Arzneimittel

Lieferengpässe und ihre Auswirkungen

Die Illustration zeigt ein Fließband, auf dem wenige Arzneimittel transportiert werden. Im Hintergrund eine Palette mit Arzneimittelpaketen darauf und einem Zettel mit dem Apothekersymbol.

In den Medien gab es in letzter Zeit vermehrt  Schlagzeilen wegen Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Welche Gründe stecken dahinter und sind Lieferengpässe für einzelne Arzneimittel immer gleichbedeutend mit einem Versorgungsengpass für die Bevölkerung? Wie ist die Sicht der Bundesregierung auf dieses Thema?

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die Einfluss auf die Bedeutung und Tragweite eines Lieferengpasses haben. Entscheidend ist beispielsweise, ob nur ein pharmazeutischer Hersteller mit einem Wirkstoff von einem Lieferengpass bedroht ist, ob mehrere Hersteller betroffen sind oder ob ein Wirkstoff von keinem pharmazeutischen Hersteller bereitgestellt werden kann, was den Komplettausfall des Wirkstoffes zur Folge hätte. Darüber hinaus ist auch die zu erwartende Dauer des potenziellen Lieferengpasses entscheidend. In einem kurzen Zeitraum von wenigen Wochen kann leichter eine Kompensation stattfinden als bei einem längerfristigen Ausfall.

Lieferengpässe traten in der Vergangenheit immer wieder in Deutschland auf und werden uns auch zukünftig begleiten. Vorrangig betroffen sind Präparate wie Schilddrüsentherapeutika, Antibiotika und Krebsmedikamente, die vor allem im Krankenhaus eingesetzt werden, oder Impfstoffe. Dabei können die Gründe für Lieferengpässe so vielfältig sein wie die davon betroffenen Arzneimittel. Einige mögliche Problemfelder für Lieferengpässe sind:

  • Beschaffung – Fehlen von Ausgangsstoffen oder anderer bei der Produktion benötigter Materialien
  • Produktion – Ausfall von Produktionsanlagen während des Produktionsprozesses
  • Qualität – Der Ausgangsstoff oder das fertig produzierte Arzneimittel entsprechen nicht den arzneimittelrechtlichen Qualitätsanforderungen
  • Distribution – Verzögerte Lieferung der fertig produzierten Arzneimittel in das Bestimmungsland
  • Globalisierung – Verlagerung der Produktion ins Ausland und Konzentration an wenigen Standorten
  • Nachfrage – Weltweiter oder auch regionaler Bedarf steigt unerwartet an

Ein Lieferengpass bedeutet aber nicht automatisch, dass damit die notwendige Behandlung erkrankter Patienten gefährdet ist. Häufig sind von den Lieferproblemen Generika – also Arzneimittel ohne Patentschutz, die von mehreren Herstellern produziert werden – betroffen, sodass zumeist ein anderer Hersteller zur Verfügung steht, der den Produktionsausfall kompensieren kann. Somit ist eine Umstellung des Patienten auf ein Konkurrenzprodukt mit dem identischen Wirkstoff und der identischen Wirkstärke unproblematisch. Auch bei Komplettausfall eines ganzen Wirkstoffes ist im Regelfall durch den Arzt die Auswahl eines vergleichbaren und für die jeweilige Indikation zugelassenen Wirkstoffes möglich, um die Behandlung des Patienten nicht unterbrechen zu müssen.

Es kann positiv vermerkt werden, dass in Deutschland auftretende Lieferengpässe bisher immer nur über kurze Zeiträume bestanden. Ein Versorgungsengpass, der das individuelle Krankheitsgeschehen in der Bevölkerung verschlimmert hätte, kam bisher nicht vor. So konnte die Versorgung der Patienten mit Alternativpräparaten immer sichergestellt werden.

Daher geht auch die Bundesregierung, wie zuletzt in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im März 2014 ausgeführt, davon aus, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in Deutschland grundsätzlich sehr gut ist. Lieferengpässe bei Arzneimitteln seien häufig nicht von langer Dauer und führten nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen, da vom Arzt auf alternative Arzneimittel zurückgegriffen werden könne.

Öffentlich zugängliches Register

Seit April 2013 existiert bei der nationalen Zulassungsbehörde für Arzneimittel, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), ein öffentlich zugängliches Register. Hier können die pharmazeutischen Hersteller ihre von einem potenziellen Lieferengpass bedrohten Arzneimittel listen lassen, um darüber proaktiv zu informieren. Vorrangig sollen dort Produkte aufgenommen werden, die für die Versorgung der Bevölkerung von besonderem Interesse sind. Wenn dieses Register von allen pharmazeutischen Herstellern bei Lieferausfällen umgehend und vollinhaltlich bedient wird, wäre es ein gutes Instrument für Ärzte und Apotheker, um frühzeitig Therapiealternativen zu entwickeln. Bisher handelt es sich allerdings um freiwillig durchzuführende Meldungen, deren Unterlassung für die pharmazeutischen Hersteller nicht sanktionsbewehrt ist.

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