Krankenhausreform in NRW

Krankenhausflur mit Krankenhauspersonal

Am 16. Dezember 2024 hat das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) die neuen Feststellungsbescheide an alle Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen versandt, über die das zukünftige Leistungsportfolio festgelegt wird. Damit ist eines der wichtigsten Vorhaben der Gesundheitspolitik des Landes, die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft und die zukünftige Unterteilung in 60 somatische sowie vier psychiatrische Leistungsgruppen, abgeschlossen. In einer Pressekonferenz am 17. Dezember 2024 hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mit den Partnern des gemeinsamen Planungsprozesses, darunter Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung NRW, die Ergebnisse vorgestellt.

Laut Minister Laumann wirke der neue Plan dem ruinösen Wettbewerb der Krankenhäuser um Fallzahlen und Personal entgegen, indem vor allem bei hoch komplexen Leistungen Doppel- und Mehrfachvorhaltungen abgebaut werden. Gleichzeitig werde sichergestellt, dass die Patientinnen und Patienten in NRW die bestmögliche Versorgung erhalten und die Grund- und Notfallversorgung überall im Land gut erreichbar ist.

Der Text der Pressemeldung ist zu finden unter:

https://www.mags.nrw/krankenhausplan-minister-laumann-stellt-ergebnisse-vor

Der Leiter der vdek-Landesvertretung, Dirk Ruiss, hierzu: „Mit der nun abgeschlossenen Krankenhausplanung NRW haben wir erstmals in Deutschland eine Krankenhausplanung nach Leistungen und nicht länger nach Bettenzahl. NRW zeigt, dass es gemeinsam geht und Versorgung zusammen zukunftssicher und qualitätsgesichert gestaltet werden kann.“

Ergebnisse der neuen Krankenhausplanung in NRW

Die neuen Feststellungsbescheide treten zum 01. April 2025 in Kraft, für sogenannte mengenintensive Leistungen nach einer Übergangsfrist erst zum 01. Januar 2026. Innerhalb dieses Zeitraumes sollen die Krankenhäuser die Möglichkeit erhalten, den Übergang zu gestalten und ggf. erforderliche Umbau- bzw. Umstrukturierungsmaßnahmen abzuschließen. Dies gilt für die Leistungsgruppen im Bereich der Kardiologie (EPU/Ablation, interventionelle Kardiologie, Kardiale Devices), Orthopädie (Endoprothetik Hüfte und Knie, Wirbelsäuleneingriffe), Gefäßmedizin (bariatrische Chirurgie, Carotis), Bauchaortenaneurysma, Stroke Unit.

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In NRW gibt es 320 Krankenhäuser (Stand: Februar 2025). Die meisten liegen an der Rhein-Ruhr-Schiene. Insbesondere dort, aber auch in anderen Ballungszentren, war die Krankenhauslandschaft durch Überversorgung geprägt. In der Vergangenheit haben viele Krankenhäuser in geringem Umfang auch hochspezialisierte Leistungen erbracht, ohne aber nennenswerte Beiträge zur Versorgung der Patienten zu leisten. Mit der neuen Krankenhausplanung erfolgt eine starke Zentralisierung bei hoch spezialisierten Leistungen und gleichzeitigem Erhalt einer flächendeckenden Grundversorgung. Hier einige Beispiele für die Konzentration von Leistungen (Grafik), die in den Bereichen Endoprothetik, Kardiologie und onkologischer Leistungen besonders ausgeprägt stattfindet.

vdek-NRW-krankenhausreform-tabelle-leistungsgruppen

Alle weiteren Ergebnisse sind auf der Website des MAGS NRW im Detail einzusehen:

https://www.mags.nrw/startseite/gesundheit/krankenhausplanung-nrw/planungsergebnisse/planungsergebnisse-alle-0

Die Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes

Voraussetzung für die Umsetzung der Reform war die Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW). Mit ihr wurden die Rahmenbedingungen für die neue Krankenhausplanung geschaffen. Die bisherige Grundlage – die Anzahl der Betten – wurde durch eine Zuweisung von Leistungsbereichen und -gruppen mit entsprechenden Fallzahlen für die Krankenhäuser ersetzt. Ausgangspunkt hierfür war die Schätzung des zukünftigen Behandlungsbedarfes der Bevölkerung. Voraussetzung für die Leistungserbringung in jeder Leistungsgruppe ist zudem der Nachweis von diversen Qualitätsanforderungen.

Der Ablauf des Planungsprozesses ist – neben der Einbindung der Partner der Selbstverwaltung – sehr transparent. Das KHGG NRW legt u. a. fest, dass vor einer Entscheidung des Landes zunächst die Krankenhausträger und die GKV (Landesverbände der Krankenkassen) sechsmonatige Verhandlungen über die zukünftige Struktur führen.

Der nordrhein-westfälische Landtag hat Anfang März 2021 die Änderung des KHGG NRW gebilligt. Inzwischen sind die Grundprinzipien der Krankenhausplanung in NRW in das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) auf Bundesebene eingegangen.

https://www.mags.nrw/krankenhausplanung-neuer-krankenhausplan

Prinzipien der Krankenhausplanung

Anstelle der bislang üblichen Planung nach Betten werden nunmehr den Krankenhäusern Fallzahlen für Leistungsbereiche bzw. Leistungsgruppen zugewiesen. Hierfür müssen die Krankenhäuser nachweisen, dass sie die definierten Qualitätsanforderungen erfüllen. Diese umfassen die Qualifikation und Mindestzahl des ärztlichen Personals, die Geräteausstattung sowie weitere strukturelle Voraussetzungen, bis hin zu Kooperationen mit anderen Leistungserbringern. Dabei wird zwischen Mindest- und Auswahlkriterien unterschieden. Nur Krankenhäuser, die die Mindestvoraussetzungen für eine bestimmte Leistungsgruppe erfüllen, haben die Chance auf Genehmigung dieser Leistungen.

