Digitalisierung

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Digitalisierung im Gesundheitswesen – Positionierung der Ersatzkassen

Digitale Verfahren und Anwendungen gibt es im Gesundheitswesen bereits seit Mitte der 90er Jahre. Sie sind ein wichtiger Baustein des medizinischen Fortschritts und eröffnen Chancen für eine Qualitätsverbesserung in der Gesundheitsversorgung.

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Digitalisierung im Gesundheitswesen

Positionierung der Ersatzkassen vom 14.06.2018

Digitalisierung – Positionen und Forderungen der Ersatzkassen
 

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen nimmt – auch im Zuge der Corona-Pandemie – weiter an Fahrt auf. Die Pandemie zeigt auch deutlich, wie wichtig es ist, das große Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu nutzen, um z. B. Patienten in ländlichen Gegenden die Fahrt in die Praxis zu ersparen oder immobile Patienten über Videosprechstunden erreichen zu können. Im Mittelpunkt muss dabei immer der Nutzen für die Versicherten stehen.

E-Patientenakte (ePA), E-Rezept, E-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) oder auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind Beispiele für digitale Anwendungen, die das Gesundheitssystem und die Versorgung der Versicherten konkret verbessern können. Durch einen engeren Datenaustausch aller im Gesundheitssystem beteiligten Akteure können teure Doppeluntersuchungen vermieden und die Versorgungsqualität verbessert werden.

Die Grundlage der digitalen Anwendungen bildet die Telematikinfrastruktur (TI). Sie ermöglicht die Vernetzung und den sicheren sektorenübergreifenden Austausch von Informationen im sogenannten Gesundheitsnetz. Ziel muss es sein,  weitere Akteure des Gesundheitswesens einzubinden und die Nutzungsmöglichkeiten anwenderfreundlich zu erweitern.

Für die neue Bundesregierung stehen folgende Aufgaben an:
 

Die Ersatzkassen fordern daher, ...
 

... dass die digitalen Behandlungsmöglichkeiten ausgebaut werden, z. B. ePA und eRezept. Die Politik ist gefordert, dafür die erforderliche Breitbandinfrastruktur, insbesondere des 5G-Mobilfunkstandards, zu schaffen.
 

... dass auch in der digitalisierten Gesundheitsversorgung Qualität vor Quantität kommt. Es dürfen nur Anwendungen in die Versorgung gelangen, die nach wissenschaftlichen Kriterien den Patienten nützen und den Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit entsprechen.

Martin Schneider

Wir müssen die digitalen Veränderungen im Gesundheitswesen aktiv mitgestalten. Dabei geht es nicht nur darum, die Versorgung nach den technischen Möglichkeiten umzugestalten. Am wichtigsten ist, dass wir nur das umsetzen, was den Patienten auch wirklich etwas bringt! Dafür müssen Krankenkassen, Leistungserbringer und Patienten in die Entwicklung der digitalen Anwendungen einbezogen werden. Schließlich sollen die neuen digitalen Lösungen gut in den Alltag integriert werden können.

Martin Schneider, Leiter der vdek-Landesvertretung Saarland

... dass insgesamt Mechanismen für eine faire Preisbildung aller digitalen Gesundheitsprodukte gefunden werden. Bereits die ersten Erfahrungen mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zeigen, dass der geforderte Herstellerpreis in einem Missverhältnis zum Patientennutzen steht. Ein fairer Preis muss sich aus dem konkreten Patientennutzen ableiten lassen und die Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsleistung berücksichtigen. Um überzogenen Preisforderungen, bedingt durch das gewinnorientierte Kalkül der Industrie, zu begegnen, ist darüber hinaus eine Höchstpreisregelung einzuführen.
 

... die Einführung von Gesundheits-Apps höherer Risikoklassen (IIb oder III) in die Regelversorgung. Wichtig ist, dass die medizinische Evidenz gegeben ist. Dafür braucht es ein geeignetes Bewertungsverfahren beim G-BA analog zum AMNOG-Verfahren. Seit Oktober 2020 sind die ersten DiGA der niedrigen Risikoklassen (I und IIa) in der GKV erstattungsfähig. Das sogenannte Fast-Track-Bewertungsverfahren, das vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchgeführt wird, ist für Gesundheits-Apps höherer Risikoklassen nicht geeignet. Zudem müssen die Weichen gestellt werden, um analoge und digitale Therapieansätze miteinander zu verzahnen, damit sie sich sinnvoll ergänzen.

