Innovationsausschuss

117 Projekte am Start

Wie können die sektorale Trennung der Gesundheitsversorgung in Deutschland überwunden und den Schnittstellen die Abläufe verbessert werden? Wie kann man innovative Ansätze unter den aktuellen Bedingungen zeitbefristet erproben? Verbessern die Gesundheitsversorgung und sind sie für die Versorgung geeignet? Um auf diese Fragen Antworten zu finden, hat der Gesetzgeber 2015 den Innovationsfonds aufgelegt. Mit 300 Millionen Euro jährlich fördert er seit 2016 innovative neue Versorgungsformen und Projekte der Versorgungsforschung. Für die Mittelverteilung ist der Innovationsausschuss nach § 92b SGB V beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G­BA) zuständig. Seit Januar 2016 setzt er das ehrgeizige Projekt um. Ein Zwischenstand.

Mit dem GKV-­Versorgungsstärkungsgesetz bekam der G­BA den Auftrag, neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen, und Versorgungsforschungsprojekte, die sich auf die wissenschaftliche Untersuchung der Versorgung des Einzelnen und der Bevölkerung beziehen, zu fördern. Über einen Zeitraum von vier Jahren (von 2016 bis 2019) stehen dafür im Innovationsfonds Fördermittel in Höhe von 300 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Hierbei sind 225 Millionen Euro für die Förderung neuer Versorgungsformen und 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung vorgesehen. Der seit 2016 beim G­BA eingerichtete Innovationsausschuss legt in Förderbekanntmachungen die Schwerpunkte und Kriterien für die Förderung fest, führt Interessenbekundungsverfahren durch und entscheidet über die eingegangenen Anträge. Koordiniert wird seine Arbeit durch die Geschäftsstelle des Innovationsausschusses in Berlin. Ein Expertenbeirat unterstützt den Ausschuss bei seiner Arbeit. Ist entschieden, welche Projekte gefördert werden sollen, übernimmt das Deutsche Zentrum für Luft­ und Raumfahrt e. V. (DLR) als Projektträger die weitere Abwicklung der Fördermaßnahme. Das DLR wurde nach einer entsprechenden Ausschreibung vom Innovationsausschuss als Projektträger eingesetzt.  

Ziele und Voraussetzungen

Der Innovationsfonds soll es ermöglichen, innovative Versorgungskonzepte in einem überschaubaren Rahmen in der Praxis zu erproben. Gefördert werden Projekte, die über die Regelversorgung hinausgehen und dazu beitragen, die Trennung der Sektoren zu überwinden oder an Schnittstellen zu optimieren. Voraussetzung für eine Förderung ist die Bewerbung auf eine Förderbekanntmachung und das Erfüllen der dort festgelegten Anforderungen und Kriterien. Unabdingbar ist immer ein schlüssiges Konzept für eine externe Evaluation. Nur so können am Ende valide Erkenntnisse generiert werden, die der G­BA zur Ausgestaltung seiner Richtlinien nutzen kann oder die dem Gesetzgeber als Grundlage für strukturelle Veränderungen des gesetzlichen Rahmens dienen können.

Doch es gibt noch weitere Voraussetzungen, die eingereichte Vorhaben erfüllen müssen. Zentral ist, dass sie in den rechtlichen Rahmen des SGB V fallen, also im Kern den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betreffen. Anträge zu neuen Versorgungsformen sollten sich darüber hinaus auf selektivvertragliche Kooperationen stützen, was in der Regel die Beteiligung einer Krankenkasse erfordert. Auch Kooperationen mit Partnern außerhalb der GKV sind möglich. Erste Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Zahl der beteiligten Konsortialpartner mit Blick auf die praktische Umsetzbarkeit des Projektes nicht zu groß sein sollte.   

Die zur Versorgungsforschung eingereichten wissenschaftlichen Projekte müssen auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung ausgerichtet sein. Nicht förderungsfähig sind jedoch Produktinnovationen, Grundlagenforschung (wie zum Beispiel die Genomsequenzierung) oder Kovilianzstudien, Studien im Kontext eines Konformitätsbewertungsverfahrens für Medizinprodukte, Studien zur frühen Nutzenbewertung, Projekte, die sich bereits in der Umsetzungsphase befinden oder die bei Antragstellung bereits aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden.

Immenses Antragsvolumen

Im Jahr 2016 führte der Innovationsausschuss zwei Förderausschreibungen für neue Versorgungsformen und eine Förderwelle für die Versorgungsforschung durch. Das Interesse der Fachwelt war immens. Insgesamt knapp 700 Anträge mit einem Gesamtantragsvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro gingen 2016 in der Geschäftsstelle des Innovationsausschusses ein. Dies überstieg die tatsächlich in 2016 zu vergebende Fördersumme von 300 Millionen Euro um ein Vielfaches. Nur in einem enormen Kraftakt aller Beteiligten konnte es gelingen, dieses Antragsvolumen im gebotenen Zeitfenster zu sichten und hierzu Entscheidungen zu fällen. Aufgabe war es, bis Jahresende alle Vorbescheide zu versenden, um die Projekte baldmöglichst an den Start zu bringen. Dazu gehörte es auch, das beantragte Projektvolumen fachlich einzuschätzen. Teilweise waren hoch dimensionierte Personal­ und Mittelforderungen eingereicht worden, die einer näheren Prüfung nicht standhielten. Nahezu alle positiv bewerteten Projekte wurden deshalb mit Auflagen versehen und über Mittelkürzungen auf ein realistisches Format heruntergefahren.   

Im Ergebnis hat der Innovationsausschuss im Jahr 2016 die Förderung von insgesamt 29 Projekten zu neuen Versorgungsformen und 62 zur Versorgungsforschung beschließen können. Die Förderung weiterer 26 Projekte zu den neuen Versorgungsformen aus der zweiten Förderwelle wurde Anfang 2017 beschlossen. Damit sind nun 117 geförderte Projekte am Start. Es konnte dabei eine ausgewogene Verteilung auf alle ausgeschriebenen Themenfelder erreicht werden. Die seit 2016 laufenden Projekte sind mit einer Kurzbeschreibung unter Nennung der zentralen Ansprechpartner und der beteiligten Projektpartner auf der Internetseite des Innovationsausschusses veröffentlicht.

Ausblick

Derzeit ist der Innovationsausschuss mit der Auswertung der insgesamt 228 Anträge aus der aktuellen Förderwelle des Jahres 2017 befasst. Ausgeschrieben waren themenoffene Projekte zu neuen Versorgungsformen, zur Versorgungsforschung sowie Forschungsprojekte zur Evaluation von Selektivverträgen. Das Antragsvolumen beträgt eine knappe halbe Milliarde Euro. Voraussichtlich im Oktober/November 2017 wird der Innovationsausschuss hierzu entscheiden. Für das zweite Halbjahr 2017 ist die Veröffentlichung einer weiteren, dann themenspezifischen Förderwelle geplant. Viele Anträge haben erfreulicherweise gezeigt, dass es ein enormes Innovationspotenzial im System gibt, das gehoben werden kann. Über eine Verstetigung des Innovationsfonds muss die Politik entscheiden – sinnvoll wäre ein langjähriges Engagement, wenn auch mit geringerem Fördervolumen.

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