Da in einer Planungsregion häufig zu viele Krankenhäuser eine bestimmte Leistungsgruppe beantragt haben, sind Auswahlentscheidungen getroffen worden. Dies war erforderlich, um das Ziel der Krankenhausplanung nach einer stärkeren Spezialisierung der Häuser unter grundsätzlicher Beachtung des Bedarfs zu erreichen. Zugleich wird dabei die wohnortnahe Grundversorgung weiterhin gewährleistet.

Bei der Auswahlentscheidung spielen beispielsweise folgende Kriterien eine Rolle:

  • Erfüllung der Mindestvoraussetzungen
  • Erfüllung von Auswahlkriterien
  • Fallzahlen 2019
  • Fallzahlentwicklung 2020
  • Erreichbarkeit alternativer Angebote

Ablauf der Planung nach Leistungsgruppen

Für die Planung nach Leistungsgruppen wurden 32 Leistungsbereiche definiert, denen 64 Leistungsgruppen zugeordnet werden. Die Anträge der Krankenhäuser bezogen sich immer auf eine konkrete Leistungsgruppe, zu der die definierten Nachweise zur Erfüllung der Voraussetzungen über Formblätter und ergänzende Belege zu erbringen waren. Der Austausch der Daten erfolgte ausschließlich über eine eigens zu diesem Zweck geschaffene Datenplattform.

Zudem ist für jede Leistungsgruppe definiert, welcher Planungsebene (Planungsregion) sie zugeordnet ist. Dabei gilt das Prinzip, dass, je spezialisierter eine Leistung ist, desto höher ihre jeweilige Planungsebene. So werden beispielsweise grundversorgende Leistungsgruppen, wie die LG Allgemeine Chirurgie oder Allgemeine Innere Medizin auf Ebene der Kreise/kreisfreien Städte geplant, während Transplantationen auf Landesteilebene geplant werden.

Nach Prüfung der Qualitätsvoraussetzungen durch die GKV fanden in der Zeit von November 2022 bis Mai 2023 Verhandlungen mit den Krankenhäusern statt. Auf dieser Grundlage haben die Landesverbände der Krankenkassen entschieden, welchem Krankenhaus welche Leistungsgruppen zugewiesen und wie viele Fälle zukünftig erbracht werden sollen. Diese Voten zu den regionalen Planungskonzepten wurden über die Datenplattform des Landes an die Bezirksregierungen abgegeben. Die Krankenhäuser haben diese bewertet, und auch diese Einschätzungen sind den Bezirksregierungen zugeleitet worden.

Bis zum Frühjahr 2024 haben die Bezirksregierungen die ihnen vorliegenden Unterlagen geprüft und ihrerseits ihre Einschätzungen bezüglich einer geeigneten Krankenhausplanung gegenüber dem MAGS abgegeben. Im Anschluss wurden sog. Regionalkonferenzen durchgeführt sowie ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Die Erkenntnisse hieraus sind in die Entscheidungen des MAGS eingeflossen. Die neuen Feststellungsbescheide wurden am 16. Dezember 2024 durch die Bezirksregierungen versandt.

Nach Ablauf der vierwöchigen Klagefrist sind beim Land 95 Klagen gegen die Feststellungsbescheide eingereicht worden, darunter 28 Eilverfahren für die Erwirkung eines einstweiligen Rechtsschutzes.

Ausblick – Umsetzung KHVVG

Das Konzept der Landeskrankenhausplanung NRW ist ausschließlich für die Planung der Krankenhauslandschaft gedacht. Anders verhält es sich mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, das zum 12. Dezember 2024 in Kraft getreten. Dieses geht über planerische Ansätze hinaus, indem es Neuregelungen der Vergütung vorsieht und die sog. Vorhaltevergütung einführt. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass Anpassungen des Landeskrankenhausplans an die neuen gesetzlichen Regelungen erfolgen.

Einige wesentliche Inhalte, wie die Ausgestaltung des Transformationsfonds oder die Definition der Anforderungen an die Erbringung bestimmter Leistungsgruppen, müssen noch definiert werden und über Rechtsverordnungen beschlossen werden. Erst wenn diese vorliegen sowie mögliche gesetzliche Änderungen in Folge der Bildung der neuen Regierung bekannt sind, kann der volle Umfang der erforderlichen Änderungen abgeschätzt werden.

Bereits jetzt ist absehbar, dass folgende Anpassungen erforderlich sein werden:

  • Höhe der Fallzahlzuweisungen anhand neu ermittelter Bedarfe
  • Erweiterung der Zahl der Leistungsgruppen
  • Anpassungen der Definition der Leistungsgruppen an die Rahmenvorgabe des KHVVG und in der Folge an medizinischen Fortschritt
  • Anpassung der Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung

Grundsätzlich ist klar, wenn Krankenhausplanung als Instrument zur aktiven Gestaltung der Krankenhauslandschaft genutzt wird, sind regelmäßige Anpassungen unabdingbar.