Einwurf

Ein gutes Signal

Die Corona-Pandemie und neue Leistungsgesetze haben die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen unter Druck gesetzt. Der Gesetzgeber hat reagiert – und meint es offenbar ernst mit der Stabilisierung der Beitragssätze.

Mitte des Jahres 2021 blicken die Krankenkassen mit Bangen auf das Jahr 2022. Denn die Corona-Pandemie ist längst nicht vorbei und die Konjunktur erholt sich nur langsam. Wenn nichts passiert, wird der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von jetzt 1,3 Prozent um durchschnittlich einen Prozentpunkt in 2022 steigen, so die Prognosen.

Kurz vor Toresschluss – denn viel Zeit bleibt der amtierenden Bundesregierung nicht mehr – will die große Koalition nun doch noch handeln. Ein Kompromiss zwischen Gesundheits- und Finanzministerium zur Stabilisierung der GKV-Finanzierung 2022 sieht drei Maßnahmen vor:

  1. Es soll in 2022 ein zusätzlicher Bundeszuschuss von sieben Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds fließen.
  2. Das Gesetz enthält den bemerkenswerten Passus: „Sollte das Gesamtpaket zur Finanzstabilisierung nicht ausreichen, soll das Gesundheitsministerium im Benehmen mit dem Finanzministerium und mit Zustimmung des Parlaments per Verordnung eine Erhöhung des Steuerzuschusses veranlassen dürfen. Der Steuerzuschuss soll erhöht werden, wenn andernfalls 2022 der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf über 1,3 Prozent anzusteigen droht.“
  3. Die Kosten für Covid-19-Testungen und -Impfungen sollen künftig komplett vom Bund übernommen werden. Der Gesundheitsfonds kann dadurch mit Entlastungen von etwa 2,7 Milliarden Euro rechnen. Darüber hinaus dürfen Finanzmittel, die oberhalb der Mindestrücklage des Gesundheitsfonds liegen, im Jahr 2022 für Zuweisungen an die Krankenkassen verwendet werden. Ohne die Kostenübernahme durch den Bund würde die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds unter die Mindestreserve absinken und die Lücke müsste in 2022 zulasten der Zuweisungen an die Krankenkassen aufgefüllt werden. Der Gesetzgeber meint es also offenbar ernst mit der Stabilisierung der Beitragssätze und der Einhaltung der Sozialgarantie. Ein wichtiges Signal an die Versicherten, Arbeitgeber und an die Krankenkassen, die zeitnah Planungssicherheit für die Beitragskalkulation brauchen. Dafür muss eine verbindliche Entscheidung zum endgültigen Steuerzuschuss vom Deutschen Bundestag noch vor der Bundestagswahl am 26. September 2021 getroffen werden.
Portraitbild vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Die Finanzierungsdebatte wird uns auch über 2022 hinaus fordern. Eine zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung muss es daher sein, für die Folgejahre verlässliche und solide Grundlagen für die GKV zu schaffen.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

Die Ersatzkassen haben dazu Vorschläge gemacht: Erstens sollte der Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt in den Gesundheitsfonds für die vollständige Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen, wie zum Beispiel Mutterschaftsgeld oder Krankengeld bei der Betreuung eines kranken Kindes, erhöht werden. Zweitens sollte der Mehrwertsteuersatz für mehrwertsteuerpflichtige GKV-Leistungen (im Wesentlichen Arzneimittel) auf den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent abgesenkt werden. Drittens benötigen die Kassen endlich einen angemessenen und bedarfsgerechten Beitrag für Hartz IV-Empfänger.

Zusätzlich wird man auch die Dynamik bei den Ausgaben und dabei insbesondere die Vergütungssteigerungen kritisch in den Blick nehmen müssen.

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