Senftenberg

Templin

SANA-Krankenhaus Templin

Robert-Koch-Straße 24

17268 Templin