Von der GKV-Prüfgruppe aufgedeckt

Typische Fälle von Abrechnungsbetrug

Krankenwagen fahrend in der Stadt

Zahnreinigung statt Parodontosebehandlung

Ein typischer Fall von Abrechnung nicht erbrachter Leistung ist ein Beispiel aus der Zahnarztpraxis. Hier wurden höher vergütete Parodontosebehandlungen abgerechnet, die von Zahnärzten selbst zu erbringen sind. Geleistet wurden aber lediglich Zahnreinigungen durch Zahnarzthelferinnen.

Nach einem Anfangsverdacht hatte die Zahnärztekammer Anzeige gegen den Zahnarzt wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug gestellt.

Eine Stichprobe  und Zeugenvernehmungen durch die Kriminalpolizei ergab daraufhin, dass in vielen Fällen lediglich Zahnreinigungen und keine (wie abgerechnet) Parodontosebehandlungen stattgefunden hatten.

Nach Prüfung der Abrechnungsdaten durch die Kassenärztliche Vereinigung war insgesamt ein Schaden in einem fünfstelligen Bereich entstanden.  

Krankentransport nicht qualifiziert

Ein privater Anbieter von qualifizierten Krankentransporten hatte deutlich mehr Fahrten abgerechnet, als er mit dem einzig vorhandenen Fahrzeug mit entsprechender Ausrüstung hätte durchführen können. Viele Fahrten waren mit einem einfachen Transportfahrzeug durchgeführt und als deutlich teurere qualifizierte Krankentransporte abgerechnet worden.

Der Unterschied der Transportarten liegt im speziellen Krankentransportwagen und dem Personal, das den Transport begleitet. Ein qualifizierter Krankentransport ist die medizinisch verordnete Fahrt einer erkrankten oder verletzten Person in einem Krankenwagen. Dabei sind Fahrzeug und Personal speziell für diesen Einsatz ausgestattet und ausgebildet und werden deshalb deutlich höher von den Krankenkassen vergütet.

Als Krankenfahrt wird bezeichnet, wenn jemand liegend oder sitzend und ohne medizinische Betreuung in einem einfachen Fahrzeug transportiert wird, weil die Person nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fahren kann. Aufgrund des geringen Aufwandes sind Krankenfahrten erheblich günstiger als Fahrten im Krankentransportwagen.

Systematischer Falschabrechnungen durch Pflegedienst

Im Frühjahr 2016 hatte ein Thema große mediale Aufmerksamkeit erlangt: Der systematische Betrug der Kassen durch osteuropäische und russische Banden, der die Sozialsysteme in Milliardenhöhe geschädigt hat.

Bereits im Herbst des Vorjahres war das Bundeskriminalamt (BKA) zu der Erkenntnis gelangt, dass es sich um ein bundesweites Phänomen handelt, und hatte ermittelt. Den Erkenntnissen nach gründen diese Banden gezielt Pflegedienste und rechnen bei den Kassen Leistungen ab, die sie zum Teil gar nicht, in wesentlich geringerem Umfang oder mit nicht qualifiziertem Personal erbracht hatten.

„Beim Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen durch russische Pflegedienste handelt es sich um ein Phänomen, das insbesondere dort auftritt, wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bilden“, hatte das BKA in seinem Bericht festgestellt. Auch in Bremen gebe es einen solchen Betrugsfall, der nach intensiven Ermittlungen 2012 aufgedeckt wurde.

Nach dem Auftauchen erster Unregelmäßigkeiten war die Bremer Prüfgruppe der Krankenkassen dem Fall gemeinsam mit der Kriminalpolizei nachgegangen. Dafür wurden alle Abrechnungen des Pflegedienstes von den Krankenkassen zusammengetragen, da die zu pflegenden Personen bei unterschiedlichen Kassen versichert waren. Das Ergebnis der Auswertung war eindeutig: Eine Pflegerin wollte beispielsweise in vier Stunden 219 Kilometer gefahren sein, um 15 Patienten im Bremer Stadtgebiet zu versorgen – zudem noch in einer völlig unlogischen Reihenfolge. 2014 wurde die Geschäftsführerin zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldzahlung von 15.000 Euro verurteilt.

Ein Problem bei den Ermittlungen ist, dass die Pflegebedürftigen und deren Angehörige, die in der Regel ebenfalls aus dem entsprechenden Sprachraum stammen, teilweise in den Betrug eingebunden sind. Es ist schwierig Betrug nachzuweisen, wenn beispielsweise die Dokumentation mit dem Kürzel der Pflegekräfte versehen und von den Patienten unterschrieben ist – auch wenn es Anhaltspunkte gibt, die vermuten lassen, dass hier keine oder nicht die angegebene Leistung stattgefunden hat.