Kunstgelenke

Endoprothesenregister: Ein Meilenstein für mehr Patientensicherheit

Illustration: Eine Dame mit einer Endoprothese wird von einem Arzt geröngt.

Jährlich setzen Ärzte rund 390.000 Hüft- und Knieendoprothesen bei Patienten mit starkem Gelenkverschleiß oder nach Brüchen ein. Darin enthalten sind etwa 40.000 Wechseloperationen, bei denen die Kunstgelenke aus verschiedenen Gründen ausgetauscht werden müssen. Ziel des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD) ist es, diese Zahl deutlich zu verringern. Denn jede Revision ist eine zu viel; ausländische Erfahrungen zeigen, dass sich mit Registern die Zahl der Wechseloperationen deutlich senken lässt.

In unserer alternden Gesellschaft gehören Implantationen von künstlichen Hüft- und Kniegelenken zu den häufigsten Operationen. Der Grund dafür liegt in den meisten Fällen in einer altersbedingten Abnutzung der Gelenke. Mehr als die Hälfte aller Deutschen über 50 Jahre leidet unter Gelenkverschleiß oder Arthrose, die durch Übergewicht, eine Überbelastung der Gelenke, durch Stoffwechselerkrankungen oder Gelenkverletzungen entstanden sein können. Wenn andere Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind, kann ein Kunstgelenk helfen, die Lebensqualität der Patienten deutlich zu verbessern. Denn der künstliche Gelenkersatz ist mit Blick auf Schmerzbefreiung, Funktionsverbesserung und Dauerhaftigkeit eine der größten Erfolgsgeschichten der modernen Medizin.

Der Probebetrieb des EPRD, der vom Bundesgesundheitsministerium finanziell gefördert wurde, hat bereits die Praxistauglichkeit des Systems gezeigt. Das vom EPRD entwickelte Datenflusskonzept ermöglicht die Erfassung und Auswertung der implantierten Hüft- und Knieendoprothesen mithilfe der eingesetzten Barcodetechnologie und der Produktdatenbank. Die Zusammenführung der Registerdaten mit den Routinedaten der Krankenkassen hat sich als praktikabel erwiesen und die Datenflusswege über die Vertrauensstelle funktionieren. Probleme, die das Registerkonzept grundsätzlich infrage stellen oder eine grundlegende Überarbeitung erforderlich machen, sind nicht aufgetreten. Zugleich ist der Schutz der Patientendaten voll gewährleistet.

Das Gespräch mit den Anwendern in den Kliniken hat wertvolle Hinweise erbracht, mit denen das System bis zum bundesweiten Einsatz in der Routine noch weiter verbessert werden konnte. Die Produktdatenbank umfasst inzwischen mehr als 35.000 Einträge und schließt bis auf wenige Ausnahmen fast alle in Deutschland vertretenen Hersteller ein. Die hohe Granularität der Klassifikation und Beschreibung der Implantate ist in der Produktdatenbank des EPRD weltweit einmalig und erfährt international eine hohe Wertschätzung. Bis Ende des Jahres 2013 wurden bereits etwa 15.000 Operationen einschließlich der implantierten Prothesenkomponenten erfasst.

Teilnahme als Qualitätsmerkmal

Seit Juli 2013 können alle deutschen Krankenhäuser am Register teilnehmen. Mehr als 400 Kliniken haben ihr Interesse an einer Teilnahme mitgeteilt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), vertreten durch ihren Hauptgeschäftsführer Georg Baum, empfiehlt allen Kliniken, am Endoprothesenregister Deutschland teilzunehmen. Insbesondere für Kliniken, die sich nach Endocert zertifizieren lassen wollen, ist die Teilnahme am EPRD eine wesentliche Voraussetzung. Die Teilnahme am EPRD wird künftig ein Qualitätsmerkmal für eine Krankenhausabteilung sein, nach dem auch die Patienten und die einweisenden Ärzte fragen werden.

Das EPRD nutzt allen: Es liefert zuverlässige und übergreifende Fakten zur Patientensicherheit. Es gibt unter anderem Aufschluss darüber, wie sich die Zahl der Wechseloperationen entwickelt hat und warum es zu Wechseloperationen gekommen ist – bezogen auf das jeweilige Krankenhaus und im Vergleich zum Durchschnitt aller teilnehmenden Kliniken. Zugleich erleichtert es das EPRD, Patienten bei Bedarf rasch und gezielt über ihr Implantat zu informieren. Die Patienten von teilnehmenden Abteilungen erhalten einen Implantatpass des EPRD, der den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entspricht und der auch nach Verlust jederzeit leicht neu erstellt werden kann.

Das Konzept der Einbindung aller Beteiligten in den auch von der Deutschen Arthrose-Hilfe e. V. unterstützten Aufbau des Registers hat sich bewährt. So konnten die hohen fachlichen Kompetenzen der Partner aus den verschiedenen Bereichen zusammengeführt und zum Nutzen für das Register eingesetzt werden. Als gemeinnützige GmbH und 100-prozentige Tochter der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e. V. (DGOOC) ist das Endoprothesenregister Deutschland ausschließlich wissenschaftlichen Grundsätzen verpflichtet. Transparente Prozesse sowie die Unabhängigkeit und Neutralität der Auswertungen sind wesentliche Rahmenbedingungen des EPRD, die nicht gefährdet werden dürfen. Das Register ist für weitere Partner offen, zum Beispiel bisher noch nicht eingeschlossene Betriebskrankenkassen, Privatversicherer und weitere Hersteller.

Die Architektur des Endoprothesenregisters eignet sich, um modellhaft als Grundlage für die Dokumentation weiterer medizinischer Implantate zu dienen und so die Sicherheit und Qualität der Patientenversorgung weiter zu verbessern. Nachdem eine freiwillige Teilnahme für den Aufbau des Registers sehr positive Möglichkeiten zur gemeinsamen Gestaltung eröffnet hat, kann langfristig eine verpflichtende Teilnahme helfen, die Vollständigkeit der Erhebung bei weiteren Krankenhäusern und Krankenkassen auszubauen.

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