Pflegeberufsgesetz

Politik setzt auf generalistische Ausbildung

Illustration: Drei Personen vor einem Krankenhaus-Modell

Die Gesellschaft wird älter. Um dem damit einhergehenden wachsenden Bedarf an Pflegekräften gerecht zu werden, brauchen wir auch in Zukunft genug junge Menschen, die sich für einen Pflegeberuf entscheiden. Schon seit geraumer Zeit wird daher politisch um die zeitgemäße Weiterentwicklung des Pflegeberufes gerungen. Im Ergebnis liegt nun der Kabinettsentwurf für ein Pflegeberufsgesetz (PflBG) vor, mit dem die Bundesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket zur grundlegenden Neugestaltung der Pflegeberufe vorsieht.

Im Mittelpunkt steht die Einführung des neu geregelten Heilberufs der „Pflegefachfrau“ bzw. des „Pflegefachmanns“, der die bisherigen Pflegeberufe (Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege) ablöst. Die Bundesregierung setzt also auf eine generalistische berufliche Pflegeausbildung mit einheitlichem Berufsabschluss.

Hierzu sieht das Gesetz für die Auszubildenden zukünftig verschiedene Pflichteinsätze in Krankenhäusern, in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie in speziellen Bereichen wie der pädiatrischen und psychiatrischen Versorgung vor. Einerseits erwerben die Auszubildenden damit ein breit angelegtes pflegerisches Fachwissen, das ihnen eine berufliche Flexibilität ermöglicht und damit die Attraktivität des gesamten Berufsbildes erhöhen soll. Andererseits erfordern die einzelnen Einsatzgebiete ein spezialisiertes Wissen, das nun erst im Anschluss zur generalistischen Ausbildung erlangt werden kann. Auch wenn der überwiegende Anteil der Einsätze beim Ausbildungsträger erfolgen soll, steht damit zweifellos weniger Praxiszeit in den Pflegeeinrichtungen zur Verfügung. Eine abschließende Bewertung der generalistischen Neuorganisation ist jedoch erst dann möglich, wenn die konkreten Inhalte der Ausbildung feststehen. Für die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, in der das Nähere geregelt werden soll, liegt bis dato noch kein Entwurf vor.

Gut am vorgelegten Gesetzentwurf ist der Umstand, dass zukünftig die Ausbildung für die Auszubildenden kostenfrei sein soll  und sie eine Ausbildungsvergütung erhalten. Die notwendigen Gelder werden über Landesausbildungsfonds bereitgestellt. Hier sollen die Umlagen der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sowie die Direktzuweisungen der Länder und der sozialen Pflegeversicherung einfließen. Der Einstieg der sozialen Pflegeversicherung in die Direktfinanzierung ist richtig, da die Finanzierung der zusätzlichen Aufwendungen im Bereich der Langzeitpflege ansonsten über Vergütungszuschläge durch die Pflegebedürftigen erfolgen würde. Dies darf jedoch kein Freibrief für die Länder sein, sich aus ihrer Finanzierungsverantwortung für die Ausbildung zurückzuziehen.

Der Zugang zur Ausbildung ist weiterhin breit angelegt. In Verbindung mit einer Erst- oder Pflegehelferausbildung kann auch zukünftig mit einem Hauptschulabschluss eine Ausbildung begonnen werden. Dies ist sehr zu begrüßen, um vielen qualifizierten Menschen die Arbeit in der Pflege zu ermöglichen. Mit dem Gesetz wird auch die Möglichkeit einer Pflegeausbildung an Hochschulen eingeführt. Die Stärkung beruflicher Weiterentwicklungsperspektiven ist sinnvoll, da hierdurch das Berufsbild insgesamt attraktiver wird. Nicht zwingend notwendig hingegen erscheint die neue Möglichkeit einer pflegerischen Grundausbildung an der Hochschule. Die Pflegeausbildung in Deutschland erfolgt bereits heute auf höchstem Niveau und hält ohne Weiteres auch einem Vergleich akademischer Ausbildungsgänge im Ausland stand.   

Das Pflegeberufsgesetz verfolgt gute Ansätze im Hinblick auf eine Modernisierung des Pflegeberufes. Die Abschaffung des Schulgeldes war lange überfällig. Kontrovers hingegen wird in Fachkreisen nach wie vor der generalistische Ansatz der Ausbildung gesehen. Kritiker sehen die Gefahr, dass der Pflegeberuf zukünftig zwar breit, aber in den einzelnen Bereichen (Alten-, Kranken- und Kinderpflege) weniger fachlich tief aufgestellt sein wird. Zudem wird befürchtet, dass generalistisch ausgebildete Fachkräfte zu oft der Altenpflege „den Rücken kehren“ und in die vermeintlich attraktiveren Bereiche der Kinder- und Krankenpflege abwandern. Ganz von der Hand zu weisen sind diese Befürchtungen natürlich nicht, aber die Politik hat sich klar festgelegt und zeigt bisher wenig Diskussionsbereitschaft. Das hat jüngst auch die entsprechende Fachanhörung der beiden beteiligten Ministerien (Bundesministerium für Gesundheit und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) gezeigt.

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