Positionen der Ersatzkassen in Sachsen-Anhalt

Neun gesundheitspolitische Thesen der vdek-Landesvertretung Sachsen-Anhalt

 

  1. Bewährtes bewahren: Das selbstverwaltete System der Gesundheitsversorgung in Deutschland hat sich auch in der Corona-Krise bewährt. In Sachsen-Anhalt haben die Partner der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen die politisch angeforderten Schutzschirme in den Bereichen ärztliche Versorgung, Krankenhäuser, Pflege und Heilmittelerbringer verhandelt, vereinbart und reibungslos umgesetzt. Ihre Strukturen sollen bewahrt und durch ein politisches Bekenntnis der politischen Parteien gestärkt werden.
  2. Die Krankenhäuser im Land haben nach wie vor ein erhebliches Defizit an Investitionen. Zur Gewährleistung einer planerisch sachgerechten und auf der einzelwirtschaftlichen Ebene effizienten Mittelverwendung fordern die Ersatzkassen die Auflage von Investitionsprogrammen mit Maßnahmen der Einzelförderung. Dies betrifft sowohl die herkömmliche Krankenhausfinanzierung des Landes als auch die aktuellen, thematisch enger beschriebenen Förderungen aus dem Strukturfonds II und den Krankenhauszukunftsfonds (Strukturfonds III). Der Krankenhausplanungsausschuss kann mit seiner Expertise über die Vergabe der Mittel aus dem Investitionsprogramm entscheiden. Die Ersatzkassen fordern die dauerhafte – gremiengebundene - Einbindung der gesetzlichen Krankenversicherung in die Erstellung des Investitionsprogrammes und dessen Umsetzung.
  3. Die Qualität von Krankenhausleistungen gewinnt durch die verbindlichen Vorgaben von Mindeststandards durch den Gemeinsamen Bundesausschuss immer mehr an Bedeutung. Sachsen-Anhalt hat hierfür die Umsetzung von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen zwischen den Krankenhäusern und den Verbänden der gesetzlichen Krankenversicherung gesetzlich implementiert. Im Falle der Nicht-Einigung setzt die Planungsbehörde diese Vereinbarungen fest. Die Ersatzkassen fordern das politische Bekenntnis zum Vorrang von Qualitätsvorgaben gegenüber umfassender Vorhaltung von stationären Leistungen an allen Standorten und die politische Unterstützung, dass diese Vereinbarungen 2021, flankiert von Festsetzungen der Planungsbehörde, erstmalig für sämtliche Krankenhäuser im Land termingemäß abgeschlossen werden. Die Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen sollen in der Folge auch danach turnusmäßig abgeschlossen werden, um einen sachgerechten Strukturwandel für die Versorgung zu einen. Dabei ist auch die Umwidmung von Krankenhausstandorten in andere Gesundheitseinrichtungen zu unterstützen, wenn dies für die Sicherung der Qualität und zur Wahrung der Versorgung in der Region sachgerecht ist.
  4. Die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherung haben die Einführung eines digitalen Systems zur taggleichen Erfassung freier Krankenhauskapazitäten und deren Übermittlung  in die Rettungsleitstellen des Landes erfolgreich unterstützt. Die Ersatzkassen fordern den Ausbau dieser Digitalisierung, indem die einzelnen Notfälle bereits vor Ort in den Rettungsmitteln digital erfasst und so Grundlage für eine Empfehlung des digitalen Systems für die optimale Weiterbehandlung des Patienten werden. Die Politik soll das zuständige Ministerium mit der Einrichtung einer Arbeitsgruppe beauftragen, die die zugehörigen technischen Voraussetzungen und organisatorischen Prozesse festlegt. Die Ersatzkassen fordern die Politik auf, das Landesrettungsdienstgesetz auf Basis der avisierten Ergebnisse aus dem zuständigen Ministerium innerhalb der nächsten Legislaturperiode entsprechend anzupassen. Perspektivisch sollte die Politik die Anzahl der Leitstellen und den weiteren Ausbau der Digitalisierung in den ambulanten Bereich angehen. Damit der Patient am richtigen Ort behandelt wird, bedarf es einer sektorübergreifenden Steuerung von Notfällen. Die Politik bereitet dem Notfallreformgesetz den Rahmen auf Landesebene.
