Entlassmanagement

Was bedeutet der Rahmenvertrag für die Krankenhäuser?

Grafik: Entlassmanagement im Krankenhaus

Wenn ein Patient ins Krankenhaus geht, muss er irgendwann das Haus auch wieder verlassen. Häufig ist es aber leider der Fall, dass er nicht in dem gesundheitlichen Zustand das Haus verlassen kann, wie er reingekommen ist. Dann muss einiges organisiert werden, ein Entlassmanagement ist nötig. Das Thema Entlassmanagement ist dabei kein neues – seitdem es Krankenhäuser gibt, gibt es das Problem der Überleitung. Aber durch die ständigen Anpassungen an gesetzliche Rahmenbedingungen, die demografische Entwicklung und die medizinische Weiterentwicklung nimmt dieses Thema ständig an Bedeutung zu. Deshalb müssen wir, die für diese Prozesse verantwortlich sind, auch unsere Prozesse in den Krankenhäusern neu anpassen und optimieren.

Der Rahmenvertrag tritt zum 1. Oktober 2017 in Kraft und bringt einige Neuerungen mit sich. Der Patient und seine Bedürfnisse stehen im Zentrum der Bemühungen und er hat einen Anspruch auf ein Entlassmanagement durch das Krankenhaus im Rahmen seiner Behandlung. Dabei geht es vor allem um eine bedarfsgerechte, kontinuierliche Versorgung der Patienten im unmittelbaren Anschluss an die Krankenhausbehandlung; eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch der Schritt einer Konkretisierung des Entlassmanagements durch den Gesetzgeber ist notwendig zur Stärkung der Patientenrechte. Alle Krankenhäuser müssen Naseer Khan Leiter Zentrales Patientenmanagement des Universitätsklinikums Frankfurt ihre Prozesse nun gemäß des Rahmenvertrags standardisieren. Dabei sind die Krankenhäuser aktuell unterschiedlich organisiert. Es gibt Häuser, die bis jetzt in dieser Thematik nicht viel investiert haben, aber wir finden auch Krankenhäuser, wo diese Prozesse sehr optimal laufen. Auch wenn die Krankenhäuser unterschiedlich organisiert sind, stößt man in den Abläufen der Krankenhäuser zum Thema Entlassmanagement aber immer wieder auf die gleichen Probleme.  

Der Versorgungsprozess in einem Krankenhaus beginnt mit der ersten Anfrage, die an das Krankenhaus gestellt wird, und der Prozess geht über die Koordination bis zur Evaluation der Weiterversorgung. Ein großes Problem dabei besteht in der zu späten Einschaltung des Sozialdienstes. Der Sozialdienst wird in der Regel erst dann eingeschaltet, wenn die Entlassung feststeht. Wir kennen es aus der Praxis: Der Arzt informiert den Patienten bei der Visite, dass er jetzt entlassen werden kann, daraufhin reagiert der Patient sehr aufgeregt und beklagt sich über eine fehlende Unterstützung zu Hause. Der Arzt schaltet nun den Sozialdienst ein, welcher diesen Fall übernehmen und die Unterstützung organisieren soll. Das bedeutet, der Patient könnte eigentlich in diesem Moment entlassen werden, bleibt aber stationär, bis der Sozialdienst für ihn die Weiterversorgung organisieren konnte.

Ein weiteres Problem findet man beim Thema Dokumentation. Jede Berufsgruppe dokumentiert aus eigenem Berufsverständnis heraus und in der Regel für den eigenen Bedarf. Hier fehlt die Transparenz der Dokumentation gegenüber anderen Berufsgruppen. Darüber hinaus fehlt in den Krankenhäusern häufig ein zentraler Ansprechpartner für den gesamten Entlassungsprozess. Der Sozialdienst ist vor allem für das Entlassmanagement zuständig, aber aufgrund der fehlenden Nähe zu den Stationen ohne unmittelbare Ansprechbarkeit auf der Stationsebene.

