Kosten nehmen um 130 Prozent in einer Dekade zu

Hamburger Rettungsdienst: Gebühren steigen um 15 Prozent

Krankenwagen

Der Rettungsdienst ist im neuen Jahr deutlich teurer geworden: Zum 1. Januar 2021 hat der Senat die Gebühren kräftig angehoben. Sie legten um 15 Prozent im Vorjahresvergleich beim größten Kostenblock zu, der Beförderung mit einem Rettungswagen. Hier erhöhte sich die Gebühr von 534 auf 616 Euro.

Der Verband der Ersatzkassen sieht diese Situation mit Sorge. Denn seit mehr als zehn Jahren kennt die Kostenentwicklung im Hamburger Rettungsdienst nur eine Richtung: nach oben. Zwischen 2010 und 2020 erhöhten sich die Kosten ganz erheblich. Sie stiegen um 130 Prozent, von 44,9 Millionen Euro auf 103,1 Millionen Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen- und damit die Versicherten - sind die Hauptfinanziers des Rettungsdiensts in der Hansestadt. Dieser wird maßgeblich von der Feuerwehr getragen.

Erhebliche finanzielle Belastung

Grundlage für die diesjährige Steigerung ist erstmals eine neue Art der Gebührenfestsetzung. Als Ergebnis der Novellierung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes bestimmt die Stadt die Gebühren in einer Rechtsverordnung  - ohne, wie bisher üblich, in Verhandlungen mit den Krankenkassen eine wirtschaftliche Gebühr zu ermitteln und im Streitfall von einer Schiedsstelle darüber entscheiden zu lassen.

Das zuvor angewandte Verhandlungsverfahren hatte den Krankenkassen zwei wichtige Möglichkeiten eröffnet: Zum einen Transparenz über Leistungen und Kosten einzufordern, zum anderen Qualitätsmängel zu benennen, Verbesserungen anzustoßen und gegebenenfalls vor der Schiedsstelle durchzusetzen.So hat sich der Verband der Ersatzkassen beispielsweise jahrelang dafür eingesetzt, dass die Notfallsanitäter in Hamburg ihre Qualifikationen, die sie in ihrer neuen Ausbildung erworben haben, auch zum Einsatz bringen können. Damit soll die Qualität der Versorgung z.B. nach einem Unfall verbessert werden. Die Ausbildungskosten dafür wurden vor allem von den gesetzlichen Krankenkassen getragen.

Wegen des Wegfalls der Verhandlungen hatten die Krankenkassen befürchtet, dass die Wirtschaftlichkeit und Qualität des Rettungsdiensts in der Hansestadt gefährdet ist. Dies hatten sie auch 2019 im Anhörungsverfahren zur Novellierung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes bemängelt. Jetzt tritt ein, was damals befürchtet worden war: Der Beitragszahler wird erneut erheblich finanziell belastet, ohne dass die Qualität in vielen Bereichen erkennbar zunimmt.

Die Grafik zeigt die Erfüllungsquote der Hilfsfrist im Rettungsdienst in Prozent.

Dies wird unter anderem deutlich, wenn man betrachtet, wie es um die Einhaltung der Hilfsfristen bestellt ist – ein wichtiger Anhaltspunkt für die Beurteilung der Qualität aus Sicht der Versicherten. Die Zahl der Fälle, nach denen in Hamburg ein Rettungswagen nach der Notrufannahme in der Leitstelle innerhalb einer bestimmten Hilfsfrist fristgerecht am Einsatzort eintrifft, sinkt seit Jahren. Für das dichtbesiedelte Gebiet Hamburgs wird von einer Hilfsfrist von acht Minuten ausgegangen. Wurde dieses Ziel von acht Minuten 2013 noch bei 70 Prozent der Einsätze erfüllt, so lag die Quote 2019 nur noch bei 64 Prozent.

Für verpflichtende Hilfsfrist stark gemacht

Selbst wenn man miteinbezieht, dass sich die Verkehrssituation („Stauhauptstadt Hamburg“) in den letzten Jahren nicht entspannt hat, was ein schnelleres Eintreffen der Rettungswagen erschwert, so bleiben doch Fragen offen. Die Ersatzkassen hatten sich für dafür stark gemacht, in die Novellierung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes eine verpflichtende Hilfsfrist mit einer Erfüllungsquote aufzunehmen. Dies war vom damaligen Senat jedoch abgelehnt worden.

Dazu kommt, dass die Zahl der Rettungsdiensteinsätze der Feuerwehr von 2016 bis 2020 laut deren Jahresberichte fortlaufend gesunken ist, von 254.000 auf rund 226.000 Einsätze. Dass trotz einem Minus bei den Einsätzen die Kosten im gleichen Zeitraum permanent gestiegen sind, wirft weitere Fragen auf.

Zum Verständnis: Der Rettungsdienst liegt in Hamburg vor allem in der Trägerschaft der Feuerwehr. Sie sorgte bis Oktober 2019 allein für die Vorhaltung von Rettungsmitteln, zum Beispiel Rettungswagen. Mit dem neuen Hamburgischen Rettungsdienstgesetz wurden ab November 2019 auch Dritte in den Rettungsdienst miteinbezogen, insbesondere Hilfsorganisationen. Der Löwenanteil der Einsatzfahrten für 2019 entfällt daher weiterhin auf die Feuerwehr, mit einem geringen Anteil von Fahrten Dritter in den letzten beiden Monaten des Jahres 2019, die jedoch im Jahresbericht der Feuerwehr nicht eindeutig getrennt statistisch erfasst wurden. Auch die veröffentlichten Kosten sind nur Kosten des Feuerwehr-Rettungssystems.

Notfallrettung und Krankentransport sind Teil des Rettungsdienstes. Bei der Notfallrettung werden Kranke oder Verletzte in Lebensgefahr von Notärzten versorgt. Diese stellen die Transportfähigkeit der Patienten her und betreuen sie während der Beförderung mit dem Rettungswagen oder Hubschrauber in die Klinik. Bei einem Krankentransport sind die Patienten nicht in Lebensgefahr, werden von nichtärztlichem Personal begleitet und in Krankentransportwagen befördert.Auch die veröffentlichten Kosten sind nur Kosten des Feuerwehr-Rettungssystems.