Impfungen: Fluch oder Segen?

Durch Impfungen ist es gelungen, viele Infektionskrankheiten, wie etwa die Pest, Pocken oder Kinderlähmung, auszurotten bzw. weltweit zurückzudrängen. Woran liegt es dann, dass Deutschland heutzutage über die massive Zunahme von Masernfällen klagt?

Ende des 19. Jahrhunderts starb jedes zweite Kind bis zum zehnten Lebensjahr an einer Infektionskrankheit. Dem immer besser und sicher werdenden Impfschutz ist es zu verdanken, dass es heute zumindest in den modernen Industriestaaten gelungen ist, viele dieser Infektionskrankheiten auszurotten oder zumindest so weit zurückzudrängen, dass keine massive gesundheitsschädigende Wirkung mehr von ihnen ausgeht. Dennoch lassen auch in diesem Jahr wieder Berichte über die Zunahme von Masernfällen in Deutschland aufhorchen.

Im August 2013 beklagte das Robert Koch-Institut (RKI) den sprunghaften Anstieg von Masernfällen. Allein Mitte Juli 2013 registrierte das Institut 1.207 neue Fälle.

Damit ist Deutschland weit von dem Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfernt, bis 2015 die Masern in Deutschland auszurotten. Dieses Ziel ist erreicht, wenn nicht mehr als ein Fall pro eine Million Einwohner auftritt. In Deutschland wären also nur rund 80 Fälle pro Jahr zulässig.

Doch die Deutschen sind impfmüde geworden. Während bei der Erstimpfung (im Alter von elf bis 14 Monaten) noch 86 Prozent aller Kinder geimpft werden, lässt die Bereitschaft bei der Zweitimpfung (zwischen 15 bis 23 Monaten) mit 62 Prozent schon deutlich nach. Diese Zweitimpfung ist jedoch notwendig, um eine hinreichende Immunisierung zu erreichen. Um den Ausbruch der Infektionskrankheit zu stoppen bzw. Masern auszurotten, müsste die Bevölkerung zu 95 Prozent geschützt sein.

Oft ist es einfach Nachlässigkeit der Eltern, die zur Vernachlässigung des Impfschutzes bei den Kindern führt. „Es ist ja nur eine harmlose Kinderkrankheit“, ist eine gängige Auffassung, vor allem der nach 1970 Geborenen. Dabei ist die Krankheit sowohl für Kinder wie auch für Erwachsene gefährlich und kann bei einer von 1.000 bis 5.000 Maserninfektionen zur Gehirnhautentzündung bis hin zum Tod führen. Aber auch ideologische Gründe halten Eltern davon ab, ihre Kinder zu impfen. Die Eltern machen sich Sorgen um die möglichen Impfrisiken und Begleiterscheinungen. Viele Eltern impfen ihre Kinder dann oft zu spät, sodass der Erreger sich bereits ausbreiten konnte. Dabei wird das Impfrisiko weit überbewertet. So gehen Experten davon aus, dass es nur bei einer von einer Million Masernimpfungen zu ernsten Nebenwirkungen kommt.

In Deutschland wird nun überlegt, eine Impfpflicht einzuführen. Noch setzt die Mehrzahl der Politiker jedoch auf Prävention und Aufklärung. So wird erwogen, den Impfstatus der Kinder künftig beim Eintritt in den Kindergarten zu erfassen. Das macht im Übrigen auch der Kinderarzt im Rahmen der U-Vorsorgeuntersuchungen. Aufklärung tut not. Denn auch andere fast ausgerottete Kinderkrankheiten, wie Mumps, Keuchhusten und Röteln, breiten sich langsam wieder aus.

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