Forsa-Umfrage

Wie bewerten Versicherte die Krankenhausversorgung?

Anlässlich des dringend notwendigen Krankenhausstrukturwandels hat der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) eine Forsa-Umfrage zur Krankenhausversorgung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass die niedergelassenen Haus- und Fachärzte eine herausragende Stellung bei der Steuerung der Patienten und der Wahl eines Krankenhauses haben. Deutlich wird auch, dass die Menschen bereit sind, für eine gute Versorgung längere Fahrzeiten zu einem spezialisierten Krankenhaus in Kauf zu nehmen.

vdek-Neujahrspressekonferenz 2020 - Dr. Jörg Meyers-Middendorf - Abteilungsleiter Politik/Selbstverwaltung vdek, Uwe Klemens - Verbandsvorsitzender vdek, Ulrike Elsner - Vorstandsvorsitzende vdek, Michaela Gottfried - Pressesprecherin und Abteilungsleiterin Kommunikation vdek (v.l.n.r.)

Dass ein Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft eingeleitet werden muss, ist unter Experten nahezu unumstritten, doch wie erleben die Versicherten die Krankenhausversorgung, was läuft gut und was muss in ihren Augen dringend verbessert werden? Das hat der vdek wissen wollen, bevor er in einer Pressekonferenz im Januar 2020 in Berlin seine politischen Forderungen zur Krankenhausreform vorstellte.

Für die Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1.001 gesetzlich Krankenversicherte im November und Dezember 2019 nach ihren Erwartungen und Eindrücken rund um die Versorgung im Krankenhaus befragt. Die Ergebnisse der Umfrage stützen in vielerlei Hinsicht die Reformvorschläge des vdek. So forderte vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner die Politik auf der Pressekonferenz auf, 2020 rasch strukturelle Reformen im Krankenhausbereich auf den Weg zu bringen: „Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Spezialisierung der Medizin brauchen wir dringend einen Konzentrations- und Spezialisierungsprozess. Dieser muss in den Ballungsgebieten zu größeren aber weniger Standorten führen. In ländlichen Regionen müssen kleinere Krankenhäuser zur ambulant-stationären Basisversorgung umgewidmet werden.“ Denn es sei in Anbetracht knapper Personalressourcen und knapper finanzieller Mittel nicht sinnvoll, an jedem der rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland hochspezialisierte Krankenhausstrukturen vorzuhalten. Diese seien dann entweder nicht ausgelastet oder die Versorgung werde gefährdet durch unnötige Operationen, nicht ausreichende Qualität oder Fehlversorgung.

Die Forsa-Ergebnisse im Einzelnen

Die Umfrage zeigt, dass die Menschen die Qualität der Krankenhäuser im Allgemeinen überwiegend positiv einschätzen. 61 Prozent der Befragten sagen, die Versorgung sei qualitativ sehr gut oder eher gut, 30 Prozent sprechen von mittelmäßig und sechs Prozent von eher schlecht bzw. sehr schlecht. Ein Großteil der Befragten, die in den letzten zehn Jahren selbst im Krankenhaus behandelt wurden, bewertete diesen Aufenthalt positiv: 56 Prozent waren sehr zufrieden, 38 Prozent eher zufrieden. Fünf Prozent waren eher unzufrieden und nur ein Prozent sehr unzufrieden (Abb. 1).

Grafik: Qualität der Krankenhäuser in Deutschland

Dass die Mehrheit der Krankenhausversorgung eine hohe Qualität bescheinigt, ist zunächst eine gute Nachricht und kann als Wertschätzung für die Ärzte, Pflegekräfte und für unser Gesundheitssystem verstanden werden.

Qualitätsunterschiede zwischen den Krankenhäusern

Doch trotz dieser allgemeinen positiven Bewertung nehmen die Patienten wahr, dass es Qualitätsunterschiede zwischen den Krankenhäusern gibt. Die qualitativen Unterschiede schätzen 26 Prozent als sehr groß, 43 Prozent als eher groß, 24 Prozent als eher gering und zwei Prozent als so gut wie nicht vorhanden ein. Auch stimmen die Befragten der Aussage zu, dass es vorkommt, dass aus medizinischer Sicht unnötige Operationen durchgeführt werden. So sagen hier 37 Prozent, dass so etwas häufig vorkommt, 36 Prozent, dass es manchmal vorkommt und 19 Prozent sagen selten oder nie (Abb. 2). Die Fehlversorgung wird also in der Bevölkerung als Problem wahrgenommen.

