100 Jahre ersatzkasse magazin.

Verbandskommunikation im Wandel

104 Jahre ist der Verband der Ersatzkassen jung, und das bedeutet auch: 104 Jahre Verbandskommunikation. Denn schon immer war es eine zentrale Aufgabe des am 20. Mai 1912 gegründeten Verbandes Kaufmännischer Eingeschriebener Hilfskassen (Ersatzkassen), der heute Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) heißt, die Interessen und Positionen seiner Mitgliedskassen nach außen und innen zu tragen. Mit „Die Ersatzkasse“ (heute „ersatzkasse magazin.“) kam vier Jahre später ein wichtiger Eckpfeiler der Verbandskommunikation hinzu.

Der Anlass für die Gründung des Verbandes ist ein bis heute aktueller: Es ging um Kassenwettbewerb, insbesondere um die Rechte der so- genannten freien Hilfskassen bzw. Ersatzkassen gegenüber den staatlich gegründeten Primärkassen. Für die Arbeiter waren das die Ortskrankenkassen, die nach der Gründung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) am 15. Juni 1883 in ganz Deutschland aus dem Boden schossen. Schon bald zeigte sich, dass die vorhandenen Instrumente der Verbandskommunikation allein nicht ausreichten, um sich im Kampf gegen die Ortskrankenkassen und dem steigenden Druck des Staates zu behaupten. Ein Verbandsorgan wurde als notwendig erachtet. Und so erscheint im Oktober 1916 erstmalig die Verbandszeitschrift Die Ersatzkasse. In der ersten Ausgabe heißt es: „Mit der Zeitschrift soll auch nach außen hin die innere Geschlossenheit der kaufmännischen Ersatzkassen zum Ausdruck kommen, die gewillt sind, gemeinsam allen Stürmen zu trotzen und gemeinsam an die Lösungen heranzutreten, die der Krankenversicherung gestellt werden.“ Und man wolle „der planmäßigen Bekämpfung der Ersatzkassen entgegen- treten“.

Mitgliederbindungskommunikation und politische Kommunikation

Das kämpferische Wording, die journalistische Qualität und das Themenspektrum haben sich zwischenzeitlich geändert, doch die grundsätzlichen Motive für die Herausgabe eines Verbandsmagazins sind bis heute die gleichen. Es geht um Verbandskommunikation, und zwar nach innen im Sinne einer Mitgliederbindungskommunikation und um politische Kommunikation nach außen. Mitglieder, politische Entscheidungsträger, Vertragspartner, Presse und andere Multiplikatoren sollten und sollen regelmäßig mit Informationen über die Aktivitäten und Entscheidungen des Verbandes versorgt werden, der Bekanntheitskreis des Verbandes erhöht und das Image gefördert werden. Diese Funktionen nimmt die Verbandszeitschrift bis heute so wahr.

Vor allem im historischen Kontext betrachtet ist der Wert der Zeitschrift nicht zu unterschätzen. Denn die Möglichkeiten der Verbandsfunktionäre, mit ihren Mitgliedern, Entscheidungsträgern und Vertragspartnern zu kommunizieren bzw. die Botschaften in der Öffentlichkeit zu platzieren, waren begrenzt. Sie beschränkten sich auf persönliche Gespräche, Telefon, Versammlungen, Briefe und Zeitungen. Die erste Pressemitteilung des Verbandes erschien am 27. Februar 1959.

Radio und Fernsehen gab es zur Gründungszeit des Verbandes in Deutschland noch nicht, ganz zu schweigen von Internet, E-Mail und Mobiltelefon. Die Entscheidung, eine Verbandszeitschrift ins Leben zu rufen, kann deshalb auch als Stärke der Ersatzkassengemeinschaft und ihres Verbandes gewertet werden. Man hatte sich etabliert und trotz unterschiedlicher Interessen der damals noch sehr zahlreichen Mitgliedskassen brauchte man auch ein „Flaggschiff der Verbandskommunikation“. Die Ansprachen der jeweiligen Verbandsvorsitzenden und Geschäftsführer in der 100-jährigen Geschichte der Verbandszeitschrift unterstreichen das Er- starken der Ersatzkassengemeinschaft, das Selbstbewusstsein gegenüber der Politik und dem Staat, aber auch der stete Kampf um den Erhalt dieser Entscheidungsspielräume. Möglich war das in dieser Form sicher nur innerhalb eines politischen Systems mit demokratischer Grundordnung und einem Krankenversicherungssystem mit Recht auf Selbstverwaltung. Zur Zeit des Nationalsozialismus änderte sich dies bekanntlich massiv. Immerhin gelang es dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. (VdAK), seinen Rechtsstatus als eingeschriebener Verein beizubehalten, doch musste auch er sich mehr und mehr der nationalsozialistischen Staats- und Rassenideologie unterordnen. Auch „Die Ersatzkasse“ wird in dieser Zeit zum Propagandainstrument der Nazis miss- braucht. Mitte März 1943 wird sie vorläufig auf Anordnung des Präsidenten der Reichspressekammer aus kriegswirtschaftlichen Gründen ausgesetzt.

