Universität Leipzig

Forschungsprojekt LIFE-Child: Kinder und Jugendliche im Visier

Schulkinder sitzen im Klassenraum

Gehen Krankheiten wie Übergewicht oder Depression auf die Kindheit und Jugend zurück? In einem groß angelegten Forschungsprojekt erhebt die Universität Leipzig über einen Zeitraum von zehn Jahren medizinische und psychologische Daten, um dem Ursprung von Zivilisationskrankheiten auf den Grund zu gehen.

Andreas Hiemisch ist davon überzeugt, dass der Schlüssel zur Erklärung von Zivilisationskrankheiten im Kindheitsalter liegt. Der Arzt und Psychologe ist Projektkoordinator und Leiter der Studienambulanz LIFE-Child. In dem EU-geförderten Projekt am Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen (LIFE) sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren 5.000 Kinder und Jugendliche sowie 1.000 Schwangere und Neugeborene regelmäßig untersucht werden, um diesen Schlüssel zu finden.

Etwa einmal jährlich kommen die jungen Studienteilnehmer zu den Untersuchungen in die Studienambulanz; mindestens einer ihrer Elternteile wird mituntersucht. Das Ganze geschieht in einer Art Parcours mit medizinisch-apparativen Untersuchungen wie Ultraschall, Lungenfunktionstests und Körpervermessungen. Mit psychologischen Untersuchungen erheben die Forscher daneben den Lebensstil und das Lebensumfeld von Eltern und Kindern.

„Dass bereits in der pränatalen Phase die ersten Untersuchungen stattfinden, ist so weltweit einzigartig“, sagt Hiemisch. „Wir versuchen außerdem, möglichst alle sozialen Bereiche zu untersuchen. Deswegen nehmen auch ganze Schulklassen an der Studie teil.“ Mit den Untersuchungen ging es 2011 los, und es konnten bereits 2.000 Teilnehmer gewonnen werden, zum Beispiel über Schulen, das Gesundheitsamt oder behandelnde Ärzte. Der Zulauf ist gut, nach wie vor melden sich zahlreiche Freiwillige. Die Daten werden pseudonymisiert gespeichert.

In zehn Jahren wird den Forschern so eine riesige Datenmenge zur Verfügung stehen. Doch was soll das eigentlich bringen? „Man weiß einerseits sehr viel über das Zustandekommen von Erkrankungen wie Übergewicht oder Depression. Andererseits weiß man von der Therapieversorgung: Auch wenn man die Auslöser beseitigt, ändert sich gar nichts“, erklärt Hiemisch. „Trotz medizinischen Fortschritts nehmen diese Erkrankungen gesamtgesellschaftlich zu.“

Die Forschergruppe geht davon aus, dass die einzelnen Auslöser sich auch gegenseitig beeinflussen. Die Einflussgrößen dieses multifaktoriellen Geschehens sind aber noch nicht gut erforscht. Das erläutert Hiemisch an folgendem Beispiel: „Wir wissen, dass bei Kindern, die übergewichtige Freunde haben, die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht größer ist als bei Kindern, die übergewichtige Eltern haben. Solchen Dingen wollen wir mit unserem Projekt auf den Grund gehen.“ So lässt sich beobachten, mit welcher Wahrscheinlichkeit Erkrankungen bei den Teilnehmern auftreten, zudem wird der Prozess des Krankwerdens verfolgt. Man erhofft sich Antwort auf die Frage, warum andere Teilnehmer mit ähnlichen Risikofaktoren nicht krank werden, was sie davor schützt.

Projekt LIFE-Child

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