Die Geschichte der sozialen Pflegeversicherung

Pflege

Bis zur Einführung der sozialen Pflegeversicherung 1995 war Pflegebedürftigkeit in Deutschland alleine ein privates Risiko. Wer pflegebedürftig wurde, musste die Kosten vollständig selbst tragen oder war auf die Unterstützung von Familie und/oder Sozialhilfe angewiesen. Besonders für Menschen mit geringerem Einkommen sowie Rentnerinnen und Rentner bedeutete dies eine erhebliche finanzielle Belastung. Auch pflegende Angehörige waren von Armut betroffen, da sie – zumeist Frauen – oft ihre Berufstätigkeit (teilweise) aufgeben mussten, um die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Angehörigen sicher zu stellen.

In den 1970ern und 1980ern nahm die Zahl der pflegebedürftigen Menschen deutlich zu. Gleichzeitig wurden traditionelle Mehrgenerationenhaushalte kontinuierlich seltener. Immer mehr ältere Menschen lebten allein oder konnten nicht mehr von ihren Angehörigen versorgt werden. Die steigenden Sozialhilfekosten belasteten zunehmend die Kommunen und Landkreise. Dies führte zu einer wachsenden politischen und gesellschaftlichen Debatte über eine solidarische Absicherung des Pflegerisikos.

1992 legte die CDU/CSU-geführte Regierung unter Helmut Kohl einen Gesetzesentwurf vor und brachte damit die soziale Pflegeversicherung auf den Weg. Das „Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit“ (Pflege-Versicherungsgesetz – PflegeVG) wurde am 22.04.1994 beschlossen und trat zum 01.01.1995 in Kraft. Die Pflegeversicherung war nun die fünfte Säule der Sozialversicherung neben Kranken-, Renten-, Unfall, und Arbeitslosenversicherung. Ziel war es, pflegebedürftige Menschen finanziell abzusichern und Angehörige zu entlasten. Die Leistungen umfassten ambulante sowie stationäre Pflege und sollten die vollständige Abhängigkeit von Sozialhilfe verhindern. Finanziert wird die Pflegeversicherung paritätisch durch Arbeitnehmende und Arbeitgebende.

Seit ihrer Einführung wurde die Pflegeversicherung mehrfach reformiert. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (2008) orientierte sich die soziale Pflegeversicherung u.a. durch die schrittweise Anhebung der ambulanten Sachleistungen, des Pflegegeldes und der stationären Leistungen und die Einführung einer Pflegezeit mehr an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. Mit weiteren Pflegestärkungsgesetzen (2015-2017) wurde u.a. der Pflegebedürftigkeitsbegriff reformiert: Statt drei Pflegestufen gibt es seitdem fünf Pflegegrade, die körperliche, kognitive und psychische Einschränkungen passgenauer berücksichtigen. Gleichzeitig wurde in den Pflegestärkungsgesetzen der Leistungsumfang vergrößert und flexiblere Betreuungsoptionen ermöglicht, z.B. durch die Unterstützung von Wohngruppen. 2023 wurde das Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet, das eine finanzielle Stabilisierung der sozialen Pflegeversicherung und Leistungsverbesserungen vorsah.