Krankenhauszukunftsgesetz

Aus der Corona-Krise lernen

Die Corona-Krise hat deutlich vor Augen geführt, wie wichtig eine gut ausgebaute, moderne und funktionierende digitale Infrastruktur in allen Lebensbereichen ist. Vor allem in Krankenhäusern ist sie für die Patientenversorgung und damit auch zur Bewältigung der Corona-Pandemie essenziell. Doch ist die Digitalisierung noch längst nicht überall da angekommen, wo sie dringend gebraucht wird. Dieses Defizit hat auch die Politik erkannt und brachte kurzerhand das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) auf den Weg.

Arzt mit einer Tafel Digitalisierung

Im Fokus des KHZG steht der Krankenhauszukunftsfonds in Höhe von drei Milliarden Euro, der die Förderung notwendiger Investitionen, insbesondere die Digitalisierung, in Krankenhäusern vorantreiben soll. Er sieht folgende Fördertatbestände vor:

  • Technische und insbesondere informationstechnische Ausstattung der Notaufnahmen
  • Die digitale Infrastruktur zur Förderung der internen, innersektoralen und sektorenübergreifenden Versorgung, um die Ablauforganisation, Dokumentation und Kommunikation zu digitalisieren, sowie zur Einführung oder Verbesserung von Telemedizin, Robotik und Hightech-Medizin
  • Die Informationssicherheit, gezielte Entwicklung und Stärkung wettbewerbsrechtlich zulässiger regionaler Versorgungsstrukturen, um die Versorgungsstrukturen konzeptionell aufeinander abzustimmen
  • Gefördert werden können auch Vorhaben von Hochschulkliniken und Vorhaben, an denen Hochschulkliniken beteiligt sind

Der Krankenhauszukunftsfonds soll wie der bisherige Strukturfonds beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) angesiedelt werden. Er speist sich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Allerdings findet hier eine Refinanzierung durch den Bund statt. Mindestens 15 Prozent der Fördermittel sind für IT-Sicherheitsprojekte zu verwenden. Die Länder müssen gemeinsam mit den Krankenhausträgern 30 Prozent der Fördersumme als Eigenbeteiligung beisteuern. Finanzmittel, die 2021 nicht abgerufen wurden, fließen wieder zurück in die Liquiditätsreserve. Diese Restmittel können in den Folgejahren im Rahmen des Krankenhausstrukturfonds abgerufen werden. Zudem sollen sich die Länder dazu verpflichten, ihre Haushaltspositionen für Krankenhausinvestitionen in Höhe des Durchschnitts der Jahre 2016 bis 2018 beizubehalten. Die Wirkung des Zukunftsfonds soll im Hinblick auf den Reifegrad der Digitalisierung in den Krankenhäusern evaluiert werden. Das Gesetz sieht auch eine „digitale Umsetzungsverpflichtung“ der Krankenhäuser vor. Krankenhäuser, die bis zum 31. Dezember 2024 keine digitalen Dienste bereitstellen, sollen einen Abschlag von bis zu zwei Prozent auf den Rechnungsbetrag eines voll- oder teilstationären Falls zahlen. Der Strukturfonds soll bis 2024 verlängert werden; das Fördervolumen wird nicht erhöht.

Mit dem Krankenhauszukunftsfonds kommt der Bund einer jahrelangen Forderung der Ersatzkassen nach und greift den Ländern mit Steuermitteln unter die Arme, die nach der dualen Finanzierung für die Investitionsförderung der Kliniken zuständig sind. Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, dass mit dem Zukunftsfonds die allgemeine Investitionsförderpflicht der Länder erledigt sei. Das Gesamtfördermittelvolumen der Länder nimmt seit Jahrzehnten stetig ab, was zu einem erheblichen Investitionsstau in den Kliniken geführt hat. Dies hat zur Folge, dass Krankenhäuser ihre Investitionen aus den Betriebskostenzahlungen der Krankenkassen und damit der Beitragszahler quersubventionieren und auch die Leistungsmenge ausweiten. Zudem werden Fixkosten eingespart, indem beispielsweise Pflegekräftestellen abgebaut werden. Vor diesem Hintergrund ist der Zukunftsfonds sehr zu begrüßen.