Das Gesundheitswesen wird immer komplexer

Auch nach dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg brauchte der Verband eine Verbandszeitschrift. Denn das Gesundheitswesen und die GKV wurden immer komplexer, es kamen immer mehr und neue Aufgaben auf die Ersatzkassen und ihren Verband zu, die erklärt und kommuniziert werden mussten. Neue Leistungen, wie etwa die Vorsorge und Rehabilitation, später auch die Prävention, wurden in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen. Mit der Pflegeversicherung entstand ein völlig neuer Sozialversicherungszweig, den die Krankenkassen aufzubauen und zu organisieren hatten. Die Finanzierungssystematik der GKV und die Organisationsstrukturen veränderten sich, zum Beispiel angesichts der Einführung des Finanzausgleichs (Risikostrukturausgleich), der Wahlfreiheit, des Gesundheitsfonds und der Zusatzbeiträge. Und in der Vertragspolitik mussten viele neue Anforderungen des Gesetzgebers, beispielsweise Regionalisierung des Vertragsgeschäfts und die integrierte Versorgung, umgesetzt werden. Die Frequenz der gesundheitspolitischen Gesetzgebung nahm im Laufe der Jahre erheblich zu. Auch die Themenpalette ist breiter geworden. Patientenorientierung wird zu einem Schlüsselwort in der Gesundheitskommunikation. Die Krankenkassen entwickeln sich vom „Payer zum Player“, sie wollen die medizinische Versorgung für die Versicherten gestalten statt verwalten. Aber auch gesellschaftliche Entwicklungen, wie etwa die Wiedervereinigung oder die zunehmende Europäisierung oder Globalisierung, beeinflussen die Arbeit des Verbandes bis heute.

Kommunikation: vielfältiger, schneller, kostengünstiger und professioneller

Die neuen Aufgaben bewirkten auch eine Professionalisierung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes. Die Zeiten sind lange vorbei, in denen der Geschäftsführer bzw. später der Schriftleiter des Verbandsmagazins gleichzeitig die Rolle des Pressesprechers innehatte. 1991 wurde die Pressestelle beim vdek gegründet und mit dem Bedeutungszuwachs der Medien in der Gesellschaft wuchs auch deren innerverbandliche Rolle. Damit einher ging selbstverständlich der rasante technologische Fortschritt, der die Politik, das Gesundheitswesen und die Medienlandschaft gleichermaßen erfasste. Kommunikation wird vielfältiger, schneller, kostengünstiger und professioneller. Insbesondere mit dem Internet stehen dem vdek ganz andere Kommunikationskanäle zur Verfügung, die sich ständig weiterentwickeln. Kommuniziert wird heute mehr- gleisig und crossmedial über das Internet und Intranet, es gibt neben „ersatzkasse magazin.“ weitere verschiedene Printprodukte, wie etwa Newsletter, Berichte zur Mitgliederversammlung, FAQs und "ersatzkassen reporte". Informiert und diskutiert wird unter anderem in Pressekonferenzen, Presseworkshops, Hintergrundgesprächen, gesundheitspolitischen Fachforen (vdek-Zukunftsforum und vdek-Zukunftspreis), Festveranstaltungen und Mitgliederversammlungen.

Mit diesem breiten Kommunikationsangebot und den zu- nehmenden Medienaktivitäten reagiert der Verband auf das sich verändernde Kommunikationsverhalten der Öffentlichkeit bzw. der Zielgruppen: Transparenz, Schnelligkeit, eine zielgruppengerechte Aufarbeitung und Interpretation der gesundheitspolitischen Fachthemen, Service- und Dialogorientierung – dies sind heute die Anforderungen an eine moderne Verbandskommunikation.

Die Rolle von „ersatzkasse magazin.“ heute

Trotz dieser oder gerade wegen dieser Entwicklungen hat die Verbandszeitschrift des vdek ihren Stellenwert in der Verbandskommunikation behalten bzw. sogar ausbauen können. Dabei haben sich das Design, die Inhalte, die journalistische Qualität und Vielfalt sowie der Vertrieb und die Erscheinungsweise deutlich verändert. Die größte Umgestaltung fand im Spätsommer 2010 statt, nicht zuletzt als Reaktion auf die Organisationsreform der GKV im Jahr 2009 und den damit verbundenen Neuzuschnitt bzw. die Neuorientierung des Verbandes (aus VdAK wird vdek) und den Umzug des Verbandes von Siegburg nach Berlin. Aus einer Zeitschrift mit reinen Fachbeiträgen wurde ein breiter aufgestelltes Fachmagazin, das durchaus auch „kioskfähig“2 ist. Es geht um die Vermittlung von gesundheitspolitischer Spezialexpertise, gleichzeitig will die Zeitschrift Meinungsvielfalt und Offenheit demonstrieren. Und natürlich auch ein bisschen Spaß machen. Ob das immer gelingt, das entscheiden die Leser.

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