Nutri-Score

Grünes Licht für bessere Ernährung

Seit November 2020 können Unternehmen in Deutschland den Nutri-Score rechtssicher verwenden. 159 deutsche Unternehmen mit 308 Marken haben sich inzwischen für das Kennzeichen registriert und sorgen so für eine schnellere Orientierung beim Einkauf. Das nächste Ziel ist eine einheitliche erweiterte Nährwertkennzeichnung in der Europäischen Union (EU).

Illustration: Nutri-Score

Wir alle kennen das: Manchmal ist es gar nicht so leicht, beim Lebensmittelkauf die richtige Wahl zu treffen. Das Angebot ist überwältigend, der Vergleich von Produkten ist mitunter umständlich und zeitaufwändig. Mein Ziel zu Beginn der Legislatur war deshalb klar: Es muss einfacher werden, die gesündere Wahl zu treffen, auch ohne das Kleingedruckte auf der Verpackung zu lesen und ohne ein Studium der Ernährungswissenschaften.

Genau das haben wir mit dem Nutri-Score erreicht: Die Farb- und Buchstabenskala signalisiert auf den ersten Blick, welches Produkt im Vergleich zu anderen den vorzugswürdigen Nährwert aufweist und damit eher einer gesunden Ernährungsweise zuträglich ist. Schon jetzt wissen wir: Der Nutri-Score hat einen Blitzstart absolviert. Denn eine Umfrage, die unser Ministerium in Auftrag gegeben hat, zeigt: Er ist schon jetzt 44 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher ein Begriff. Ein Drittel der Befragten nutzt den Nutri-Score bereits aktiv und vergleicht Produkte. Bei fast jedem Zweiten hat er zumindest schon einmal eine Kaufentscheidung beeinflusst. Das korrespondiert mit der guten Unterstützung durch die Unternehmen. Bereits jetzt haben sich 159 deutsche Unternehmen mit 308 Marken für den Nutri-Score registriert.

Dieser zufriedenstellende Start bestärkt mich darin, an dem Ziel festzuhalten, eine EU-weit einheitliche erweiterte Kennzeichnung zu erreichen, um für mehr Transparenz zu sorgen – auch über Grenzen und Sprachbarrieren hinweg. Während unserer Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr haben wir dazu den Grundstein gelegt. Die EU-Kommission hat angekündigt, Ende 2022 einen Legislativvorschlag für eine EU-weit einheitliche erweiterte Kennzeichnung vorzulegen. Vorbereitend hierzu führt die EU-Kommission derzeit eine Folgenabschätzung für verschiedene Arten von erweiterten Nährwertkennzeichnungen durch.

Ein Baustein auf dem Weg zu einer besseren Ernährung

Der Nutri-Score ist nur ein Baustein meiner Ernährungspolitik, mit der ich die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Lebensmittelauswahl unterstützen will. Eine gesunde Ernährung alltagstauglich zu machen, das wird immer wichtiger. Fehlernährung ist ein großes Problem: 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und bereits 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig. Noch gibt es keine sicheren Daten, aber erste Meldungen weisen darauf hin, dass gerade in den vergangenen Monaten des Lockdowns viele Menschen zugenommen haben. Übergewicht und Adipositas bedeuten ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes Typ 2. Auch im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung hat sich gezeigt: Übergewicht und Adipositas erhöhen das Risiko, ins Krankenhaus und sogar mechanisch beatmet werden zu müssen. Gleichzeitig führt Fehlernährung zu hohen  volkswirtschaftlichen Kosten: Diese belaufen sich weltweit auf bis zu 3,5 Billionen US-Dollar pro Jahr. Deshalb ist es wichtig, dass wir Maßnahmen ergreifen.

Die Lebensmittelwirtschaft hat sich dazu verpflichtet, die Gehalte an Zucker, Fetten, Salz und Kalorien in Fertigprodukten zu reduzieren, und trägt damit zu einer gesundheitsförderlichen Ernährung bei. Auch der Nutri-Score kann hier einen Anreiz bieten. Denn je günstiger die Zusammensetzung eines Produktes ist, desto eher kann es beim Nutri-Score mit einer besseren Bewertung abschneiden. In einem Produktmonitoring, das unsere „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ begleitet, ermitteln wir, welche Veränderungen es im Zeitverlauf gibt. Auch hier sehen wir: Die Strategie wirkt bereits. Einige Beispiele:

  • Bei Kinder-Joghurts wurden rund 20 Prozent Zucker reduziert,
  • bei Frühstückscerealien für Kinder fast 15 Prozent,
  • bei Erfrischungsgetränken für Kinder rund 35 Prozent.
  • Bei Riegeln erfolgte eine Reduktion der Zuckergehalte um etwa 30 Prozent.
  • Der Salzgehalt bei verpacktem Brot und Kleingebäck wurde um durchschnittlich vier Prozent reduziert.
  • Bei vereinzelten Produktuntergruppen von verpackten Wurstwaren und Fleischerzeugnissen wurden Reduktionen von Salz festgestellt – beispielsweise bei Snack-Salami im Schnitt um etwa zehn Prozent.

Auch wenn die Zahlen in die richtige Richtung gehen: Ausreichend ist das noch nicht. Hier müssen die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft an vielen Stellen noch mehr tun. Deshalb wird es weiter eine engmaschige Erfolgskontrolle geben. Und gerade bei Produkten für Kinder müssen wir genau hinschauen. Denn unser Monitoring hat auch gezeigt: In gut zehn Prozent der untersuchten Quetschprodukte, die sich überwiegend an Kinder richten, ist Zucker oder eine süßende Zutat wie Agavensirup zugesetzt. Das muss man hinterfragen, denn diese Produkte schmecken bereits aufgrund des fruchteigenen Zuckers süß.

Wenn wir vorankommen wollen auf dem Weg zu einer gesunden Ernährung im Alltag, dann dürfen und werden wir niemanden aus der Verantwortung lassen. Dort, wo es hakt, wird nachgebessert und, wenn nötig, reguliert. Bei den Kleinsten haben wir die größte Verantwortung. Deshalb haben wir den Zusatz von Zucker und anderen süßenden Zutaten in Tees für Säuglinge oder Kleinkinder verboten. Und vor diesem Hintergrund setzen wir uns aktuell auf EU-Ebene dafür ein, dass auch Breie und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder keinen zugesetzten Zucker enthalten dürfen.

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