Fachkräftemangel

Pflegekräfte aus Nicht-EU-Staaten gewinnen an Bedeutung

Die Suche nach Pflegekräften im Ausland nimmt anlässlich des Pflegeengpasses Fahrt auf. Zu diesem Zweck hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) zusammen mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Programm Triple Win aufgelegt. Es bereitet qualifiziertes Pflegepersonal in Nicht-EU-Ländern auf eine Beschäftigung in Deutschland vor und übernimmt die Vermittlung zu hiesigen Arbeitgebern. 

Der Fachkräftemangel macht sich vor allem in der Pflege bemerkbar. Im April 2019 verzeichnete die BA 11.700 gemeldete offene Stellen für Gesundheits- und Krankenpfleger inklusive Fachkrankenpflege, auf die 3.900 arbeitslose Bewerberinnen und Bewerber kamen. In der Altenpflege ist die Lage noch dramatischer. Hier kamen auf 15.000 offene Stellen nur 3.000 arbeitslose Fachkräfte. 

Die BA ist vielfältig aktiv, neue Bewerbergruppen zu erschließen. Verstärkt wird die Ausbildung von Pflegehelfern beworben. Und Pflegehelfer können sich mit einer Weiterbildung zum Pfleger neue Berufsmöglichkeiten erschließen und damit gleichzeitig neue Perspektiven für die Arbeitgeber schaffen. Neben Ausbildung und Weiterqualifizierung von Pflegehelfern kann die Personalsuche im Ausland ein Baustein sein, Personallücken zu füllen. Um Krankenhäuser, Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen dabei zu unterstützen, Personal aus dem Ausland einzustellen, hat die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der BA 2013 gemeinsam mit der GIZ das Programm Triple Win ins Leben gerufen. Triple Win sucht in ausgewählten Nicht-EU-Ländern nach qualifizierten Pflegekräften, bereitet diese sprachlich und fachlich auf eine Beschäftigung in Deutschland vor und bringt sie mit suchenden Einrichtungen zusammen. 

Screenshot: Triple Win, PC-Bildschirm mit Ansicht auf die Webseite

Bereits 3.000 Pflegekräfte vermittelt 

Die Auswahl der Zusammenarbeitsländer erfolgt anhand mehrerer Kriterien: Sie dürfen nach den Maßstäben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) selbst keinen Mangel an Pflegekräften haben, und die Herkunftsländer müssen ihr Einverständnis zur Personalrekrutierung in einem bilateralen Abkommen mit Deutschland erklären. Und schließlich muss die Pflegeausbildung in dem jeweiligen Land mit der in Deutschland vergleichbar sein, um die notwendige Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses zu ermöglichen. Die Vermittlungsabsprachen und regelmäßige bilaterale Konsultationen zwischen den Partnern sorgen für Transparenz. 

Aktuell kommen durch Triple Win Pflegekräfte aus Bosnien und Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien nach Deutschland. Von den bisher vermittelten knapp 3.000 Pflegekräften stammt etwas über die Hälfte von den Philippinen – ihr Anteil hat seit Programmbeginn stetig zugenommen. In der Vergangenheit konnte eine Vielzahl von gut ausgebildeten Pflegekräften innerhalb der EU gewonnen werden. In Zukunft wird die Suche über die EU-Grenzen hinaus immer wichtiger, denn fast alle Staaten der Gemeinschaft sehen sich mit derselben demografischen Entwicklung konfrontiert wie Deutschland. Auf der einen Seite schrumpft dadurch das Bewerberpotenzial. Selbst in den südlichen und östlichen EU-Ländern, in denen im Zuge der Wirtschaftskrise vor allem junge Leute lange keine Stellen fanden und ins Ausland gingen, ist das Bewerberinteresse aufgrund der sich verbessernden Arbeitsmarktlage mittlerweile rückläufig. Gleichzeitig verknappt der demografische Wandel in der gesamten EU nicht nur die Zahl der Bewerber, sondern es erhöht sich auch die Nachfrage, vor allem in der Altenpflege. Mittlerweile suchen Länder wie beispielsweise Polen selbst Pflegekräfte.

Grafik: Integrationen Triple Win

Sprachliche und fachliche Vorbereitung wichtig 

Gerade die Rekrutierung von Pflegekräften aus weiter entfernten Kulturkreisen erfordert - neben den formalen Aspekten der Aufenthaltsgenehmigung und der Berufsanerkennung - auch eine gründliche sprachliche und fachliche Vorbereitung, um sich erfolgreich in die Arbeitswelt in Deutschland zu integrieren. Genau hier setzt das Programm Triple Win an. Mehrmals im Jahr führen die Vermittler des Teams Triple Win Auswahlgespräche in den Partnerländern und überzeugen sich vor Ort von der Eignung der Bewerberinnen und Bewerber, die bereits über eine abgeschlossene Ausbildung und in der Regel auch Berufserfahrung verfügen. Bei Aufnahme in das Programm werden sie anschließend in ihrem Heimatland sprachlich und fachlich auf ihre neue Tätigkeit vorbereitet. Am Ende dieser mehrmonatigen Phase müssen sie Deutschkenntnisse auf B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens vorweisen. 

Die fachliche Vorbereitung durch Triple Win umfasst Pflegeplanung und Methodik, Aufgabenportfolio und Kompetenzen einer Pflegekraft in Deutschland. Wichtig ist für die Bewerber, die Unterschiede zu dem Berufsbild im Heimatland der Pflegekräfte zu kennen. Denn während in Deutschland der Beruf des Kranken- sowie Altenpflegers ein Ausbildungsberuf ist, beenden die meisten Gesundheits- und Krankenpfleger im Ausland ihre Ausbildung mit einem Bachelor-Abschluss. Hinzu kommt, dass es die Ausbildung zum Altenpfleger in den meisten anderen Ländern gar nicht gibt. Mit den unterschiedlichen Ausbildungen gehen auch unterschiedliche Aufgaben und Kompetenzen einher. Auf den Philippinen beispielsweise sind die Pflegekräfte ausschließlich mit der medizinischen Versorgung der Patienten betraut und übernehmen damit Aufgaben, die hier zum Teil die Ärzte erledigen. Die Grundversorgung der Patienten dagegen – also waschen oder die Nahrungsversorgung – ist dort Aufgabe der Familien. 

Triple Win unterstützt die Pflegekräfte auch bei der Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung in der jeweiligen Visastelle ihres Landes, in der Regel der deutschen Botschaft. Nach der Einreise arbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst als Pflegehilfskräfte, bis ihr ausländischer Berufsabschluss anerkannt ist – höchstens jedoch für die Dauer von einem Jahr. Die weiteren Sprachkenntnisse bis zum B2-Niveau, das für die Berufsanerkennung in den meisten Bundesländern notwendig ist, erwerben sie parallel in berufsbegleitenden Aufbaukursen. 

Unterstützung für Arbeitgeber 

Auch die Arbeitgeber erhalten Unterstützung durch das Triple Win-Team, etwa im Prozess des Berufsanerkennungsverfahrens oder bei der Integration der internationalen Pflegekräfte in das neue Arbeitsumfeld. Um die Kosten der Vorbereitung sowie der Integrationsbegleitung zu decken, entrichten die Arbeitgeber bei Abschluss eines Arbeitsvertrages eine Dienstleistungsgebühr von derzeit 5.500 Euro einschließlich Umsatzsteuer pro vermittelter Pflegekraft an die GIZ. Die Vermittlungstätigkeit durch die ZAV ist für Arbeitgeber wie für Bewerberinnen und Bewerber kostenfrei.

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