GVSG soll Weg für Entbudgetierung von Hausärzt:innen freimachen

Entbudgetierungspläne bergen Risiken

Geld und Arzt

Das Bundeskabinett hat am 22. Mai 2024 den Entwurf des BMG für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) verabschiedet. Ein zentraler Punkt ist die vorgesehene Aufhebung von Budgetobergrenzen für Hausärztinnen und Hausärzte.

Während die Begünstigten dies begrüßen, sieht die vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern des Verbands der Ersatzkassen das Vorhaben mit Blick auf zu erwartende Folgen einer Umsetzung äußerst kritisch. Dabei handelt es sich nicht nur um steigende Kosten, die allein durch die Versicherten und deren Arbeitgeber zu tragen sind. So sagen erste Berechnung einen Anstieg der ohnehin stetig steigenden Kosten für die Gesundheitsversorgung in Deutschland um mehrere hundert Millionen Euro voraus.

Keine Problemlösung für ländliche Räume zu erwarten

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass längst öffentlich erhobene Forderungen verschiedener ärztlicher Interessensvertretungen letztlich zur Abschaffung von Budgets auch für andere Facharztgruppen führen können. Dies würde beitragsrelevante Mehrkosten verursachende Fehlanreize ohne wirkliche Positivwirkungen für die Versorgung zur Folge haben, die die Versicherten langfristig nicht mehr finanzieren können.

Kirsten-Juettner-Leiterin-vdek-LV-Mecklenburg-Vorpommern

Würde dieses Geld, das durch die gesetzlich Versicherten und deren Arbeitgeber auch hier im Land aufgebracht werden muss, dem erklärten Ziel des Gesetzes, die ambulante Versorgung in Deutschland nachhaltig zu stärken nützen, würden wir das Vorhaben sicherlich anders bewerten. Genau dies aber sehen wir gerade auch für Mecklenburg-Vorpommern nicht."

Kirsten Jüttner, Leiterin vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern zu den zu erwartenden Mehrausgaben durch die Entbudgetierung von Hausärztinnen und Hausärzten

Entbudgetierung dürfte das Gegenteil des Gewollten zur Folge haben

Gerade auch mit Blick auf ein Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern gilt es neben der wichtigen Kostenfrage zu berücksichtigen, dass der Schritt der Entbudgetierung letztlich sogar das Gegenteil des Gewollten bewirken dürfte. So ist zu erwarten, dass die Attraktivität einer ärztlichen Betätigung dort, wo viele Menschen auf engerem Raum leben, zusätzlich steigt. Ländliche Regionen hingegen werden eher weniger stark profitieren, obwohl gerade in diesen Bereichen aktuell der größere Handlungsbedarf besteht. Die von Patientinnen und Patienten wie auch den aktiven Medizinerinnen und Medizinern zu Recht immer wieder angesprochenen Probleme in speziell ländlichen Bereichen von Mecklenburg-Vorpommern dürfte ein solcher Schritt somit kaum lösen.

Versicherte haben Recht zu erfahren, wohin die Reise gehen soll

Neben finanziellen Auswirkungen und fehlender Positiventwicklungen für die Versicherten sieht die vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in der geplanten Entbudgetierung der Vergütung der Hausärztinnen und Hausärzte über ferner noch ein sehr viel weitreichenderes Problem.

Kirsten-Juettner-Leiterin-vdek-LV-Mecklenburg-Vorpommern

Die Budgets in ihrer derzeitigen Form sind eine bewusst geschaffene, tragende Säule unseres solidarisch finanzierten Gesundheitssystems.“

Kirtsen Jüttner, Leiterin der vdek-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern

Stellt doch die beabsichtigte Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen den Einstieg in ein zumindest spürbar verändertes Gesundheitssystem dar, der durch deutlich mehr als „nur“ steigende Kosten charakterisiert sein dürfte. All dies, ohne denjenigen, die für all das bezahlen – nämlich den Versicherten – klar zu kommunizieren, wohin diese Entwicklung letztlich gehen soll, und mit welch deutlichen Veränderungen ein solcher Systemwechsel verbunden ist.

Schaffung effizienter, qualitätssichernder Strukturen ist erforderlich

Um die medizinische Versorgung speziell im ländlichen Raum langfristig zu sichern, besteht dringender denn je die Notwendigkeit der Schaffung effizienter, qualitätssichernder Strukturen. Hier sind Kooperationsformen wie Regionale Gesundheitszentren, in denen ambulante und stationäre Leistungen sowie auch darüber hinaus gehende Angebote konzentriert sind, ein durch uns unterstützter Ansatz.

Hintergrund „Budget“

Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) (in MV aktuell ca. 750 Mio. Euro je Jahr) wird jährlich entsprechend des sich verändernden Behandlungsbedarfs zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KVMV) als Budget vereinbart. Dieses Budget stellt sicher, dass einerseits die für eine qualitätsorientierte Versorgung der Versicherten notwendigen finanziellen Mittel bereitstehen, andererseits aber auch keine Fehlanreize durch unbegrenzte Finanzen entstehen. Die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte, die letztlich nicht nur Medizinerinnen und Mediziner, sondern eben auch Unternehmerinnen und Unternehmer mit einer berechtigten Gewinnerzielungsabsicht sind, orientiert sich somit an der medizinischen Indikation und dem medizinisch Notwendigen.

Die zentrale Aufgabe der Krankenkassen ist es, die ihnen zur Verfügung stehenden Beitragsgelder der Versicherten beispielsweise im Rahmen der Budgetverhandlungen im ambulanten ärztlichen aber auch in zahlreichen anderen Bereichen verantwortungsbewusst einzusetzen, um eine an der Qualität und dem tatsächlichen Bedarf der Versicherten orientierte medizinische Versorgung bestmöglich sicherzustellen. Denn anders als manchmal der Eindruck erweckt wird, handelt es sich nicht um "Geld der Krankenkassen", sondern um die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber. Wenn also immer wieder von Leistungserbringern (Ärzte, Krankenhäuser etc.) oder auch der Politik die Forderung erhoben wird, die Krankenkassen sollten doch mehr von „ihrem“ Geld für die Versorgung zur Verfügung stellen, dann bedeutet dies nicht weniger als den Versuch eines weiteren Griffs in die Taschen der Versicherten.