Grenzüberschreitende Krankenversicherung

Was ändert sich durch den Brexit?

Kurz vor dem Jahreswechsel einigten sich die Brexit-Verhandlungsführer über die zukünftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich: Das Handels- und Kooperationsabkommen trat am 1. Januar 2021 vorläufig in Kraft. Es knüpft nahtlos an das Ende des im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 an. Bis spätestens Ende Februar 2021 muss das Europäische Parlament das Handels- und Kooperationsabkommen noch ratifizieren, damit es endgültig in Kraft treten kann.

Brexit: Figuren auf einem Schachbrett

Als erster Staat in der Historie der EU ist das Vereinigte Königreich mit Ablauf des 31. Januar 2020 aus der EU ausgetreten. Der Austritt hat Auswirkungen für die Sozialversicherungsträger bei der Beurteilung von Sachverhalten im Verhältnis zum Vereinigten Königreich.

Innerhalb der EU koordinieren die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sowie die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 die Systeme der sozialen Sicherheit. Wesentliche Grundpfeiler der Koordinierungsverordnungen für die Kranken- und Pflegeversicherung bilden hierbei folgende Punkte:

  • Personen unterliegen nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats (Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften).
  • Export von Kranken- oder Pflegegeld sowie gegenseitige Aushilfe mit Sachleistungen im Wohn- oder Aufenthaltsmitgliedstaat.

Was bedeutet der Brexit für das grenzüberschreitende koordinierende Krankenversicherungsrecht? Tritt ein Staat aus der EU aus, so finden europäische Rechtsakte – wie die Koordinierungsverordnungen – für diesen Staat grundsätzlich keine Anwendung mehr. Damit Bereiche wie die grenzüberschreitende Krankenversicherung nach dem Austritt nicht ungeregelt bleiben, bedarf es neuer zwischenstaatlicher Vereinbarungen. Das Verhandlungsmandat dazu lag bei der Europäischen Kommission, die im Auftrag der Mitgliedstaaten die Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich führte.

Austrittsabkommen („Bestandsfälle“)

Weiteranwendung der Koordinierungsverordnungen während des Übergangszeitraums bis 31. Dezember 2020 und bei fortlaufendem grenzüberschreitendem Bezug zwischen dem Vereinigten Königreich und einem EU-Mitgliedstaat auch darüber hinaus. Daher kann es als „Bestandsschutzregelwerk“ verstanden werden. Zusätzlich regelt es Sachverhalte, die erst nach Ende des Übergangszeitraums auftreten, aber bereits davor ihren Ursprung haben. Es soll bestehende und künftige Ansprüche schützen und dafür sorgen, dass diese auch zu einem späteren Zeitpunkt verwirklicht und Leistungen bezogen werden können. So hat zum Beispiel eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit nach Gewährung einer britischen Rente, die (teilweise) auf Zeiten vor Ende des Übergangszeitraums basiert, lebenslang Rechte aus dem Austrittsabkommen inne.

Handels- und Kooperationsabkommen („Neufälle“)

Das Handels- und Kooperationsabkommen enthält ein Protokoll zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Die darin enthaltenen Bestimmungen entsprechen mit wenigen Ausnahmen denen der bisher geltenden Koordinierungsverordnungen. Es findet ab 1. Januar 2021 zunächst vorläufig für Situationen Anwendung, die ab oder nach diesem Zeitpunkt beginnen und vorher keinerlei grenzüberschreitenden Bezug zwischen einem EU-Mitgliedstaat und dem Vereinigten Königreich hatten (sog. „Neufälle“).

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