Krankenhausarchitektur

Heilende Gebäude

Foto: Universitätsklinikum Innsbruck

Kann ein Haus den Heilungsprozess beeinflussen? Dieser Frage geht die Fachrichtung der „Healing Architecture“ nach. Der Lehrstuhl von Prof. Christine Nickl-Weller an der Technischen Universität Berlin hat sich darauf spezialisiert – es ist der einzige seiner Art in Deutschland.

Wer schon einmal einen Aufenthalt in einem Krankenhaus in trostloser 70er-Jahre-Architektur verbringen musste, wird zustimmen: nicht gerade die Umgebung, in der man sich wohlfühlt. Endlose dunkle Gänge mit dämmrig-kalter Neonröhrenbeleuchtung, Möbel in blassen Farben. Wenn man sich beispielsweise von einer Operation erholt, ist eine angenehmere Umgebung wünschenswert. Doch hat die Umgebung über ein gefühltes Missfallen hinaus auch einen Einfluss auf den Genesungsprozess?

Christine Nickl-Weller ist Professorin an der Technischen Universität Berlin und betreibt das Architekturbüro Nickl & Partner. Sie ist überzeugt davon, dass man beim Bau eines Krankenhauses nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Genesung von Kranken beeinflussen kann. Die Fachrichtung, die das erforscht, ist die sogenannte Healing Architecture, was auf deutsch – „heilende Architektur“ – vielleicht etwas esoterisch klingt. Doch die Fachrichtung stützt sich auf empirische Daten. Es ist zwar nicht leicht, den Einfluss eines Gebäudes auf die Genesung wissenschaftlich messbar zu machen, denn „man kann ja nicht einfach zwei verschiedene Krankenhäuser nebeneinander bauen und darin die Unterschiede messen“, sagt Nickl-Weller. „Daher können Studien immer nur einer ganz spezifischen Fragestellung nachgehen, die einen bestimmten Effekt auf eine kleine Gruppe von Probanden, zum Beispiel Patienten mit ähnlichem Krankheitsbild, in einem reduzierten räumlichen Rahmen untersucht.“

Es gebe jedoch bereits ein breites Spektrum an Erkenntnissen. Faktoren wie Lichtqualität (künstliches und Tageslicht), Lärm, Gerüche, Materialien, Kunst am Bau, die Grundrissorganisation und die Einbindung des Krankenhauses in die Umgebung haben demnach Einfluss auf den Heilungsverlauf und auch auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter eines Krankenhauses. „Am deutlichsten lässt sich die Wirkung der Architektur auf die Heilung an der Reduzierung der Verweildauer bemessen.“

Krankenhäuser, die viele der von der „Healing Architecture“ entwickelten Kriterien umsetzen, sind zum Beispiel die Kinderklinik des Universitätsklinikums Innsbruck (Foto), die Angelika-Lautenschläger-Kinderklinik des Universitätsklinikums Heidelberg und die Orthopädische Kinderklinik in Aschau.

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. 7./8.2012