Perspektivisch sollen in Niedersachsen wieder mehr Hausärztinnen und Hausärzte tätig werden, um die ambulante Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die sieht der Maßnahmenkatalog „10-Punkte-Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen“ vor, den die Niedersächsische Landesregierung zusammen mit Vertretern der Universitätsmedizin, der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) und dem Verband der Ersatzkassen (vdek) heute (Mittwoch, 19.02.2025) in Hannover vorgestellt hat. Hintergrund ist der demografische Wandel, der dazu führt, dass in den nächsten Jahren viele Hausärztinnen und Hausärzte in den Ruhestand gehen werden. Zugleich bedingt die Alterung der Gesamtgesellschaft einen hohen medizinischen Versorgungsbedarf der Bevölkerung.
Mit dem „10-Punkte-Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen“ sind unter anderem Änderungen in der Ausbildung vorgesehen, wie mehr Studienplätze für Allgemeinmedizin, eine bessere Unterstützung für Studierende nach der „Landarztquote“ über ein neues Mentoringprogramm und einer landesseitigen Förderung für Studierende, die ihr Praktisches Jahr in einer hausärztlichen Praxis absolvieren. Zudem soll der Quereinstieg aus anderen Fachrichtungen in die Allgemeinmedizin erleichtert und unterstützt werden, sowie der Arbeitsalltag von Hausärztinnen und Hausärzten durch zusätzliches medizinisches Personal, mehr digitale Lösungen und weniger Bürokratie erleichtert werden.
Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi zum 10-Punkte- Aktionsplan:
„Hausärztinnen und Hausärzte sind das Rückgrat der Versorgung in einem großen Flächenland. Wir brauchen vor allem mehr solcher Generalistinnen im System, die fachlich breit aufgestellt sind, um als ‚Gatekeeper‘ zu entscheiden, wie und wo die Behandlung der Patientinnen und Patienten am erfolgreichsten und effizientesten erfolgen kann. Diese Funktion von Lotsinnen und Lotsen durch das Gesundheitswesen wird immer wichtiger, je weniger Personal vorhanden ist. Wir stellen in diesem Jahr vorerst eine Millionen Euro bereit, um den Aktionsplan mit einem breiten Portfolio an Maßnahmen zu unterstützen wie beispielsweise das Mentoring-Programm, ein Projekt zu Physician Assistants sowie neue Koordinierungsstellen zur Optimierung der Allgemeinmedizinischen Weiterbildung. Im Gesundheitsministerium haben wir eine zentrale Geschäftsstelle eingerichtet, die die Umsetzung des Aktionsplans überprüfen und ein gemeinsames Monitoring mit unseren Aktionspartnerinnen und -partnern über eine Lenkungsgruppe durchführen wird.“
Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs erklärt:
„Die Sicherstellung einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung ist eine Aufgabe von höchster Priorität. Mit Hannover, Göttingen und Oldenburg verfügt Niedersachsen über drei herausragende medizinische Fakultäten, die deutschlandweit und in vielen Bereichen sogar international Maßstäbe setzen. Durch den geplanten Aufwuchs der Studienplätze stärken wir gezielt die hausärztliche Ausbildung und damit die medizinische Versorgung in unserem Land." Prof. Dr. Wolfgang Brück, Sprecher des Vorstandes und Vorstand Forschung und Lehre der Universitätsmedizin Göttingen: „Als medizinische Hochschulen in Niedersachsen übernehmen wir die Aufgabe, zukünftige Generationen von Ärztinnen und Ärzten fundiert auszubilden. In Zukunft wollen wir mehr Studierende für eine hochwertige hausärztliche Versorgung von Menschen auch in ländlichen Regionen begeistern, indem wir sie frühzeitig an das Berufsbild des Hausarztes oder der Hausärztin heranführen. Das gilt nicht nur für die Studierenden der Landarztquote, sondern auch die Studierenden, die über das normale Verfahren zum Medizinstudium zugelassen werden. Wir etablieren sogenannte Vertiefungstracks im Bereich Primärversorgung/Allgemeinmedizin und verknüpfen die Studierenden enger mit etablierten Lehrpraxen.“
Der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) Thorsten Schmidt stellt fest:
„Die KVN unterstützt den Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen. Zusätzlich benötigen wir Unterstützung durch den Gesetzgeber auf Bundesebene. Die Politik muss konsequent mehr Patientensteuerung umsetzen. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die ambulante Versorgung braucht man zwingend eine bessere Koordination der Behandlungsabläufe. Dass Patientinnen und Patienten alles und das jederzeit an Versorgung in Anspruch nehmen könnten, wird perspektivisch nicht mehr leistbar sein. Dazu fehlt die Arztzeit. Auch ein Abbau der Bürokratielast ist wichtig. 61 Tage im Jahr arbeitet ein Hausarzt nur für die Bürokratie. Ziel ist es, durch Bürokratieabbau mehr Zeit für die Patientenversorgung zu schaffen. Beim Aktionsplan liegt der Fokus der KVN auf eine Aufstockung der Medizinstudienplätze in Niedersachsen. Nach Berechnungen des Zentralinstituts der kassenärztlichen Versorgung brauchen wir pro Jahr 447 zusätzliche Studienplätze, um die Lücke in der Versorgung zu schließen. Niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte müssen nicht alle Tätigkeiten bei der Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten selbst durchführen. Bestimmte Leistungen können sie an ihr nichtärztliches Personal delegieren und sich so von einer Reihe von Tätigkeiten entlasten. Daher unterstützen wir diesen Ansatz aus dem Aktionsplan besonders.“
Hanno Kummer, Leiter der Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek), sagt:
„Wir wollen Hausärztinnen und -ärzten mehr Luft verschaffen, um ihre Patienten zu versorgen. Ärzte sollten nur das machen, wofür ihre Qualifikation tatsächlich benötigt wird. Von anderen medizinischen und administrativen Aufgaben sollten sie entlastet werden. Dazu zählen Tätigkeiten von Wundversorgung und Blutdruckkontrollen bis zur Sichtung von Laborbefunden und Behandlungsdokumentation. Wir wollen deshalb den Einsatz von akademisch ausgebildetem nicht-ärztlichem Fachpersonal, den Physician Assistants, in den Arztpraxen fördern. Im Zuge eines Modellprojekts soll erprobt werden, wie Ärzte diese Unterstützungsleistungen leichter abrechnen können.“
Der Berater des Gesundheitsministeriums und Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der MHH Prof. Dr. med. Nils Schneider erläutert:
„Wir wollen das Fach Allgemeinmedizin im Studium stärken und die angehenden Hausärztinnen und Hausärzte noch besser durch die Ausbildung begleiten und unterstützen. Ein wichtiger Baustein wird das neue Mentoring-Programm sein, bei dem wir Studierende frühzeitig mit praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzten zusammenbringen. Für das Mentoring werden wir einen Pool an Hausärzten aufbauen und ein Matching-Konzept erarbeiten. Unser Ziel ist es, das Mentoring für alle Studierenden zu öffnen, sowohl für die Landarztstudierenden als auch alle anderen, so können wir maximale Wirkung erzielen.“
Der „10-Punkte-Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen“ ist in einer Kurz- und einer Langversion als Download unter https://www.ms.niedersachsen.de/startseite/gesundheit_pflege/gesundheit/arztliche_versorgung/arztliche-versorgung-180875.html abrufbar.
Kontakt
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Niedersachsen
Pressesprecher
Simon Kopelke
Telefon: 05 11 / 3 03 97 - 50
E-Mail: simon.kopelke@vdek.com