Einwurf

Lehren für die Zukunft

Das deutsche Gesundheitswesen hat Stärke in der Coronakrise bewiesen. Doch wir leben in einer hochglobalisierten Welt – sie ist ein Nährboden für zukünftige Epidemien und Pandemien. Diese sollten zwar gar nicht erst entstehen – aber wenn doch, können wir noch einiges verbessern, um zukünftige gesundheitspolitische Herausforderungen leichter zu bewältigen.

Die Pandemie hat gezeigt, wie wir der Digitalisierung hinterherhinken. Die Fax-Übermittlung von Covid-19-Befunden an die Gesundheitsämter, eine Corona-Warn-App, die hinter ihren Möglichkeiten bleibt – wertvolle Zeit geht bei der Corona-Bekämpfung verloren. Doch die Pandemie hat auch einen digitalen Schub ausgelöst, wie man an der zunehmenden Normalisierung von Videosprechstunden, dem Aufbau von Melderegistern oder der Bereitstellung digitaler Präventionsangebote erkennt. Durch das geplante dritte Digitalgesetz sollen Videosprechstunden nun auch auf Physiotherapeuten, Hebammen und in der Notfallversorgung ausgedehnt und nicht-ärztliche Akteure an die Telematikinfrastruktur angebunden werden. Alles richtig. Das Potenzial digitaler Technologien müssen wir noch stärker im Sinne der Patientensicherheit nutzen. Die elektronische Patientenakte (ePA) ab 2021 hat ein solches Potenzial. Verzögerungen darf es hier keine weiteren geben. Datenschutz ist wichtig, aber er darf nicht über den Patientennutzen gestellt werden. Einen Digitalisierungsschub muss ebenso der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) erfahren – das betrifft sowohl die technische Ausstattung als auch (Daten-)Kommunikationswege. Stift und Papier sind nicht mehr zeitgemäß.

elsner-2020-zitat

Wir brauchen eine Debatte um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Versorgung und der Versorgungsstrukturen – das deutsche Gesundheitssystem muss hier besser werden!

Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende

Die Corona-Pandemie hat in Deutschland nicht zu einem Zusammenbruch der ambulanten und stationären Versorgung geführt. Zu verdanken ist dies unserem gut ausgebauten Gesundheitssystem, einer funktionierenden gemeinsamen Selbstverwaltung und der Errichtung finanzieller Schutzschirme für Leistungserbringer. Trotzdem brauchen wir strukturelle Veränderungen. In der Krankenhausversorgung hat sich gezeigt, dass 70 Prozent der Corona-Patienten in nur 25 Prozent der 1.700 Kliniken in Deutschland behandelt werden. Schwerkranke Patienten benötigen eine intensivmedizinische Versorgung, die kleine Krankenhäuser nicht bereitstellen können. Gerade in Hinblick auf die Versorgungsqualität brauchen wir daher einen Konzentrations- und Spezialisierungsprozess bei den Krankenhäusern, der verbunden wird mit einer besseren Notfallversorgung und einer ambulant-stationären Vernetzung in der Grundversorgung. Die intensivmedizinische Versorgung von Corona-Patienten macht außerdem deutlich, welche wichtige Rolle dabei auch die Sicherstellung der Pflege spielt. Wir brauchen eine Debatte um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Versorgung und der Versorgungsstrukturen – das deutsche Gesundheitssystem muss hier besser werden! Und natürlich müssen wir als Gesellschaft vorbereitet sein – Notfall- und Pandemiepläne müssen gelebt und evaluiert werden, es bedarf einer gewissen Bevorratung an Schutzmaterialien und Hygieneartikeln sowie der Bereitschaft, dies mit einem Finanzbudget abzusichern!

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. 6. Ausgabe 2020