Kommentar

Pflege ist kein Spekulationsobjekt

Wer im Internet die Suchbegriffe „Pflegeheim“ und „Investment“ eingibt, bekommt als Antwort Tausende von Seiten. Anbieter versprechen Geldanlagen mit hoher Sicherheit und Top-Renditen. „Profitieren Sie vom demografischen Wandel und investieren Sie in eine sorgenfreie Zukunft“ – so heißt es auf einer Seite, die Pflegeimmobilien anpreist.

Es geht um viel Geld. Jährlich werden insgesamt rund 35 Milliarden Euro in der stationären und ambulanten Pflege ausgegeben. Der Markt wächst beständig, denn wegen der Alterung der Gesellschaft steigt die Zahl der Pflegebedürftigen. Das weckt Begehrlichkeiten. Immer mehr private Unternehmen drängen in diese Branche. Mit einem Anteil von 65 Prozent dominieren sie bereits die ambulante Pflege, bei Pflegeheimen liegt der Anteil bei 42 Prozent.

Das war und ist noch immer politisch gewollt. Zwar schreibt das Sozialgesetzbuch eine Trägervielfalt vor, doch Private werden per Vorrangklausel gegenüber der öffentlichen Hand bevorzugt. Das hat Folgen: Nur vier Prozent der Altenheime werden von kommunalen Trägern betrieben.

Als die Pflegeversicherung 1995 eingeführt wurde, machte die Vorrangklausel Sinn: Damals ging es darum, flächendeckend ein funktionierendes Pflegesystem aufzubauen. Das ging nicht ohne das Engagement mittelständischer Unternehmen. Doch inzwischen hat sich die Lage geändert: Internationale Großkonzerne sowie global tätige Finanz- und Immobilieninvestoren haben auf der Suche nach hochprofitablen Anlagemöglichkeiten deutsche Pflegeeinrichtungen entdeckt. Die übernommenen Einrichtungen werden auf Rendite getrimmt und schon nach wenigen Jahren mit Gewinn verkauft – auf Kosten von Beschäftigen und Pflegebedürftigen.

Das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen. Doch die Politik hat die Pflicht, endlich einzugreifen: Zum einen muss sie den privaten Pflegemarkt stärker kontrollieren und regulieren. Zum anderen sollte sie den Aufbau kommunaler Pflegeeinrichtungen gezielt unterstützen.

Die Pflege ist öffentliche Daseinsvorsorge, kein Rendite- oder Spekulationsobjekt.

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