Ambulante Versorgung nachhaltig gestalten

Krankenwagen

Gute Versorgung im gesamten Stadtgebiet

Hamburgs ärztliche Versorgung umfasst ein hervorragend ausgebautes Netz an Ärztinnen und Ärzten mit einer hohen Dichte an Spezialistinnen und Spezialisten sowie ein hochentwickeltes Notfallversorgungssystem. Die Hansestadt ist bei der Bedarfsplanung ein Planungsbezirk, der grundsätzlich überversorgt ist. Die Praxen der Niedergelassenen sind jedoch nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt. Dies kann dazu führen, dass es - je nach Wohnort- unterschiedlich langer Wege bedarf, um ärztliche Versorgung in Anspruch zu nehmen.

Um eine gute Versorgung auch künftig sicherzustellen und eine bessere Verteilung von Praxen im Hamburger Stadtgebiet zu erreichen, treten die Ersatzkassen für ein Maßnahmenpaket ein, das mit Unterstützung einer zukünftigen Landesregierung über den Bundesgesetzgeber umgesetzt werden soll.

Zum einen plädieren die Ersatzkassen dafür, dass die gemeinsame Selbstverwaltung aus Vertragsärztinnen und -ärzten sowie Krankenkassen im Rahmen von Neuzulassungen, die sich aufgrund eines Einwohnerzuwachses ergeben, lokale Vorgaben machen kann - solange ein räumliches Ungleichgewicht besteht. Die gemeinsame Selbstverwaltung wird als Teil dieser Maßnahme Stadtteile empfehlen, in denen die Bewerberinnen und Bewerber auf offene Arztsitze bevorzugt zugelassen werden sollen. Dabei wird es sich um Stadtteile handeln, in denen die gemeinsame Selbstverwaltung eine unterdurchschnittliche Versorgung bezogen auf das gesamte Stadtgebiet ermittelt hat.

Versorgungsaufträge konkretisieren

Zum anderen setzen sich die Ersatzkassen dafür ein, dass Versorgungsaufträge konkretisiert werden. So gehören etwa zur Gruppe der Hausärztinnen und Hausärzte, die einen Sitz im Rahmen der Bedarfsplanung erhalten können, auch Internistinnen und Internisten. Diese bieten in Hamburg oft nicht die „klassisch grundversorgende“ hausärztliche Versorgung an, sondern bilden andere Schwerpunkte. Mit den aktuellen gesetzlichen Vorgaben wird daher beispielsweise nicht zwangsläufig eine „klassische“ hausärztliche Versorgung vollumfänglich sichergestellt. Auch bei Fachärztinnen und Fachärzten kann es trotz Sicherstellungsauftrags zu einer Fehlentwicklung kommen, die dazu führt, dass gewisse Leistungen weit unterdurchschnittlich, nicht ausreichend oder gar nicht angeboten werden.

Daher treten die Ersatzkassen dafür ein, dass der Zulassungsausschuss gesetzlich dazu verpflichtet wird, im Rahmen der Niederlassung einer jeden Ärztin und eines jeden Arztes ein Mindestversorgungsspektrum in Form eines konkret definierten Versorgungsauftrags vorzugeben.

Bei lokalen Versorgungslücken hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bereits heute die gesetzliche Möglichkeit, diese durch Eigeneinrichtungen gezielt zu schließen. Die Eigeneinrichtung kann – unabhängig von freien Arztsitzen – zusätzlich in grundsätzlich überversorgten Planungsbezirken Teil der Versorgung werden. Der Nachteil an der aktuellen Gesetzeslage: Die in den Einrichtungen angestellten Ärztinnen und Ärzte können durch ihre Beschäftigung dort keine Arztsitze erlangen. Sie haben somit auch keine Perspektive, sich einen Patientenstamm aufzubauen, den sie sich im Falle einer angestrebten Selbständigkeit erhalten könnten.

Die Ersatzkassen schlagen deshalb vor, dass Ärztinnen und Ärzte, die fünf Beschäftigungsjahre in ein und derselben KV-Eigeneinrichtung die Versorgung sichergestellt haben, automatisch einen Arztsitz an diesem Ort vom Zulassungsausschuss zugewiesen bekommen.

