vdek-Zukunftsforum

Innovationsfonds innovativ gestalten

Gruppenfoto. V. l. n. r.: Dr. Karsten Neumann, IGES; Andreas Mihm, FAZ; Ulrike Elsner, vdek; Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Universität Greifswald; Dr. Markus Müschenich, Bundesverband Internetmedizin; Josef Hecken, G-BA

V. l. n. r.: Dr. Karsten Neumann, IGES; Andreas Mihm, FAZ; Ulrike Elsner, vdek; Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Universität Greifswald; Dr. Markus Müschenich, Bundesverband Internetmedizin; Josef Hecken, G-BA

Mit dem Innovationsfonds will die Politik Ideen fördern, die zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung beitragen. Doch welche Projekte sollen gefördert, nach welchen Kriterien die Mittel vergeben werden? Auf dem Zukunftsforum des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) Ende Juni 2015 haben Vertreter aus Politik und dem Gesundheitswesen Ansätze und Wege diskutiert.

Das 50-seitige Gutachten zur Ausgestaltung des Innovationsfonds, das das IGES Institut im Auftrag des vdek erstellt hatte, traf offenbar einen Nerv. Gut 200 Akteure aus dem Gesundheitswesen kamen zusammen, um über die Vorschläge des vdek zu debattieren. Immerhin 300 Millionen Euro soll die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) von 2016 bis 2019 pro Jahr bereitstellen: 225 Millionen Euro zur Förderung von innovativen sektorenübergreifenden Versorgungsprojekten und 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung, so sieht es das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vor. Nur ist bislang unklar, wie diese Gelder verteilt werden sollen.

Mit Blick auf das Volumen des Fonds wies Christian Zahn, Verbandsvorsitzender des vdek, zum Auftakt der Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt auf die besondere Verantwortung bei der Verwendung der Mittel hin – schließlich handele es sich um Gelder der Beitragszahler. „Das soll aber nicht bedeuten, mit Scheuklappen oder zaghaft ans Werk zu gehen“, so Zahn. „Im Gegenteil: Ideenreichtum, der Wille, etwas zu bewegen, und Mut zum Versuch sind gefordert.“ Mit dem IGES-Gutachten möchte der vdek einen Beitrag zur sinnvollen Verwendung der Gelder leisten. Das Papier listet sieben Thesen zur Ausgestaltung des Innovationsfonds. Die wichtigsten Kriterien bei der Förderentscheidung: die Qualität und der Nutzen der Projekte für die Regelversorgung. Daneben sind die Übertragbarkeit der Mittel, kreative Freiheit sowie eine Förderpraxis ohne Einschränkungen auf ein verordnetes Themenspektrum Vorschläge.

Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), unterstützte in seinem Statement zentrale Thesen des Gutachtens: „Jede formale oder inhaltliche Einschränkung für mögliche Projekte vorab würde dazu führen, dass durchs Raster fallen kann, was die Versorgung jedoch verbessern könnte.“ Mit dem Innovationsfonds gelte es, real existierende Versorgungsprobleme zu adressieren. Und: Der für die Verteilung der Fördermittel zuständige Innovationsausschuss dürfe sich bei seinen Auswahlentscheidungen nicht von Proporzüberlegungen leiten lassen, sondern müsse vor allem die Qualität der Vorhaben im Auge haben.

Mit einem Rat wandte sich Prof. Dr. Karl Lauterbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, in seinem  Statement an das Fachpublikum. „Hohe statistische Anforderungen an die Projekte zu stellen, das wäre meine wichtigste Empfehlung. Dass sinnvolle Projekte aus methodischen Gründen nicht stattfinden, darf nicht sein.“

Die Podiumsdiskussion eröffnete Dr. Markus Müschenich, Vorstand des Bundesverbandes Internetmedizin, mit dem Hinweis, dass digitale Gesundheitsinnovationen derzeit vor allem aus den USA kämen: Allein Google würde 300 Millionen Euro Risikokapital für die Entwicklung von digitalen Gesundheitsanwendungen ausgeben. Der Innovationsfonds sei für die Szene der digitalen Start-ups in Deutschland daher „ein Hoffnungsträger“. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Fragen nach Art der förderwürdigen Vorhaben und der Übertragbarkeit der Mittel. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, betonte, dass die Gelder vor allem in Versorgungsprojekte der gesetzlichen Krankenkassen fließen sollten, die mit Verträgen untersetzt seien. „Wir brauchen bei den Projekten eine gewisse Größe, um Interesse bei den Vertragspartnern zu erzeugen.“ Daher würden Kooperationen stattfinden, die auch kassenübergreifend denkbar seien. Elsner betonte jedoch zugleich: „In einem wettbewerblichen System muss einer Kasse, die ein Projekt auf den Weg bringt, auch eine gewisse Exklusivität zugestanden werden, zumindest für einige Zeit.“ Auch Dr. Karsten Neumann, Geschäftsführer des IGES Instituts, erklärte, es mache keinen Sinn, „absurd kleine Projekte“ zu fördern. Hecken betonte, das wichtigste Kriterium bei der Auswahl müsse sein, dass das Projekt hinreichend Potenzial hat, dauerhaft in die Regelversorgung oder einem größeren Selektivvertrag münden könne. Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann von der Universitätsmedizin Greifswald betonte, Kriterien müssten Machbarkeit und Evaluierbarkeit sein. In den wichtigsten Punkten – etwa dass der Nutzen für die Versicherten Priorität haben müsse bei der Förderentscheidung – liege man auf einer Linie, so Elsner. Da gute Projekte Zeit brauchen, ist es nach Auffassung von vdek und IGES Institut unabdingbar, dass die Mittel in das Folgejahre übertragen werden können. Hecken unterstützte diese Forderung. Lauterbach berichtete, das werde derzeit intensiv verhandelt. Wann die ersten mit dem Fonds geförderten Versorgungsinnovationen in die Regelversorgung kommen? Darauf wollte sich Hecken noch nicht festlegen. Zunächst müssten die ersten geeigneten Projekte ausgewählt und gefördert werden.

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