Innovationsfondsprojekt RESIST:

Antibiotikaverordnungen bei akuten Atemwegserkrankungen im Saarland deutlich zurückgegangen

Die Antibiotikaverordnungen bei akuten Atemwegserkrankungen sind in den vergangenen Jahren im Saarland deutlich zurückgegangen. Eine bessere Kommunikation zwischen Arzt und Patient, unterstützt durch gezielte Fortbildungen der Ärzte sowie Patienteninformationen wie Flyer, Praxisposter oder einem Infozept (statt Rezept) mit Tipps zum Umgang mit Erkältungskrankheiten können entscheidend dazu beitragen, die Verordnungsrate von Antibiotika bei Atemwegserkrankungen zu senken.

Dies zeigt eine aktuelle Studie zum Innovationsfondsprojekt „RESISTenzvermeidung durch adäquaten Antibiotikaeinsatz bei akuten Atemwegsinfektionen“, ein Projekt, das der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und acht Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), darunter auch die KV Saarland, vom 1.7.2017 bis 30.6.2019 bei 2.460 Haus-, Kinder- und HNO-Ärzten sowie bei Fachärzten für Innere Medizin durchgeführt hat. Versorgt wurden bundesweit mehr als eine Millionen Ersatzkassenversicherte der TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK. Das Projekt wurde vom Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Rostock sowie dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) wissenschaftlich begleitet.

Deutlicher Rückgang von Antibiotikaverordnungen im Saarland

Im Saarland haben 209 niedergelassene Ärzte am RESIST-Projekt und der Online-Schulung teilgenommen. Und dies mit Erfolg, denn das Saarland hat mit 18 Prozent den zweit höchsten relativen Rückgang von Antibiotikaverordnungen bundesweit.

Weniger Verordnungen und mehr Qualität in der Verordnung von Antibiotika

Während in der Wintersaison 2016/2017 noch 29 Prozent der Patienten von Haus-, Kinder- und HNO-Ärzten mit akuten Atemwegsinfekten ein Antibiotikum erhielten, waren es in der Wintersaison 2018/2019 nur noch 24 Prozent. Dieser ausgesprochen positive Trend machte sich bei den RESIST-Teilnehmern sogar noch stärker bemerkbar. Sie konnten ihre Verordnungsrate im gleichen Zeitraum um 22 Prozent, d. h. von 26 Prozent in der Wintersaison 2016/2017 auf 20 Prozent in der Saison 2018/2019 senken.

Dabei konnten durch den rationalen Einsatz von Antibiotika nicht nur auf die Quantität des Einsatzes, sondern auch die Qualität der Wirkstoffauswahl verbessert werden. Denn beim Antibiotikaeinsatz gilt „so schmal wie möglich, so breit wie nötig“. Ziel ist also nicht die komplette Abkehr von einem Einsatz von Breitspektrumantibiotika, sondern die kritische Abwägung der Indikationsgerechtigkeit. Dies ist im Rahmen von RESIST offensichtlich gelungen, da sich bei den Teilnehmern insgesamt eine Verschiebung zu Wirkstoffen mit einem schmaleren Wirkspektrum beobachten lässt.

Martin Schneider, Leiter der vdek-Landesvertretung Saarland: „Die Resistenzbildung bei Antibiotika ist die große Herausforderung für die globale Gesundheit. Mit rund 39 Millionen Verordnungen pro Jahr fallen gut 85 Prozent der Verschreibungen in Deutschland auf den ambulanten Sektor, überwiegend verordnet durch Haus-, Kinder-, HNO-Ärzte bei akuten Atemwegserkrankungen. Bei Grippe und Erkältungen mit Halsschmerzen, Husten oder Schnupfen sind Antibiotika aber in der Regel vollkommen wirkungslos. Denn die Infekte werden zu 90 Prozent von Viren ausgelöst. Antibiotika helfen aber nur gegen bakterielle Erkrankungen. RESIST hat eindrucksvoll bestätigt, dass durch gute Kommunikation und Information der unnötige Einsatz von Antibiotika gesenkt werden kann. Wir werden uns daher dafür einsetzen, dass das Konzept zukünftig dauerhaft und bundesweit für alle GKV-Versicherten angeboten werden kann.“

Dr. Joachim Meiser, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland, hob die hohe Akzeptanz der beteiligten Ärzte im Saarland hervor. „Bei RESIST handelt es sich um das bisher größte, unter realen Versorgungsbedingungen umgesetzte Projekt. Es ist sowohl bei den beteiligten Ärzten als auch bei den Medizinischen Fachangestellten auf große Akzeptanz gestoßen. Gerade im Saarland hatten besonders viele Ärzte Interesse, am RESIST-Projekt teilzunehmen, so dass die Anzahl der teilnehmenden Ärzte zu Beginn des Projektes erhöht wurde. Dies erklärt auch das gute Ergebnis aus dem RESIST-Projekt im Saarland. Die aktuelle Corona-Pandemie macht noch einmal deutlich, wie wichtig gerade jetzt der Ansatz von RESIST ist. In vielen Ländern ist es gerade zu Beginn der virusbedingten Corona-Pandemie zu einem irrationalen Anstieg von Antibiotikaverordnungen gekommen. Wenn die Sorgen der Menschen angemessen, transparent und realistisch im Arzt-Patienten Gespräch berücksichtigt werden, passiert so etwas nicht. RESIST hat gezeigt, dass eine gute Arzt-Patient-Kommunikation zu messbar besserer Medizin führt. Ich begrüße es ausdrücklich, dass RESIST nicht nur auf die Verordnungspraxis durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzten abzielt, sondern auch die Einnahme und die Aufklärung von Patienten mit in den Blick nimmt. Dabei setzt RESIST gezielt auf Aufklärung und Beratung zum Antibiotika-Einsatz beim Patienten.“

Gemeinsame Pressemitteilung zum Download Innovationsfondsprojekt RESIST

Kontakt

Angela Legrum
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Saarland

Tel.: 06 81 / 9 26 71 - 17
E-Mail: angela.legrum@vdek.com