GKV-Finanzlage

Mittelfristige Finanzentwicklung bis 2018

Chart zum Deckungsgrad der ausgleichsfähigen Ausgaben durch Zuweisungen. Beschreibung im Longdesc-Link.

Keine Überschüsse mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Die vorläufigen Rechnungsergebnisse 2014 zeigen ein Defizit von rund 1,2 Milliarden Euro. Dies ist zwischen den Kassenarten unter anderem aufgrund der nicht wettbewerbsneutralen Wirkung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) ungleich verteilt.

Das vorläufige Rechnungsergebnis der GKV weist laut der amtlichen Statistik KV 45 für 2014 ein Defizit von -1.198 Millionen Euro aus. Im Vorjahreszeitraum belief sich das Ergebnis noch auf einen Überschuss von +1.179 Millionen Euro. Das Defizit kann zum Teil mit Prämienausschüttungen von einzelnen Krankenkassen in der Größenordnung von 700 Millionen Euro sowie mit freiwilligen Satzungsleistungen (z. B. Beteiligung der Kassen an homöopathischer Behandlung) erklärt werden. Ein Teil des Defizits kommt allerdings auch dadurch zustande, dass es im Jahr 2014 nach mehreren Jahren wieder zu einer GKV-weiten Unterfinanzierung der Krankenkassen durch die für 2014 festgelegten Gesundheitsfondszuweisungen gekommen ist (geschätzte Größenordnung: 700 bis 800 Millionen Euro). Eine wesentliche Ursache ist, dass 2013 die Zuwanderungen 2014 in diesem Ausmaß nicht abgesehen werden konnten und die Versichertenzahl somit deutlich unterschätzt wurde.

GKV-Defizit ungleich verteilt

Zwischen den Kassenarten ist die Ergebnissituation sehr unterschiedlich: Die Ortskrankenkassen weisen als einzige Kassenart einen Überschuss von 420 Millionen Euro aus, während Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie die Mitgliedskassen des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) ein Defizit verbuchen müssen. Die unterschiedlichen Finanzergebnisse der Kassenarten zeigen, dass der Finanzausgleich der Kassen über den Morbi-RSA seine Funktion, nämlich gleiche Ausgangsbedingungen für einen fairen Kassenwettbewerb zu schaffen, nicht voll erfüllt. Insbesondere bei den Ersatzkassen ist zwar ein Teil (568 Millionen Euro) des Gesamtdefizits von rund 1.100 Millionen Euro auf Prämienauszahlungen zurückzuführen, ein weiterer Teil kommt dagegen durch falsche Stellschrauben im RSA zustande. Überhöhte Deckungsgrade aus dem RSA bei einzelnen Regionalkassen zum Beispiel dürfen nicht zum Wettbewerbsnachteil bundesweit agierender Kassen werden. Der Deckungsgrad zwischen AOK und vdek-Kassen entwickelt sich seit Jahren zunehmend auseinander (s. Schaubild). Hier muss im RSA nachgebessert werden. Die Politik muss daher den RSA über die bereits aufgerufenen Themen Krankengeldzuweisungen und Zuweisungen für Auslandsversicherte erneut auf den Prüfstand stellen, um den Kassenwettbewerb fairer zu gestalten.

Erwartete finanzielle Entwicklung

Während die Einnahmen gegenüber dem Vorjahreszeitraum 2014 um +3,7 Prozent je Versicherten gestiegen sind, nahmen die Ausgaben insgesamt um +4,9 Prozent zu. Die Leistungsausgaben für sich betrachtet nahmen um +5,2 Prozent zu. Die Dynamik bei der Ausgabenentwicklung – trotz guter Rahmenbedingungen für die Einnahmebasis der GKV – übersteigt die Entwicklung ihrer Einnahmen um mehr als einen Prozentpunkt. Der vdek erwartet, dass sich die Schere zwischen Ausgaben- und Einnahmenentwicklung zunehmend öffnet und für die Entwicklung der Zusatzbeitragssätze ab dem nächsten Jahr 2016 von einer gewissen Dynamik auszugehen ist. Denn diese Fehlbeträge müssen die Krankenkassen über individuelle Zusatzbeiträge bei den Mitgliedern ausgleichen. Für die nächsten Jahre ab 2016 rechnet der vdek mit einem jährlichen Anstieg des Beitragssatzes um rund 0,2 Prozentpunkte in der Basisentwicklung, der sich abhängig von den konkreten Gesetzeswirkungen im ambulanten und stationären Bereich noch erhöhen kann. Zusätzlich zu der antizipierten Grundentwicklung kommen die finanziellen Effekte insbesondere einer umfassenden Krankenhausreform, die der Gesetzgeber im Jahr 2015 auf den Weg bringen will. Ein Gesetz zur Stärkung der Versorgung (GKV-VSG) sowie ein Präventionsgesetz befinden sich bereits in der parlamentarischen Beratung. Diese drei Gesetze enthalten kostenintensive Regelungen, die sich aller Voraussicht nach ab 2016 bemerkbar machen. Es handelt sich um Orientierungswerte, die insbesondere bei der Krankenhausreform noch sehr vage sind. Finanzwirkungen aus dem Präventionsgesetz werden auf rund 250 Millionen Euro beziffert (für 2016). Aus dem GKV-VSG wird für 2016 Mehraufwand für die Krankenkassen zur Finanzierung des Innovationsfonds sowie aus einigen kleineren Maßnahmen des Gesetzes von bis zu 200 Millionen Euro und zusätzlich für 2017 aus der geplanten Konvergenzregelung der Ärztehonorare rund 500 Millionen Euro erwartet. Die angestrebten Maßnahmen im Krankenhausbereich könnten aus Sicht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (Dezember 2014) voraussichtlich 2016 schon einen Mehraufwand von 800 Millionen Euro erzeugen, der in den Folgejahren durch weitere Eingriffe noch um 400 bzw. weitere 200 Millionen Euro ausgeweitet werden könnte. Erhoffte Einsparungen sind nicht beziffert, wirken wohl auch erst auf lange Sicht. Unter Einbeziehung der sich abzeichnenden Finanzwirkungen der geplanten gesetzlichen Maßnahmen könnte ohne Gegensteuerung oder Kompensation aus der noch gut gefüllten Liquiditätsreserve des Fonds der Zusatzbeitragssatz bis 2018 auf bis zu 1,7 Prozent ansteigen – und sich damit gegenüber 2015 fast verdoppeln. Aus Sicht des vdek muss vor diesem Hintergrund der festgeschriebene allgemeine Beitragssatz von zurzeit 14,6 Prozent für eine gerechte Belastungsverteilung wieder dynamisiert werden.

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