Innovationspartnerschaften

Die Telemedizin von morgen

Wo liegt die Innovationskraft für neue telemedizinische Anwendungen? Damit die Entwicklungen evidenten Patientennutzen bringen, müssen Akteure aus dem Gesundheitswesen, aus Politik und Industrie zusammenarbeiten. Dabei stehen sie in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis.

Im Bewertungsausschuss wird derzeit diskutiert, ob es telemedizinische Leistungen auf Rezept geben sollte. Derweil gibt es in Deutschland zahlreiche Projekte, die neue telemedizinische Anwendungen entwickeln und erproben. Häufig stehen dahinter Innovationspartnerschaften aus Kassen, Politik und Industrie. Über Selektivverträge haben Kassen die Möglichkeit, vielversprechende Projekte – etwa Telemonitoring für chronisch Kranke – zu erproben. „In einem komplexen Gesundheitssystem werden Innovationspartnerschaften zunehmend wichtig“, sagt Dr. med. Martin Kluxen, Leiter des Kompetenzzentrums Medizin beim Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek). „Technologische Entwicklungen und Versorgungsbedarf müssen stärker abgestimmt und für die Versorgung zusammengebracht werden.“

Der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kommt eine bedeutende Rolle zu. Denn neben der Möglichkeit, aus der eigenen Versichertenstruktur heraus Bedarf und Erfolg für eine effizientere Patientenversorgung abzuleiten, sind letzten Endes die Kassen die Kostenträger telemedizinischer Anwendungen, die den Sprung in die Regelversorgung schaffen. Ein Innovationshemmnis sieht Kluxen in den häufig sektorkonzentrierten Versorgungsstrukturen. „Wenn sich die etablierte Versorgung nicht verändern lässt, dann werden die Effekte und der Nutzen der Telemedizin und des Telemonitorings zwangsläufig begrenzt sein. Aufgabe der Anbieter von Telemedizin und Telemonitoring ist es, sektorenübergreifende Versorgung aktiv zu unterstützen und alle Akteure inklusive der Patienten darin einzubeziehen.“

Vergleichsweise geringer Markt

Anbieter haben wiederum ein Eigeninteresse an enger Kooperation mit den Kassen, die Hauptabnehmer sind. Nach Hans-Peter Bursig vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) ist die Telemedizin als Markt für einzelne Produkte und Geräte im Vergleich etwa zur Elektromobilität nicht sehr groß. „Die Erstattung durch die Kassen ist entscheidend für die Verbreitung von Telemedizin. Ist die Erstattung unklar, kann sich der Markt für diese Produkte und Lösungen nur sehr schwer entwickeln.”

Vor allem das Telemonitoring böte aber große Effizienzpotenziale. „Angesichts der demografischen Entwicklung und der stetigen Zunahme chronischer Erkrankungen lassen sich durch Telemonitoring unnötige Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte vermeiden.“ Ein weiteres Beispiel zur Verbesserung der Patientenversorgung sei die Teleradiologie, die Expertenwissen überall auf der Welt verfügbar mache und unnötige Ausgaben durch Doppeluntersuchungen vermeiden könne.

Falls Telemedizin in den Erweiterten Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen wird, brächte das zwar eine politische Stärkung. Doch ein Innovationstreiber wäre es wohl kaum, sondern würde allenfalls Anwendungen stärken, die sich bereits bewährt haben. So oder so führt also auch künftig kein Weg an Innovationspartnerschaften vorbei. Weder für die Industrie noch für die Kassen.

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