Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) – eine echte Reform oder nur heiße Luft?

Gentle trained nurse helping mature patient

Seit dem 01.09.2022 dürfen Pflegeeinrichtungen nur noch dann zur Versorgung zugelassen werden und ihre Leistungen ggü. der Pflegeversicherung abrechnen, wenn sie ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarifvertrag (oder in Anlehnung) bezahlen. Die diesbezüglichen Zulassungs- (§ 72 Abs. 3c SGB XI) und Pflegevergütungs-Richtlinien (§ 82c Abs. 4 SGB XI) traten Anfang 2022 in Kraft. Pflegeeinrichtungen haben dadurch drei Möglichkeiten:

  • Sie können selbst einen Tarifvertrag abschließen.
  • Sie können ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens in Anlehnung an einen regional gültigen Tarifvertrag entlohnen.
  • Sie können diese mindestens in Höhe des Durchschnitts aller Tariflöhne in der Region bezahlen.

Das GVWG sieht außerdem eine Aufwertung der Arbeit und damit auch mehr Verantwortung für Pflegefachkräfte vor: Sie können künftig Empfehlungen zur (Pflege)-Hilfsmittelversorgung in der Häuslichkeit bzw. an einem anderen (ambulanten) Leistungsort aussprechen und mit Zustimmung des Pflegebedürftigen direkt an den Hilfsmittel-Leistungserbringer zur Genehmigung bei der Kranken-oder Pflegekasse weiterleiten. Die entsprechende Richtlinie zur Empfehlung von (Pflege)-hilfsmitteln durch Pflegefachkräfte ist am 01.01.2022 in Kraft getreten. Ziel der Neuregelung ist, dass Pflegebedürftige schneller für sie geeignete Pflegehilfsmittel oder Hilfsmittel erhalten, da die Pflegefachkräfte die häusliche Pflegesituation gut einschätzen können.  

Das GVWG regelt auch, dass Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen seit dem 01.01.2022 bei den von ihnen zu zahlenden Kosten entlastet werden. Die Pflegeversicherung zahlt bei der Versorgung im Pflegeheim neben dem nach Pflegegrad differenzierten Leistungsbetrag einen Zuschlag, der mit der Dauer der Pflege steigt: Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 5 % des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 %, im dritten Jahr 45 % und danach 70 %. Diese Zuschläge werden zusätzlich zu dem bereits nach Pflegegraden differenzierten Leistungsbetrag gezahlt.

Die gestaffelten Zuschläge bringen jedoch nur teilweise Entlastung. Die steigenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie für die Investitionen werden unvermindert an die Pflegebedürftigen weitergegeben. Die finanzielle Lage der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen bleibt angespannt.

Steigende Kosten für Bewohnende in hessischen Pflegeheimen

Rollstuhl im Pflegeheim

Steigende Lebensmittelkosten und vor allem die seit Herbst 2022 geltende Tarifpflicht schlagen sich deutlich bei der Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen in hessischen Pflegeheimen nieder. So sind die Kosten, die Pflegebedürftige für die pflegerische Versorgung, Unterkunft und Verpflegung aufbringen mussten, im Zeitraum vom 01.01.2022 bis 01.01.2023 erneut gestiegen. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen. Mehr. » Lesen