Das Universitätsklinikum Frankfurt hat vor sechs Jahren damit begonnen, das Entlassmanagement zu optimieren. Es wurde bereits damals erkannt, dass das Entlassmanagement nicht allein vom Sozialdienst zu stemmen ist, sondern ein multiprofessionelles Team braucht, welches im Interesse der Patienten handelt, genau wie dies jetzt auch vom Gesetzgeber gefordert wird. Das Entlassmanagement kann nicht erst dann beginnen, wenn die Entlassung im Raum steht, sondern dieser Prozess muss sogar vor der Aufnahme beginnen. Auch wurde deutlich, dass neue IT-­Instrumente benötigt werden, die auf die Bedürfnisse des Universitätsklinikums Frankfurt angepasst entwickelt und umgesetzt wurden. Dabei wurden nicht nur Prozesse neu definiert, sondern auch neue Strukturen geschaffen, die notwendig waren, um diese neu definierten Prozesse nachhaltig zu implementieren. Die neu gegründete Stabsstelle des Vorstandes „Zentrales Patientenmanagement“ im Universitätsklinikum Frankfurt besteht aus drei Abteilungen – Stationäres   Aufnahmemanagement, Case Manage ment und Sozialdienst –, die zusammen als ein Team agieren.

Der Entlassprozess beginnt mit der ersten Anfrage, die ins Haus kommt, das stationäre Aufnahmemanagement sammelt in diesem Moment bereits alle notwendigen Vorabinformationen für das Entlassmanagement. Das Case Management prüft innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme des Patienten, ob der Patient bereits an dieser Stelle einen Bedarf an Weiterversorgung hat oder nicht. Dabei bezieht er die Vorabinformationen vom stationären Aufnahmemanagement ein, holt weitere notwendige Informationen von anderen Berufsgruppen und macht sich selbst ein Bild vom Patienten. Sobald ein Bedarf während des Aufenthalts des Patienten erkannt wird, wird sofort vom Case Management der Sozialdienst eingeschaltet. Der Sozialdienst kümmert sich um die Koordination der Weiterversorgung. Um diesen gesamten Prozess optimal ablaufen zu lassen, legen die selbst entwickelten IT­-Instrumente innerhalb des Krankenhausinformationssystems (KIS) Standards fest und machen die Dokumentation transparenter. Dies war auch notwendig, um eine reibungslose Kommunikation innerhalb der drei Abteilungen herzustellen. Auch die Zuordnung aller drei Abteilungen zu einer Stabsstelle sorgt für einen optimalen Ressourceneinsatz und für eine gute Zusammenarbeit.

Durch die umfangreiche Umstrukturierung der Prozesse vor sechs Jahren kann das Universitätsklinikum Frankfurt gelassen die meisten Änderungen durch die Umsetzung des Rahmenvertrages zum 1. Oktober 2017 abwarten. Die Punkte „Arzneimittelverordnungen“ und „Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit“ bei Entlassung sind aber auch für das Universitätsklinikum Frankfurt komplett neue Themen. Hier sind klare Vorgaben im Rahmenvertrag definiert, welche die Krankenhäuser umsetzen müssen. Das ist ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand, was für die Krankenhäuser eine große Herausforderung darstellt. Zudem sehen sie dabei keine finanzielle Unterstützung, hier sind Krankenhäuser allein gelassen.

Der Rahmenvertrag ist ein wichtiger und richtiger Schritt im Gesundheitssystem. Die Patientenrechte sind stark berücksichtigt und die Krankenhäuser sind angehalten, ihre Entlassprozesse zu optimieren. Dies wird als Nebeneffekt für die Krankenhäuser in Zeiten der Diagnosis Related Groups (DRG) auch eine Verweildaueroptimierung mit sich bringen, welche wirtschaftlich positive Ergebnisse bringen kann, wenn man diese Ressourcen optimal nutzt. Aber der Rahmenvertrag sorgt für einen sehr bürokratischen Aufwand und dieser bedarf mehr personeller Ressourcen. Deshalb ist hier eine finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser mehr als notwendig.

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