Vorstandskommentar

Der Morbi-RSA-Umsetzung steht nichts im Wege

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat Ende September 2020 das Klassifikationsmodell 2021 für den Morbi-RSA nach neuem Recht veröffentlicht. Der neu gestaltete Finanzausgleich der Krankenkassen mit Einführung einer Regionalkomponente kann nun umgesetzt werden – trotz Versuche einiger AOK, dies in letzter Minute zu verhindern.

Mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz beschloss die Politik im letzten Jahr ein umfassendes und austariertes Reformpaket zum morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Es war der vorläufige Schlusspunkt einer über Jahre anhaltenden Debatte zum Thema Fehlsteuerungen und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Auf den Punkt gebracht: Einige Krankenkassen erhielten zu viel Geld für die Versorgung ihrer Versicherten, andere zu wenig. Das musste sich ändern.

Kurz vor Wirksamwerden des neu gestalteten Finanzausgleichs der Krankenkassen zum 1. Januar 2021 stellten nun einige AOK mit einem Gutachten die Rechtmäßigkeit des „Regionalfaktors“ als Teil des Maßnahmenpakets der Morbi-RSA-Reform infrage. Was war Stein des Anstoßes? Die sogenannte Regionalkomponente soll die finanziellen Belastungen zwischen den Krankenkassen ausgleichen, die auf regional unterschiedliche Ausgabenstrukturen zurückzuführen sind. Beispielsweise können die Krankheits- und Sterbefälle von Region zu Region variieren. In Umsetzung der Reform musste das BAS auf Basis des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats statistisch signifikante regionale Variablen für Gemeinden und Gemeindeverbünde definieren. Als eine der zehn Variablen wurden die „Sterbekosten“ identifiziert. Hiergegen wendeten sich die Regionalkassen AOK Plus, AOK Niedersachsen, AOK Sachsen-Anhalt und AOK Bremen/Bremerhaven. Die Variable Sterbekosten wurde mithilfe eines Gutachtens als angeblich angebotsorientiert und damit nicht berücksichtigungsfähig eingeordnet. Dabei handelt es sich um genau die Krankenkassen, die vom Morbi-RSA in alter Fassung besonders profitierten und deshalb Zusatzbeitragssätze erheben konnten, die deutlich unter dem Durchschnitt von derzeit 1,1 Prozent liegen.

Doch das BAS ließ sich davon nicht beeindrucken und veröffentlichte pünktlich zum 30. September 2020 die Festlegung zum Klassifikationsmodell 2021. Die Sterbekosten sind weiterhin als Regionalmerkmal enthalten und dies wird ausführlich begründet. Man sei einhellig zu der Auffassung gelangt, „dass es sich bei den Sterbekosten weder um eine Angebotsvariable noch um ein Merkmal aus der Variablendimension ,Preisstruktur medizinischer Leistungen‘ im Sinne des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetzes handelt“, so eine Sprecherin des BAS im Tagesspiegel Background vom 2. Oktober 2020. Damit bestätigt das BAS:

ulrike-elsner-vdek-zitat

Die Sterbekosten sind laut eines von vdek und BKK-Dachverband beauftragten Rechtsgutachtens die Variable mit der höchsten statistischen Erklärungskraft für regionale Deckungsbeitragsunterschiede und ihre unterschiedliche Höhe begründet sich in den regional unterschiedlichen Mortalitäts- und Morbiditätsstrukturen.

Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende

Das Störmanöver der AOK ist der durchschaubare Versuch, Reformelemente quasi „auf den letzten Metern“ der Umsetzung zu verhindern und Wettbewerbsvorteile zu zementieren. Dies ist zum Glück nicht gelungen. Der Umsetzung des Morbi-RSA in neuer Fassung steht nichts mehr entgegen.

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