  5. Daten bundesweit zu erheben und zu analysieren ist für die Analyse von vielen Krankheitsbildern notwendig und sachgerecht. Der vdek befürwortet etwa die Vorgabe des Krebsregisterdatengesetzes, das die Landeskrebsregister zu einem zentralen Krebsregister für Deutschland macht. Damit lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die Versorgung der Betroffenen gewinnen. Statt einer Mehrfachzahlung der Pauschale sollten die klinischen Krebsregister jedoch dafür Sorge tragen, dass der digitale Datenaustausch untereinander funktioniert. Die Erfassungsquote von mindestens 95 Prozent der Fälle, wie sie der Koalitionsvertrag Sachsen-Anhalt 2016 als politisches Ziel ausgegeben hatte, sollte wenigstens in der nächsten Legislaturperiode erreicht und von der zuständigen Aufsichtsbehörde eng begleitet werden.
  6. Die soziale Pflegeversicherung benötigt einen dauerhaften Steuerzuschuss. Zur Sicherung ihrer Einnahmen ist auch eine einmalige Anhebung der Leistungsbeträge erforderlich, um die Pflegebedürftigen bei den Eigenanteilen zu entlasten. Systemisch geboten ist ein Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung. Die Investitionskosten für die stationäre Pflege sollten die Länder übernehmen. Die medizinische Behandlungspflege sollte in der sozialen Pflegeversicherung verbleiben. Die Ersatzkassen fordern die Politik auf, ihren Einfluss im Bundesrat zur Unterstützung dieser Ziele geltend zu machen.
  7. Die vernetzte Pflegeberatung hat sich in Sachsen-Anhalt bewährt. Das Land hat sich dafür entschieden, die vernetzte Pflegeberatung anstelle kostspieliger Parallelorganisation von Pflegestützpunkten weiter zu verfolgen. Die Verbände entwickeln die vernetzte Pflegeberatung weiter. Die Ersatzkassen fordern die Politik auf, ein Bekenntnis zur vernetzten Pflegeberatung abzugeben.
  8. Gute und unverzichtbare Arbeit in der Pflege soll auch gut bezahlt werden. Deshalb unterstützen die Ersatzkassen den Weg zu einer vollständig tarifgebundenen Pflege. Soweit tarifäre Vergütung nachweislich gezahlt wird, finanziert die Pflegeversicherung sämtliche damit verbundene Kosten. Der vdek fordert die Politik auf, den privaten Leistungserbringern Anreize für eine vollständige Tarifbindung zu setzen. Dazu gehört auch der politische Konsens für Abschläge, die Leistungserbringer ohne Tarifbindung auf ihre Vergütung erhalten.
  9. Das Land sollte seine Gesundheitsziele angesichts der Corona-Krise auf den Prüfstand stellen. Dabei sehen die Ersatzkassen zwei Schwerpunkte als gesetzt an: Im Vergleich der Bundesländer weist das Land Sachsen-Anhalt seit vielen Jahren die höchste Quote an Todesfällen durch Herzinfarkte auf. Die Ersatzkassen planen Projekte zur Herzgesundheit mit dem Landessportbund und der Otto-von-Guericke Universität. Sie appellieren an die Politik, die Herzwoche Sachsen-Anhalt, die 2020 nicht stattfand, künftig jedes Jahr durchzuführen und durch das Land zu finanzieren. Weiterhin weist das Land Sachsen-Anhalt die im Ländervergleich älteste Bevölkerung auf. Deshalb sollten Projekte für Prävention in der Pflege einen besonderen Stellenwert erhalten.
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