
Stand: 12.02.2025 – Gesundheitspolitische Positionen der Ersatzkassen in Hamburg 2025 - 2030
für die 23. Legislaturperiode der Bürgerschaft
Die Pflege ist angesichts der alternden Gesellschaft, des Fachkräftemangels und veränderter Familienstrukturen eine der zentralen gesundheitspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre. In Hamburg gibt es aktuell rund 95.000 Pflegebedürftige. Prognosen zufolge wird ihre Zahl 2035 auf rund 102.000 Betroffene steigen. Die Ersatzkassen stehen für eine solidarisch und zukunftssicher finanzierte Pflegeversicherung, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit generationenübergreifend sozial absichert. Damit gute Pflege für alle bezahlbar bleibt, müssen vielfältige Anstrengungen in Bund und Land unternommen werden.
Informell Pflegende* sind die tragende Säule der Pflege, denn die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird im eigenen Wohnumfeld versorgt, auch in der Hansestadt. Doch die gesellschaftliche Entwicklung – Hamburg ist neben Berlin die „Singlehochburg“ Deutschlands – führt zunehmend zu Veränderungen. Private oder gesamtgesellschaftlich organisierte Netzwerke sind bedeutsamer geworden. Sie unterstützen sowohl die Pflegebedürftigen als auch beispielsweise die pflegenden Zu- und Angehörigen. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels.
Um informell Pflegende und Pflegebedürftige stärker zu entlasten, schlagen die Ersatzkassen zum einen vor, Onlineportale zu schaffen, an die sowohl ambulante Dienste als auch Pflegeheime ihre freien Kapazitäten verpflichtend melden müssen. Zum anderen gilt es, die Pflegekompetenz der informell Pflegenden weiter zu stärken, etwa beim Wissen um Pflegepraktiken und guten Umgang mit herausfordernden Situationen. Außerdem besteht die Notwendigkeit, Netzwerke im Quartier weiter auszubauen.
Ob es gelingen wird, genügend Auszubildende für die Langzeitpflege zu finden, Pflegende im Beruf zu halten und ausreichend ausländische Fachkräfte anzuwerben, ist zentral für die Zukunft der Pflege in Hamburg. Die Stadt hat etwa mit der „Allianz für die Pflege“ einen erfolgversprechenden Weg beschritten, darf aber auch in der neuen Legislaturperiode in ihren Bemühungen nicht nachlassen. Nach Meinung der Ersatzkassen kann der Fachkräftemangel auch dadurch bekämpft werden, dass für internationale Pflegekräfte mit einer mindestens dreijährigen Ausbildung bzw. Studium und notwendigen Sprachkenntnissen eine sogenannte „Kompetenzvermutung“ gilt – und damit der Weg in den Arbeitsmarkt schneller offensteht.
*An- und Zugehörige, Nachbarinnen und Nachbarn sowie Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler
Die finanzielle Sicherstellung der Pflege ist nicht nur Aufgabe der Sozialen Pflegeversicherung. Die Bundesländer tragen ebenfalls Verantwortung für eine auskömmliche Investitionskostenfinanzierung, denn sie wurden beim Start der Sozialen Pflegeversicherung deutlich entlastet. Eine auskömmliche Finanzierung stellen sie bis heute jedoch nicht sicher. Stattdessen nutzen sie die derzeit unverbindliche Regelung im SGB XI, um Kosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen. So gab das Land Hamburg 2022 als Förderung nur 2,60 Euro je Pflegebedürftigen in Pflegeheimen der Hansestadt aus, den aktuellsten Zahlen zufolge. Der Bundesdurchschnitt belief sich dagegen auf 177 Euro. Hamburg liegt damit im Bundesvergleich auf dem vorletzten Platz.**
Würde das Bundesland seine Verantwortung bei den Investitionskosten vollumfänglich übernehmen, würde das Heimbewohnende in der Hansestadt sofort um aktuell 574 Euro pro Monat bei den Eigenanteilen entlasten.
Dazu kommt, dass derzeit ein großer Teil der Kosten der Pflegeausbildung von den Pflegebedürftigen und den gesetzlich Krankenversicherten bzw. Pflegeversicherten aufgebracht wird. Ausbildung, im Besonderen der Betrieb von Berufsschulen, ist jedoch Ländersache und muss deshalb auch in Hamburg vom Bundesland übernommen werden.
Der zukünftige Senat sollte sich außerdem dafür einsetzen, dass im Bund die Weichen für eine umfassende Pflegereform gestellt werden. Der Bund muss sich aus Sicht der Ersatzkassen zum einen verpflichten, die Gelder zur Finanzierung zahlreicher Corona-Maßnahmen an die Soziale Pflegeversicherung zurückzuzahlen und zum anderen die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige zu übernehmen.
** Nur Thüringen befindet sich mit 40 Cent noch darunter. Drei Länder fördern überhaupt nicht. Quelle: Berichtspflicht der Länder zur Förderung von Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen (Berichtsjahr 2022, Ergebnisbericht für das Bundesgesundheitsministerium)
für die 23. Legislaturperiode der Bürgerschaft