EU-Krebsplan

Gesundheit gewinnt an Gewicht

Im vergangenen Jahr sind in Europa rund 2,7 Millionen Menschen an Krebs erkrankt, etwa 1,3 Millionen Patientinnen und Patienten starben an den Folgen der Erkrankung. Wenn nicht gegensteuert wird, könnte Krebs in Europa zur zweithäufigsten Todesursache werden. Mit dem Ziel einer Trendwende brachte die Europäische Kommission einen Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung auf den Weg. Die deutsche Sozialversicherung unterstützt das ambitionierte Vorhaben.

Symbolbild: Person bei MRT-Untersuchung

Der EU-Krebsplan enthält zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Bemühungen der Mitgliedstaaten, die Auswirkungen von Krebs zu verringern. Dabei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, die Initiativen reichen von der Prävention über die Früherkennung, Diagnose und Behandlung bis hin zu einer Verbesserung der Lebensqualität von Patientinnen und Patienten, Überlebenden und Pflegepersonen. Eine Umsetzungsgruppe soll helfen, die richtigen Anreize zu entwickeln, und die Maßnahmen begleiten. Auch finanziell möchte die Europäische Kommission die von Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen ausgerufene Priorität unterstützen und in den nächsten Jahren eine Summe von vier Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Die gesetzliche Sozialversicherung in Deutschland nimmt besonders die Prävention, Früherkennung und Arzneimittelversorgung in den Blick. Hier hat die Europäische Union (EU) politische Gestaltungskompetenzen. Die deutsche Sozialversicherung brachte ihre Vorschläge mit einer Stellungnahme in die politische Diskussion ein und diskutierte diese im Rahmen der Online-Veranstaltung „Den Krebs in die Zange nehmen“ Anfang Juni 2021 mit Vertretern des EU-Parlaments und der EU-Kommission. Im Ergebnis waren sich alle einig: Die Trendwende bei der Krebsbekämpfung lässt sich nur gemeinsam herbeiführen.

Prävention wirkt

Rund 40 Prozent der Krebsfälle könnten laut EU-Kommission verhindert werden. Das Schlüsselelement ist eine effektive Prävention. Jede und jeder Einzelne kann dabei schon viel tun: keinen Tabak konsumieren, Alkohol nur in Maßen trinken, auf eine ausgewogene Ernährung sowie auf eine ausreichende Bewegung achten. Um gesundes Verhalten zu unterstützen, halten die Sozialversicherungsträger in Deutschland ein umfangreiches Angebot an Präventionsangeboten und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung vor. Durch den Europäischen Krebsplan erhoffen sich die Sozialkassen Rückenwind von der EU. Diese kann zum Beispiel den Rahmen dafür schaffen, dass über Steuervorschriften gesunde Produkte preiswerter werden, ungesunder Konsum aber verteuert wird. Sie kann der Werbung klare Grenzen setzen und insbesondere auch Kinder und Jugendliche vor schädlichen Einflüssen schützen. Die EU-Kommission hat viele Möglichkeiten, die Mitgliedstaaten zu unterstützen. Vorausgesetzt der politische Wille ist da. Zurzeit holt die EU-Kommission erste Meinungsbilder ein, etwa zur Überarbeitung der Lebensmittel-Informationsverordnung sowie zu den Richtlinien für Tabakprodukte und audiovisuelle Mediendienste.

Screening-Programme weiterentwickeln

Die deutsche Sozialversicherung (DSV) blickt auch zuversichtlich auf ein neues Krebsvorsorgeprogramm, das in den nächsten Jahren erarbeitet wird. Ziel ist es, die Krebs-Früherkennung mittels organisierter Screening-Programme weiterzuentwickeln und auf weitere Krebsarten über Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs hinaus auszudehnen. Die EU muss sich aber der Verpflichtung stellen, die Qualität und den Nutzen neuer Screening-Programme zweifelsfrei zu belegen. Andernfalls werden neue Vorsorgeangebote nicht das notwendige Vertrauen der Versicherten erhalten, sondern die wichtige Krebsvorsorge infrage stellen. Onkologika gehören zu den umsatzstärksten und teuersten Arzneimitteln. Deshalb schlagen Webfehler in der europäischen Arzneimittelgesetzgebung hier besonders durch. Aufgrund ihrer Gesetzgebungskompetenz steht die EU bei Arzneimitteln in einer besonderen Verantwortung. Sie muss die Preisregulierung reformieren und die nationalen Gesundheitssysteme vor Überlastung schützen. Sie sollte dringend auch das Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur weiterentwickeln und aktiv gegen Versorgungsengpässe bei wichtigen Medikamenten vorgehen. Diese Fragen werden in Brüssel aktuell diskutiert und das vor dem Hintergrund einer starken Lobby der Pharmaindustrie

Vorfahrt für die Gesundheit?

Der Europäische Krebsplan macht Hoffnung. Denn die EU scheint entschlossen, der Gesundheit ein größeres politisches Gewicht einzuräumen, als es bisher der Fall zu sein schien. Die deutsche Sozialversicherung unterstützt ausdrücklich einen Weg, die Potenziale entlang der Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten voll auszuschöpfen. Auf die Gestaltungskraft und Kooperationsbereitschaft der Sozialversicherung darf dabei gebaut werden.

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