Selbstzahlerleistungen

Fünf Jahre IGeL-Monitor

Illustration: Wissenschaftler vor einem Bildschirm

Weil Kassen knauserig sind und ihren Versicherten wichtige Leistungen vorenthalten, müssen Ärzte in die Bresche springen und diese Leistungen auf Privatrechnung anbieten. So zumindest vermarkten viele Ärzte ihre Individuellen Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Aber stimmt der Vorwurf? Der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) gibt Antwort.

Seit inzwischen fünf Jahren bewertet das Team des IGeL-Monitors Nutzen und Schaden Individueller Gesundheitsleistungen und stellt die Bewertungen kostenfrei und allgemeinverständlich ins Netz. Entscheidend für den Erfolg des IGeL-Monitors ist der hohe wissenschaftliche Standard, mit dem die Leistungen bewertet werden. Denn selbst dann, wenn der IGeL-Monitor den ärztlichen Fachgesellschaften widerspricht, wie etwa beim „tendenziell negativ“ für die Glaukomvorsorge, hielten die Bewertungen der Kritik aus der Ärzteschaft stand.

Der manchmal von Ärzten geäußerte Verdacht, der IGeL-Monitor picke sich gezielt die schlechten IGeL heraus, ist haltlos: Von den 41 bislang bewerteten IGeL sah das Team des IGeL-Monitors in neun Fällen Hinweise oder gar Belege für einen Nutzen. Drei dieser IGeL bekamen am Ende die Bewertung „tendenziell positiv“. Eine davon, die Bewertung der Stoßwellentherapie beim Fersenschmerz, veranlasste den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen. Bei drei der IGeL, für die ein Nutzen gesehen wurde, wogen die möglichen Schäden den Nutzen auf, wie etwa beim Ultraschall der  Brust zur Krebsfrüherkennung, was zum Ergebnis „unklar“ führte. Bei weiteren drei IGeL fielen die Schäden noch stärker ins Gewicht, wie etwa bei der operativen Behandlung des Schnarchens, sodass die Gesamtbewertung dann auf ein „tendenziell negativ“ hinauslief.

Insgesamt haben die Bewertungen jedoch eine deutliche Schlagseite ins Negative: Keine IGeL bekam bislang die Bewertung „positiv“, drei waren „tendenziell positiv“, 15 „unklar“, 17 „tendenziell negativ" und vier „negativ“. Zwei Bewertungen wurden vorübergehend vom Netz genommen, weil sie neu erstellt werden. Da notwendige Leistungen von den Kassen übernommen werden sollen, darf einen diese Schlagseite allerdings nicht verwundern.

Die Ärzteschaft steht dem IGeL-Monitor keineswegs nur ablehnend gegenüber. Kürzlich rief ein Allgemeinarzt an, um auf eine be- stimmte IGeL hinzuweisen. Er wollte wissen, wie der IGeL-Monitor die IGeL bewertet, und er wollte diese Informationen gerne an seine Patienten weitergeben. Weitere Beispiele für eine positive Haltung von Ärzten lieferte die Evaluation des IGeL-Monitors, die im Sommer vergangenen Jahres vorgestellt wurde. Die Markforschungsagentur aserto hatte im Auftrag des MDS in einer qualitativen Befragung zehn Fachleute interviewt, die selbst Patienten beraten und dabei auch den IGeL-Monitor verwenden. Ein Experte sagte: „Für uns Anwender ist das eine anerkannt zitierfähige Grundlage."

Die positive Einschätzung wird von den Versicherten geteilt. In einem quantitativen Arm der Evaluation, in dem gut 2.000 GKV-Versicherte im Alter zwischen 30 und 69 Jahren befragt wurden, gaben 76 Prozent der Befragten an, dass sie die Seite für glaubwürdig halten. Das schlägt sich auch in den Nutzerzahlen nieder: Täglich verzeichnet die Webseite rund 2.000 Besucher, und ein bis zwei Nutzer nehmen mit dem IGeL-Monitor direkt Kontakt auf. Da Patienteninformationen ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie wahrgenommen werden, ist neben der wissenschaftlichen Seriosität auch die Medienpräsenz ausschlaggebend für den Erfolg des IGeL-Monitors. Die regelmäßigen Pressekonferenzen in Berlin sind gut besucht und führen jedes Mal zu dutzenden Beiträgen in den Medien. Auch unabhängig von den Pressekonferenzen ist die Medienpräsenz des IGeL-Monitors sehr gut:

  • Nahezu jeder Beitrag, in dem es um Nutzen und Schaden von IGeL geht, verweist inzwischen auf den IGeL-Monitor als Quelle für fundierte Informationen.
  • Manche Medien drucken die Bewertungen direkt ab, wie etwa die Bild-Zeitung im Juli vergangenen Jahres.
  • Die Verbraucherzentrale NRW übernahm in ihrem Buch „IGeL-Angebote beim Arzt“ die Bewertungen des IGeL-Monitors.
  • Mitarbeiter des IGeL-Teams sind häufige Gesprächspartner in allen Medien-Sparten.

Um Journalisten über das Tagesgeschäft hinaus einen intensiven Einblick in seine Arbeitsweise zu geben, veranstaltete der IGeL-Monitor im April vergangenen Jahres in den Räumen des MDS in Essen ein zweitägiges Presseseminar. Vertreter von Ärztezeitung, Ärzteblatt, Stern, Focus, ZDF, WDR und anderen Medien nutzten die Gelegenheit, sich vor Ort zu informieren und mit dem IGeL-Team sowie mit externen Experten der Ärztekammer Nordrhein, der Verbraucherzentrale NRW und dem Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse zu diskutieren.

Zum fünfjährigen Bestehen des IGeL-Monitors bekam der Internetauftritt eine neue Optik, eine neue Struktur und eine neue Programmierung. Dafür wurden verschiedene Anregungen aufgenommen: die Ergebnisse der Evaluation, die Zuschriften der Nutzer, die Ideen der Agentur TWT Reality Bytes aus Köln, die das Projekt umgesetzt hat, und natürlich auch die Ideen des IGeL-Teams. Das Design ist jetzt deutlich grafischer, Schriften, Farbklima und Logo sind neu, das schlankere Layout wirkt zeitgemäßer, und es passt sich an verschiedene Fenstergrößen an. Im Zentrum der Startseite steht nun die Frage „Welche IGeL suchen Sie?“. Damit rücken die IGeL-Bewertungen noch mehr in den Mittelpunkt – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Dank der Neuprogrammierung lässt sich die Homepage auch auf Mobilgeräten gut darstellen, weshalb sich eine App erübrigt. Nutzer brauchen jetzt zwar einen Internetzugang, wenn sie sich über eine IGeL informieren wollen, aber dafür fällt das Entwickeln und Pflegen der App weg, was erhebliche Ressourcen einspart.

Wie soll es weitergehen mit dem IGeL-Monitor? Die Versicherten haben dazu in der Evaluation ein klares Votum abgegeben: 79 Prozent der Befragten wünschen sich weitere Bewertungen. Die Wunschliste ist bereits lang: In 368 der 494 persönlichen Anfragen an den IGeL-Monitor im Jahr 2016 ging es um noch nicht bewertete IGeL.

www.igel-monitor.de

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