Martin Schneider

Apps ermöglichen es dem Patienten, seine Gesundheit kontrollierter zu steuern. Über die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), also Apps auf Rezept, können einige digitalen Anwendungen seit Herbst 2020 auch über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Wir brauchen bei den DiGAs aber eine Preisgrenze und die Anbieter der Apps sollten einen tatsächlichen medizinischen Nutzen nachweisen, damit die Apps dauerhaft über die GKV abgerechnet werden können. Dies muss die nächste Bundesregierung zeitnah angehen.

Martin Schneider, Leiter der vdek-Landesvertretung Saarland

... Effizienzgewinne bei der Weiterentwicklung z. B. der Digitalisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) und der Diagnosis Related Groups (DRGs) stärker berücksichtigt werden.
 

... dass die digitale Gesundheitskompetenz weiter gefördert wird. Diese ist ganz wichtig, um den Zugang zu den Anwendungsfeldern der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu ermöglichen. Der Aufbau digitaler Gesundheitskompetenz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insofern sind neben den Krankenkassen weitere Akteure, wie Bildungseinrichtungen, in den Prozess einzubinden. Nicht zuletzt darf sich der Aufbau digitaler Gesundheitskompetenz nicht nur auf Patienten beschränken, sondern muss alle an der Versorgung beteiligten Akteure umfassen. Dies gilt insbesondere für Fachkräfte, die die Versicherten zu digitalen Versorgungsangeboten beraten.
 

... dass der Datenschutz unter Berücksichtigung der geltenden bundes- sowie europarechtlichen Regelungen stärker am Nutzen der Versicherten ausgerichtet wird.

Martin Schneider

Eins ist klar: Datenschutz und Digitalisierung müssen zusammen gedacht werden. Aber bitte gleichrangig, denn der Schutz der Daten darf nicht der Verbesserung der medizinischen Versorgung entgegenstehen. Der Nutzen für den Patienten definiert sich vielmehr durch beides: den Schutz seiner Daten in einem notwendigen Maße und der qualitativ besseren Versorgung.

Martin Schneider, Leiter der vdek-Landesvertretung Saarland

... dass die Telematikinfrastruktur  zukunftsfähig weiterentwickelt wird. Die Telematikinfrastruktur ist der Grundpfeiler, auf dem die Digitalisierung des Gesundheitssystems ruht. Daher ist es wichtig, dass Software und Hardware modernen Standards folgen und offen bleiben für notwendige Anpassungen. Es gilt, unnötige Kosten, wie das zeitnahe Ersetzen von Hardware-Komponenten, zu vermeiden.
 

... dass die Rolle und die Ziele der gematik überprüft werden. Die gematik hat in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Aufgaben bekommen. Gleichzeitig wurden dadurch aber die Einflussmöglichkeiten der Selbstverwaltung geschwächt. Ein an den Versicherten- und Patientenbedarf orientiertes Gestalten und Entgegensteuern z. B. bei Fehlentwicklungen durch die einzelne Krankenkasse ist damit erschwert worden. Die Funktionen der gematik müssen daher auf die Spezifikation und Zulassung von Komponenten in der Telematikinfrastruktur beschränkt werden. Ein kassenindividueller Gestaltungsspielraum für die Entwicklung digitaler Anwendungen muss uneingeschränkt bestehen. Die Selbstverwaltung muss wieder verbindlicher in die strategische Ausrichtung eingebunden werden.
 

... dass die Weiterentwicklung der elektronische Patientenakte (ePA) zügig vorangetrieben und um weitere medizinische Inhalte ergänzt wird, wie es beispielsweise mit der Übertragung von Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) oder Dispensierinformationen vorgesehen ist. Die ePA besitzt das Potenzial, sich zum Kern und zu einer zentralen Plattform digitaler Angebote zu entwickeln.
 

... dass die Verfügbarkeit und Nutzung von Gesundheits- und Behandlungsdaten für die Forschung weiter verbessert wird. Krankenkassen und ihre Verbände sollten in der Lage sein, die freiwillig durch Versicherte zur Verfügung gestellten und pseudonymisierten ePA-Daten für eine gezieltere Forschung und Versorgung ihrer Versicherten zu nutzen. Der Schutz der Gesundheitsdaten sollte hierbei im Sinne eines umfassenden Patienten- und Gesundheitsschutzes verstanden werden, durch den eine zielgerichtete Behandlung von Krankheiten ermöglicht wird.