Allerdings wird der bisherige Investitionsstau der Länder dadurch allein nicht behoben. Es ist wichtig, dass sich die Länder ihrer Investitionsverpflichtung nicht entziehen, weder im Rahmen des Zukunftsfonds durch eine mögliche Kostenabwälzung auf die Krankenhausträger noch bei künftigen Investitionszahlungen. Daher ist auch die geplante Abschlagszahlung für Krankenhäuser zu begrüßen, die keine digitalen Dienste anbieten. Die Politik will der Problematik der Querfinanzierung aus Beitragsgeldern entgegenwirken; Beitragsgelder sollen so wieder an die Krankenkassen zurückfließen können. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Zugleich müsste eine Absenkung der im Bundesdurchschnitt stark überhöhten Betriebskostenfinanzierung (DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelten) erfolgen.

Abschlussbericht des Beirats

Es ist davon auszugehen, dass die Corona-Krise im nächsten Jahr noch nicht ausgestanden sein wird. Insofern ist die im KHZG geplante Regelung sinnvoll, wonach für 2020 anonymisierte Leistungs- und Strukturdaten der Krankenhäuser zu Auswertungszwecken veröffentlicht werden. Damit können die Auswirkungen der Pandemie genauer untersucht werden.

Diese Daten standen auch dem zur Evaluierung des Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetzes eingesetzten Expertenbeirat zur Verfügung. Dessen Bericht zufolge war die wichtigste Regelung die Freihaltepauschale, die die Krankenhäuser zur Kompensation ihres Erlösrückgangs aufgrund freigehaltener Kapazitäten zur Versorgung von Covid-19-Patienten erhielten. Diese Maßnahme war zum Zeitpunkt des Gesetzentwurfs nachvollziehbar, da nicht abzusehen war, wie viele Betten zur Bewältigung der Pandemie benötigt würden, und da die Krankenhäuser gleichzeitig Liquidität benötigten, etwa zur Beschaffung von Schutzausrüstungen. Allerdings war absehbar, dass 560 Euro pro leerstehendem Bett für viele Krankenhäuser mehr als den üblichen Durchschnittserlös darstellten. Der Beirat kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Erlössituation der Krankenhäuser in den ersten fünf Monaten 2020 im Schnitt um zwei Prozent gegenüber 2019 verbesserte. Nur große Krankenhäuser, wie etwa Unikliniken, beklagten Verluste.

Folgerichtig schlug der Beirat eine Differenzierung der Pauschale vor. Damit konnte die Disbalance reduziert werden. Eine zielgenauere und damit gerechtere Verteilung der Finanzhilfen kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Höhe der Mittel auf Hausebene festgelegt werden. Daher empfahl der Beirat, die Pauschale nach dem 30. September 2020 nicht weiterzuzahlen, sondern die Kliniken mittels eines individuell berechneten Corona-Ausgleichs vor Erlöseinbußen zu schützen.

Der Krankenhauszukunftsfonds ist bestens dazu geeignet, die Digitalisierung von Krankenhausprozessen kurzfristig voranzutreiben. Die Anpassung der Notaufnahmen an den Stand der Technik, ein digitales Medikationsmanagement und die Digitalisierung krankenhausinterner Kommunikationswege tragen zu einer qualitativ besseren Patientenversorgung, zu einer Entlastung von Krankenhauspersonal sowie zu mehr Patentensicherheit bei. Die gegenwärtigen Strukturen der Krankenhausversorgung sind durch Überversorgung, zu viele – kleinere – Standorte gekennzeichnet. Bislang konnte der Pandemieverlauf die bestehende Überversorgung, insbesondere in den städtischen Gebieten im Krankenhausbereich, nicht rechtfertigen, auch weil ein Großteil der Covid-19-Patienten ambulant behandelt werden konnte. Zudem zeigte sich, dass die Krankenhausstrukturen flexibel waren, da in kurzer Zeit freie Kapazitäten geschaffen werden konnten. Ebenso wurde deutlich, dass innerhalb kürzester Zeit neue Kapazitäten geschaffen werden können, wie das Beispiel der intensivmedizinischen Behandlungsplätze zeigt. Die Pandemie sollte daher zum Katalysator werden, die Krankenhausstrukturen für die Zukunft effizienter als bisher zu gestalten.

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