Interview mit Nike Ebert, Schulgesundheitsfachkraft

„Kein Kind sollte unter dem Radar sein!“

Nike Ebert ist als Schulgesundheitsfachkraft an den Grundschulen Mümmelmannsberg und Jenfelder Straße im Einsatz. Wieso es wichtig ist, bereits bei Grundschulkindern Gesundheitskompetenzen zu fördern und was sich inzwischen in den Brotdosen getan hat, berichtet sie im Interview.

Nike Ebert Schulgesundheitsfachkraft
Nike Ebert, © Claudia Pittelkow/BSB

vdek: Frau Ebert, wieso haben Sie sich als Schulgesundheitsfachkraft beworben, woher kommt ihr Interesse an der Tätigkeit?

Nike Ebert: Ich habe schon während meines Studiums in Projekten mitgearbeitet, die mit Prävention und Gesundheitsförderung zu tun hatten. Ich war beispielsweise in einem Projekt an einer Grundschule hier in Hamburg und habe ein Unterrichtsmodul entwickelt, bei dem es um Gesundheitsförderung ging. In dieser Zeit habe ich mir oft gedacht: Es wäre so schön, wenn es das an den Schulen als vollwertigen Beruf gäbe. Schulgesundheitsfachkräfte existierten damals in diesem Sinne noch nicht. Entsprechende Themen wurden als einzelne kleine Projekte an den Schulen umgesetzt und externe Fachkräfte dafür dazu geholt. Letztes Jahr habe ich dann die Stellenausschreibung gesehen. Ich habe mich natürlich sehr gefreut und mich direkt beworben.

vdek: Warum sollte schon in der Grundschulzeit mit verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen begonnen werden?

Nike Ebert: Mit Gesundheitsförderung sollte so früh wie möglich gestartet werden. Zu wissen, was der eigene Körper braucht und wie man sich verhalten kann, um die psychische Gesundheit zu stärken, das ist im späteren Leben ein großer Vorteil – sowohl für einen selbst als auch für das Gesundheitssystem. Jedes Kind hat das Recht, gesund aufzuwachsen. Da geht es zum Beispiel um ausgewogene Ernährung, um Stressbewältigung, psychosoziale Gesundheit und um verantwortungsbewussten Medienkonsum. Manche Kinder haben nicht die Chance, diese Dinge zu erlernen, aus vielfältigen Gründen. Aber kein Kind sollte unter dem Radar sein. Aufgrund der Schulpflicht hat man alle Kinder im Blick, unabhängig von ihrer sozialen Lage. Und man erreicht die Eltern und das Umfeld, kann Aufklärungsarbeit leisten, gemeinsam mit allen Beteiligten. Das macht die Grundschule zum perfekten Ort für Prävention und Gesundheitsförderung.

vdek: Wie sieht der Arbeitsalltag bei Ihnen aus, wo packen Sie an?

Nike Ebert: Das ist sehr abwechslungsreich. Ich gebe zum Beispiel Ernährungskurse in den Klassen, oder eine Lehrkraft kommt zu mir, und wir entwickeln gemeinsam eine Projektidee. Auch die Schülerinnen und Schüler kennen mich mittlerweile und wissen: „Die kann ich ansprechen, wenn ich Bauchschmerzen hab oder wenn es mir nicht gut geht, wenn ich traurig bin“. Dann schauen wir gemeinsam: Woran liegt das, welche Unterstützung gibt es? Dabei kommt dann beispielsweise die Netzwerkarbeit ins Spiel. Ich gehe auf die betroffenen Eltern zu und wir besprechen, was los ist. Und ich vermittle ein Angebot, vielleicht einen Sportverein, damit das Kind Kontakte knüpft und mehr Selbstbewusstsein entwickelt. Es melden sich mittlerweile immer mehr Eltern von sich aus bei mir.

vdek: Was konnten Sie bis jetzt bewegen?

Nike Ebert: Ich habe zum Beispiel gemeinsam mit den Lehrkräften Elternabende zum Thema Medienkonsum organisiert. Unser Ziel war es, die Eltern dabei zu unterstützen, ihren Kindern einen gesunden Umgang mit Medien beizubringen. Dabei spielt etwa Suchtprävention eine entscheidende Rolle. Wir haben dazu aufgeklärt, was passieren kann, wenn Kinder sich ungeschützt im Netz bewegen und Details von sich preisgeben. Es ist ja nicht jedem bewusst, dass das sehr gefährlich sein kann. Oder wenn es ums Serienschauen geht, dann können Kinder im Grundschulalter oftmals reale und virtuelle Welt noch nicht gut trennen.

Und wenn ein Kind auffällig ist, dann sollte man herausfinden, was bei ihr oder ihm dahintersteckt. Aber eben auch in der Klasse selbst schauen, wieso der Umgang miteinander gerade nicht passt. Mit den Klassenlehrkräften habe ich ein kleines soziales Training von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durchgeführt, um die Klassen zu stärken. Da ging es darum, gemeinsam mit den Kindern Klassenregeln zu formulieren und zu besprechen, was sich verbessern könnte. Ich habe viele Rückmeldungen bekommen, dass der Umgang in den Klassen positiver geworden ist.

vdek: Wenn Sie auf Ihr erstes Arbeitsjahr zurückblicken, woran denken Sie gerne?

Nike Ebert: Es ist schön, wenn man an eine Schule – die ja ein geschlossenes System ist – kommt, mit offenen Armen empfangen wird und gleich hört: „Wir haben so viele Ideen, können wir uns mit Dir zusammensetzen und das anpacken?“. Es macht mir großen Spaß, gemeinsam mit den Schulen Projekte zu etablieren. Nicht nur, weil eben viel Input kommt, sondern auch, weil das, was ich tue, bemerkt und wertgeschätzt wird.

Die Kinder kennen mich mittlerweile, begrüßen mich auf dem Schulhof und wollen wissen, wann ich wieder zu ihnen in die Klasse komme. Und ich sehe, dass im Zusammenhang mit den Ernährungskursen die ein oder andere Brotdose bunter geworden ist. Das freut mich natürlich!

Interview: Isabella Tartamella