Hintergrund

Zur Finanzlage der GKV und SPV - oder warum der Mottor stottert

Freie Autofahrt

Manchmal helfen Bilder mehr als tausend Erklärungen! Im Falle der Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (GKV und SPV) hilft vielleicht ein Auto. Es sei unser soziales System und befördert ganz konkret unsere Gesundheit. Darauf nehmen wir natürlich alle Rücksicht und pflegen es nach bestem Gewissen. So sollte es jedenfalls sein.

Mehr Ausgaben – mehr Technikfehler

Nun sei das Geld der GKV und SPV in diesem Bild der Motor. An ihm ist festzustellen, dass Schrauben gelöst wurden und mehr Öl herausläuft, als aufgefüllt wird - die Ausgaben und die Einnahmen der GKV und SPV entwickeln sich seit Jahren auseinander. Das Auto ruckelt, zeigt Fehlermeldungen und droht liegen zu bleiben. Nun wurde für dieses Jahr etwas Öl nachgefüllt und Fehlermeldungen unterdrückt, doch bis zum Jahresende werden die gleichen Fehler erneut aufleuchten. Denn bei den meisten politischen Initiativen der letzten Jahre mit zahlreichen Leistungsausweitungen fehlt eine nachhaltige Gegenfinanzierung. Besonders teure Gesetze waren z. B. das Terminservice-Versorgungsgesetz (TSVG), das Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) oder das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung. So steigerten sich die Ausgaben zu Lasten der GKV beispielsweise im Zeitraum 2015-2021 vor allem bei den Heilmitteln (plus 71 Prozent), im Bereich der Arzneimittel (plus 34 Prozent), im Krankenhausbereich (plus 22 Prozent) und auch bei den Ärzt:innen (2015-2020 rund 26 Prozent). Alle diese Gesetze haben eines gemeinsam: Die neu verbauten Schrauben erhielten keine Muttern, haben also keinen festen Halt, sprich: Der Motor verliert auch hier Öl und das Auto wird weitere Fehlermeldungen anzeigen. Ein zielführendes Anbauen sieht anders aus!

Technikfehler beheben statt notdürftige Reparaturen

Getriebe Zahnräder

Auch wenn die Finanzierung für dieses Jahr nun gesichert ist – sprich alle roten Lämpchen hinterm Lenkrad gerade unterdrückt wurden: Anstatt endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzierung von GKV und SPV nachhaltig neu zu organisieren, war immer nur tröpfchenweise Öl nachfüllen angesagt - durch Steuermittel (2020 und 2021) oder durch eine unfaire und unsolidarische Lastenverteilung zu Ungunsten der Beitragszahler:innen (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) 2022). Sprich: Das Auto wird weiterhin nicht richtig gewartet und nur teilweise repariert. Angesichts dieser Entwicklung ist es aber dringend notwendig, die Ausgaben der GKV und der SPV zu begrenzen. Dazu müssen konsequenter Doppelstrukturen in der Versorgung abgebaut und eine sektorenübergreifende Versorgung vorangetrieben werden. Ohne Mut zu nachhaltigen Strukturreformen in der Sozialversicherung werden wir die prekäre Finanzlage nicht lösen können! Das Auto muss grundlegend überholt werden. Denn derzeit zahlen die Beitragszahler den Löwenanteil. Deshalb werden wir die Regierung daran erinnern: Die Verteilung der Lasten auf alle Fahrer ist zwingend notwendig!

Neue Ersatzteile beschaffen – aber wie?

Doch woher können neue Ersatzteile, pardon mehr Geld für die GKV und die SPV kommen? Hier hilft ein Blick über die Ländergrenzen hinweg: In fast keinem anderen europäischen Land gibt es noch den erhöhten Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel. Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz hierzulande würde nach Berechnungen des vdek 4,9 Milliarden Euro jährlich einsparen und somit die Finanzlage innerhalb der GKV erheblich entspannen. Ein weiterer wesentlicher Beitrag wäre die bereits erwähnte Finanzierung der durch den Staat übertragenen Aufgaben, allen voran die kostendeckende Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Empfängern. Derzeit geht es hier um über 10 Milliarden Euro jährlich, die die GKV belasten. Last but not least sollte der Steuerzuschuss an den Gesundheitsfonds dynamisiert werden, um zum Beispiel inflationär bedingte Schwankungen auszugleichen.

Da gibt es viel zu reparieren – zur Stabilisierung der Finanzlage in der GKV und SPV auch über 2023 hinaus. Dabei ist sie so wichtig: Zur sicheren Fahrt unserer Gesundheit. Arbeiten wir daran und schieben das Auto 2023 endlich auf die Hebebühne, bevor es ab 2024 endgültig schrottreif ist!