Stationäre Pflege

Finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen in hessischen Pflegeheimen steigt kontinuierlich

Die finanziellen Eigenbeteiligungen von hessischen Pflege­bedürftigen in Pflegeheimen sind im Zeitraum vom 01.07.2022 bis 01.07.2023 erneut stark gestiegen, sowohl für die pflege­bedingten Aufwendungen, Unterkunft und Verpflegung als auch für die Investitionskosten. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen e. V. (vdek). Vor allem die seit 01.09.2022 geltende Tarifpflicht macht sich hier deutlich bemerkbar.

Eigenbeteiligung steigt vor allem bei den pflegerischen Kosten

Die höchsten Mehrkosten im Vergleich zum Vorjahr haben Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Heimaufenthalts. Hier stiegen die monatlichen Kosten innerhalb eines Jahres um 384 Euro auf durchschnittlich 2.503 Euro im Monat, 18,12 Prozent mehr als im Vorjahr. Pflegebedürftige, die bereits ein bis zwei Jahre im Heim verbringen, müssen durchschnittlich 2.251 Euro im Monat (plus 16,27 Prozent = plus 315 Euro) zuzahlen. Wer mehr als zwei Jahre im Pflegeheim verbrachte, muss 1.998 Euro monatlich (plus 13,98 Prozent = plus 245 Euro) aufbringen und Pflegebedürftige mit einer Aufenthalts­dauer von über drei Jahren zahlen jetzt 1.683 Euro im Monat (plus 10,43 Prozent = plus 159 Euro).

Keine nachhaltige Entlastung für Pflegebedürftige

Die Steigerung erfolgt vor allem bei den pflegerischen Kosten, dem sogenannten Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Er wuchs um mehr als 37 Prozent und dies, obwohl sich die Pflegekassen seit Anfang 2022 aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung mit einem nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Leistungszuschlag von fünf bis 70 Prozent an den Pflegekosten beteiligen. Die Pflegekassen werden in diesem Jahr bundesweit insgesamt mehr als vier Milliarden Euro für die Zuschüsse ausgeben, dennoch liegt der EEE für Pflegebedürftige, die bis zu zwei Jahre im Pflegeheim sind, bereits deutlich höher als vor ihrer Einführung. Ende des Jahres 2021 lag der EEE für alle Pflegebedürftigen in Hessen bei 882 Euro.

Grund für die starke Erhöhung des EEE ist vor allem die seit September 2022 geltende Tariftreue-Regelung, wonach das Pflegepersonal mindestens nach Tarif zu vergüten ist und diese Kosten eins zu eins in den Pflegesatz eingepreist werden müssen. Aber auch für Unterkunft und Verpflegung mussten Pflegebedürftige in Hessen wegen der gestiegenen Lebensmittel­preise knapp sieben Prozent mehr als im Vorjahr zahlen.

Tarifpflicht und Personalbemessung sind wichtig, müssen aber finanziert werden

Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen erklärt: „Erneut steigt der finanzielle Eigenanteil für Pflegebedürftige und deren Angehörige, die oft nicht wissen, wovon sie ihn bezahlen sollen. Pflegebedürftigkeit wird so immer mehr zum Armutsrisiko. Die Soziale Pflegeversicherung wurde aber gerade mit dem Ziel gegründet, genau dies zu vermeiden.“ Vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifentwicklung und der seit 01.07.2023 umzusetzenden neuen Personalbemessung in der Pflege ist davon auszugehen, dass der EEE bis zum Jahresende weiter ansteigt. „Eine faire Bezahlung des Pflegepersonals und die Sicherstellung einer angemessenen Personaldecke in Pflegeheimen sind wichtige Maßnahmen, die aber finanzierbar bleiben müssen – denn gute Pflege muss für alle bezahlbar bleiben“, so Ackermann weiter. „Die Beitrags­zahlenden können das alleine nicht stemmen.“

Schlüssiges Gesamtkonzept für die Pflege notwendig

Die durch das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz ab 01.01.2024 geltende Erhöhung der Zuschläge durch die Pflegekassen dürfte den Trend nur kurzfristig abmildern, so Ackermann weiter. „Wir brauchen schnell eine Lösung zur nachhaltigen Entlastung der Pflegebedürftigen, die aber nicht allein auf dem Rücken der Beitragszahler lasten darf. Hier steht auch das Land Hessen in der Ver­antwortung, endlich die Investitionskosten für die Pflege­ein­richtungen zu übernehmen. Dies alleine würde die Pflegebedürftigen in Hessen monatlich um 510 Euro entlasten.“ Auch muss die private Pflegepflicht­versicherung endlich an einem solidarischen Finanz­ausgleich der SPV beteiligt werden: „Eine umfassende Pflegereform ist dringend notwendig,“ so Ackermann abschließend.

HES_vergleich_juli_2023_zu_juli_2023

Kontakt

Heike Kronenberg
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Hessen

Tel.: 0 69 / 96 21 68 - 20
E-Mail: heike.kronenberg@vdek.com