vdek-Zukunftsforum

Krankenhausplanung neu gedacht

Blick auf die Podiumsteilnehmer des vdek Zukunftsforums 2014
Die Podiumsteilnehmer diskutierten über die Krankenhausplanung von morgen.

Zu viele Betten, unnötige Operationen, ein milliardenschwerer Investitionsstau – der Krankenhausbereich bedarf dringend einer Reform. Die Politik will handeln und unter anderem die Krankenhausplanung modernisieren. Eine besondere Rolle soll dabei die Qualität spielen. Doch welche Kriterien müssen angelegt werden? Über neue Wege zur Krankenhausplanung und ein Gutachten zur Umsetzbarkeit von Vorschlägen des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) diskutierten Vertreter aus Politik und Gesundheitswesen auf dem vdek-Zukunftsforum Anfang Dezember.

Die Position der Ersatzkassen machte vdek-Verbandsvorsitzender Christian Zahn zum Auftakt der Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt noch einmal deutlich: „Wir er-warten gute Qualität in Krankenhäusern – das sind wir unseren Patienten schuldig.“ Qualität und Erreichbarkeit müssten in einer modernen Krankenhausplanung eine wesentliche Rolle spielen. Das Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zeige, dass es möglich sei, dies umzusetzen und die Krankenhausplanung zu modernisieren. Dazu brauche es jedoch des Mutes und des Willens der Politik bei der anstehenden Reform, so Zahn.

Dass einzelne Reformschritte dabei schon kurzfristig eingeleitet werden könnten, betonte Dr. Boris Augurzky vom RWI. Demnach braucht eine zukunftsfähige Krankenhausplanung u. a. verbindliche Qualitätsvorgaben, außerdem müssen Grund- und Regelversorgung klar definiert werden.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, forderte die Politik auf, Reformschritte bei der Qualität und Investitionsfinanzierung einzuleiten. „Seit Jahren ziehen sich die Länder aus der Finanzierung zurück – mit der Folge, dass Krankenhäuser Gelder, die für Behandlung und Pflege gedacht sind, für Investitionen verwenden“, sagte Elsner. Die Länder müssten sich hier endlich zu ihrer Verantwortung bekennen. Mit Blick auf die Qualität der stationären Versorgung erklärte sie: „Es ist an der Zeit, Konsequenzen zu ziehen und dauerhaft schlechte Leistungen notfalls auch aus der Versorgung auszuschließen.“ Es bedürfe bundeseinheitlicher Qualitätsstandards, etwa Mindestmengen für Knie-Operationen, und eine einheitliche Definition der Notfallversorgung. Auch der diskutierte Restrukturierungsfonds könne helfen, die Krankenhausstruktur umzubauen, zum Beispiel für die Umwidmung in geriatrische Zentren oder Medizinische Versorgungszentren. Die Kosten hierfür müssten jedoch Krankenkassen, Krankenhausträger, Bund und Länder gemeinsam tragen.

Deutlich kritische Worte am Ist-Zustand fand auch Ralf Heyder, Generalsekretär des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD): „Die Krankenhaus-planung liegt als Steuerungssystem brach.“ Qualität und Erreichbarkeit als Planungskriterien seien ein richtiger Ansatz. „Wenn Qualität objektiv gemessen wird und schlechte Qualität auftritt, müssen Leistungen auch ausgeschlossen werden können.“

Dr. Monika Vierheilig, Leiterin der Abteilung Gesundheit im Sozialministerium Baden-Württemberg, verteidigte das Instrument der Planung. Mit gezielten Vorgaben für Aus-, Auf- und Abbau sowie der Festlegung von Standorten, Gesamtplanbettenzahl, bedarfsgerechten Fachabteilungen und Leistungsschwerpunkten seien in Baden-Württemberg die Zahlen der Betten, Standorte und Kliniken abgebaut worden.

Mit Spannung erwartet wurde der Bericht aus der Bund­Länder­AG von Dr. Matthias Gruhl, Leiter des Hamburger Amtes für Gesundheit und Verbraucherschutz. Gruhl gratulierte dem vdek und dem RWI zu dem Gutachten. Einige Punkte seien direkt oder indirekt in die Diskussion der Bund-Länder-AG eingeflossen. Zwar sei das Gesundheitswesen gut, doch gebe es einen „ruinösen Wettbewerb“ – und zu wenig Qualitätsorientierung. Die Bund-Länder-AG habe unter anderem vor, Qualität in § 1 des Krankenhausgesetzes zu verankern, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll demnach planungsrelevante Qualitätsindikatoren entwickeln, die Qualitätsberichte sollen verbessert werden.

Wer Qualität fordere, müsse auch Ressourcen liefern, erklärte bei der abschließenden Podiumsdiskussion Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Einen Pay-for-performance-Ansatz, wonach schlechte Qualität mit finanziellen Abschlägen bestraft wird, lehnte Baum genauso wie eine qualitätsorientierte Vergütung ab. Lothar Riebsamen (CDU) er-läuterte das politische Dilemma beim Abbau von Versorgungseinheiten. Bevölkerungsproteste, Stellenabbau durch Schließungen sowie fehlende Finanzmittel würden Politiker abhalten, notwendige Veränderungen vorzunehmen. Riebsamen betonte: „Wir brauchen deshalb den Restrukturierungsfonds, um Mittel für Umwidmungsmaßnahmen vor Ort zur Verfügung zu stellen.“ Auf die Situation der Pflege ging Bettina Müller (SPD) ein. Sie hob hervor, dass es immer mehr Ärzte in den Kliniken gebe, während die Zahl der Pflegekräfte zurückginge. Dass Struktur- und Prozessqualität im Vordergrund stehen müssten, sagte Harald Weinberg (Die Linke). Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte sich zum Thema Restrukturierungsfonds dagegen zurückhaltend: Ob der Fonds die erwünschte Wirkung entfalten könne, wisse man nicht.

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