Grafik: Unterschiede in der Versorgungsqualität

Niedergelassene Ärzte als Informationsquelle

Bei der Wahl eines Krankenhauses wird deutlich, dass ein Großteil der Versicherten vor allem auf niedergelassene Ärzte als Informationsquelle setzt. 93 Prozent gaben an, dass sie sich bei einer anstehenden Operation bei Haus- und Fachärzten informieren würden. 77 Prozent sprächen mit Angehörigen, Freunden oder Bekannten und 51 Prozent der Befragten würden sich Informationen bei den Krankenkassen, zum Beispiel auf deren Internetseiten, beschaffen. Das macht deutlich, dass den niedergelassenen Ärzten eine besonders wichtige Rolle bei der Steuerung der Patienten und der Meinungsbildung über das geeignete Krankenhaus zukommt (Abb. 3).

Grafik: Informationsquellen für die Krankenhauswahl

Für gute Versorgung länger fahren

Die Umfrage zeigt, dass die Versicherten bereit sind, bei planbaren Operationen längere Fahrzeiten in Kauf zu nehmen, um die Behandlung in einem auf die Erkrankung spezialisierten Krankenhaus durchführen zu lassen. 88 Prozent der Befragten würden bis zu einer Stunde und mehr fahren. Dabei gibt es leichte Abweichungen bei der ländlichen und städtischen Bevölkerung und altersbedingte Unterschiede. So kommen für Jüngere längere Fahrzeiten häufiger infrage als für Ältere. Die Menschen akzeptieren es also durchaus, für eine qualitativ bessere Versorgung weiter zu fahren (Abb. 4).

Grafik: Akzeptierte Fahrzeit zu spezialisiertem Krankenhaus

Ärztliche Zweitmeinung wichtig

Die ärztliche Zweitmeinung ist für die überwiegende Mehrheit der Patienten eine wertvolle Hilfe bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine Operation. Von 382 Befragten, bei denen in den letzten zehn Jahren eine planbare Operation durchgeführt wurde, sagten 26 Prozent, dass sie eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt haben. Davon gaben 81 Prozent an, dass dies hilfreich für ihre Entscheidungsfindung war (Abb. 5).

Grafik: Inanspruchnahme einer ärztlichen Zweitmeinung

Das Ergebnis bestätigt den vdek in seinem Bestreben, das Zweitmeinungsverfahren weiter auszubauen. Es zeigt auch, dass es richtig ist, dass die Ersatzkassen schon jetzt Zweitmeinungsverfahren als Satzungsleistung oder in Selektivverträgen anbieten, für die derzeit kein rechtlicher Zweitmeinungsanspruch besteht.

Nachholbedarf scheint es bei den Möglichkeiten für Versicherte zu geben, sich ein Bild von der Qualität der Krankenhäuser zu machen. So wird etwa die medizinische Behandlungsqualität als Entscheidungskriterium bei der Wahl eines Krankenhauses wenig differenziert betrachtet.

Kriterien bei der Entscheidung für ein Krankenhaus

An erster Stelle steht bei den Menschen die Sauberkeit und Hygiene, die für 98 Prozent bei der Auswahl eines Krankenhauses wichtig oder sehr wichtig sind. Die Empfehlung des Haus- oder Facharztes als Kriterium folgt mit 92 Prozent und der Ruf des behandelnden Arztes oder Krankenhauses mit jeweils 84 Prozent. Die Größe des Krankenhauses spielt eine weniger wichtige oder gar keine Rolle (74 Prozent), ebenso wenig das Abschneiden in Bewertungsportalen (62 Prozent). Qualitätsberichte der Kliniken finden immerhin 65 Prozent sehr wichtig oder wichtig (Abb. 6).

Kriterien bei der Wahl des Krankenhauses

Die Qualitätsberichte sind für den vdek ein Ansatzpunkt, die Entscheidungsfähigkeit der Menschen zu verbessern. Sie stehen den Patienten und auch den Ärzten zwar bereits jetzt zur Verfügung, sind aber noch nicht hinreichend indikationsbezogen aufbereitet und zu wenig verständlich. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) hat im Januar 2019 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag erhalten, ein sogenanntes G-BA-Qualitätsportal zu entwickeln, das einrichtungsbezogene, vergleichende und indikationsbezogene Übersichten über die Qualität der stationären Versorgung enthalten soll. Dies sollte nun rasch und zielgruppenbezogen umgesetzt werden.

Alles in allem scheinen die Versicherten offen für Krankenhausstrukturreformen zu sein, wenn sie zur Verbesserung der Behandlungsqualität führen. Hierbei ist es wichtig, die Menschen durch die Bereitstellung verständlicher Informationen mitzunehmen.

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. 1. Ausgabe 2020