Ambulantisierung fördern, innovative Versorgung qualitätsgesichert stärken

Prinzipiell gilt für die Ersatzkassen der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Durch den medizinischen Fortschritt können heute mehr gesundheitsbezogene Leistungen als je zuvor ambulant durchgeführt werden, die früher stationär vorgenommen werden mussten. Dies muss auch im Behandlungsalltag nachvollzogen werden. Die Grundlage für die Entscheidung, ob eine Leistung ambulant oder stationär erfolgt, sollte allein die medizinische Indikation sein.

Die Ersatzkassen werden weiterhin den Ausbau der Telemedizin, der Videosprechstunden, des Telemonitorings und der Teleberatung vorantreiben, wenn sie einen Mehrwert für die Patientinnen und Patienten bringen. Die Ersatzkassen fordern die Akteure in der Gesundheitspolitik auf, sich diesen Instrumenten stärker zu öffnen, gemeinsam den Ausbau zu forcieren und für eine bessere sektorenübergreifende Versorgung sinnvolle digitale Netzwerke zu etablieren. Dabei müssen sie dem Qualitätsanspruch für die Versicherten sowie dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgen.

Notfallversorgung durchgreifend reformieren

In Hamburg besteht Verbesserungsbedarf bei der Versorgung Hilfebedürftiger: Aktuell kommt es oft zu langen Wartezeiten in den Notaufnahmen und zu vielen Rettungseinsätzen, die nicht bedarfsnotwendig sind. Als Folge arbeitet das hochqualifizierte ärztliche und pflegerische Personal am Limit. Künftig müssen Hilfebedürftige schneller als bisher genau an den für sie richtigen Versorgungsort gelenkt werden. Eine Modernisierung der Strukturen steht daher für die Ersatzkassen weit oben auf der Agenda.

Es ist begrüßenswert, dass in Hamburg die beiden Leitstellen – die 112 der Feuerwehr und die 116117 der Kassenärztlichen Vereinigung – auf dem Weg zu einer gemeinsamen Leitstelle sind, mit einem einheitlichen Ersteinschätzungsverfahren und einer IT-Vernetzung. Damit wird sektorübergreifend die ressourcenschonende Steuerung der Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsebene ermöglicht, wenn die betreffenden Prozesse abgeschlossen sind.

Dieser Umbau bleibt aber nur Stückwerk, wenn nicht auch der entscheidende Schritt hin zur Etablierung einer Gesundheitsleitstelle gegangen wird: Von einer solchen Leitstelle aus können neben einem Rettungsdienst- oder Notarzteinsatz auch andere Angebote wie die pflegerische Notfallversorgung oder der psychosoziale Notdienst angesteuert werden.

Gesundheitsleitstelle etablieren

Vielversprechend ist das Vorhaben, das im Kabinettsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Notfallgesetz enthalten war: Die Schaffung von Integrierten Notfallzentren (INZ) in Notaufnahmen mit einem „gemeinsamen Tresen“ von Krankenhaus und Kassenärztlicher Vereinigung. Aus Sicht der Ersatzkassen sollten diese INZ am Bedarf orientiert und für alle Hamburgerinnen und Hamburger gut erreichbar sein.

Das vom Bundesgesundheitsministerium zwischenzeitlich vorgeschlagene Verhältnis von einem INZ auf 400.000 Einwohnerinnen und Einwohner ist für eine Gesundheitsmetropole wie Hamburg sinnvoll. Daraus ergibt sich für die Hansestadt eine Zahl von fünf Standorten. Die Verteilung der Standorte über das Stadtgebiet sollte, am Interesse der Patientinnen und Patienten orientiert, durch die gemeinsame Selbstverwaltung erfolgen.

Die Ersatzkassen setzen sich außerdem dafür ein, dass der Rettungsdienst zukünftig im Fünften Sozialgesetzbuch verankert wird. Es gilt, auf Landesebene die Rechtsbeziehung zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern neu zu ordnen. Denn die aktuelle Regelung in Hamburg widerspricht den Grundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere den Prinzipien der Beitragssatzstabilität und der Wirtschaftlichkeit.

Bürgerschaftswahl Hamburg 2025 Gesundheitspolitische Positionen deckblatt

Stand: 12.02.2025 Gesundheitspolitische Positionen der Ersatzkassen in Hamburg 2025 - 20230

für die 23. Legislaturperiode der Bürgerschaft