Belastung der Beitragszahler

Finanzsituation der Krankenhäuser

Eine unzureichende Investitionsförderung der Länder und ein Nebeneinander von komplexer Preis- sowie Kostenerstattung der Krankenhäuser führen zu steigenden Ausgaben, die die Beitragszahler zunehmend belasten.

Das Statistische Bundesamt weist derzeit aktuell für 2019 Krankenhauskosten in Höhe von 115,1 Milliarden Euro aus. Die Personalkosten betragen derzeit etwa 61,1 Prozent und die Sachkosten 37,4 Prozent. Der Rest entfällt hauptsächlich auf Kosten der Ausbildungsstätten. Der Schulbetrieb fällt nicht in den Ausgabenbereich der Kultusminister, sondern in den Bereich der Krankenkassen. Insofern handelt es sich hierbei um eine versicherungsfremde Leistung der Krankenkassen. Diese drei Kostenarten sind jedoch sogenannte Bruttokosten. Bereinigt man diese um die nichtstationären Kosten, zum Beispiel für die Ambulanzen oder wissenschaftliche Forschung und Lehre der Universitätskliniken, so erhält man die Nettokosten, die die stationäre Krankenhausbehandlung widerspiegeln. Diese betragen dann noch 98,8 Milliarden Euro. Die Angaben des Statistischen Bundesamtes beziehen sich auf nicht verifizierte Kostendaten, die seitens der Krankenhausträger gemeldet werden.

Krankenhausausgaben der GKV

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat 2019 insgesamt 81,5 Milliarden Euro für Krankenhausbehandlung finanziert. Dies sind entsprechende Ausgaben für die GKV und Erlöseinnahmen für Krankenhausträger. Differenzen zu den Kosten der Krankenhäuser ergeben sich unter anderem aus dem Anteil der Ausgaben der Selbstzahler, insbesondere der privaten Krankenversicherung, für Krankenhausbehandlung und Wahlleistungen. Etwa 90 Prozent der Kosten der GKV fallen für die Behandlung von Patienten in somatischen Fachabteilungen an. Die restlichen zehn Prozent fallen für die Behandlungen in psychiatrischen Abteilungen oder Einrichtungen an, die über das sogenannte PEPP-System, insbesondere über Tagespauschalen, abgerechnet werden.

Komplexität der Entgeltsysteme

Die Patienten in den somatischen Disziplinen werden über das sogenannte DRG-System, insbesondere mit Fallpauschalen, abgerechnet. Der aktuelle DRG-Katalog für 2022 weist 1.292 Fallpauschalen aus, von denen 1.235 bewertet sind. Insgesamt kennt das DRG-System derzeit 1.949 Entgelte, 9.885 Entgeltdifferenzierungen und 174.969 krankenhausindividuelle Entgeltvereinbarungen für die unbewerteten Entgelte. Der aktuelle PEPP-Entgeltkatalog weist 60 Pauschalen für vollstationäre, 20 für teilstationäre und drei für stationsäquivalente Behandlung aus. Hiervon sind insgesamt 51 Entgelte bewertet. Insgesamt kennt das PEPP-System derzeit 432 Entgelte, 3.259 Entgeltdifferenzierungen und 3.691 krankenhausindividuelle Entgeltvereinbarungen für die unbewerteten Entgelte.

Der Abrechnungsbezug ist im DRG-System grundsätzlich fallbezogen und im PEPP-System grundsätzlich tagesbezogen. Beide Systeme haben einen Leistungsbezug, der sich aus insgesamt 14.177 Diagnosen und 33.138 Prozeduren ergibt. Insgesamt sind das DRG- und PEPP-System äußerst komplex. Diese Komplexität war bei den jeweiligen Systemeinführungen nicht vorhanden. Die sogenannten „lernenden Systeme“ haben dazu geführt, dass sich Politik und Leistungserbringer immer mehr von einem pauschalen Entgeltsystem verabschiedet und nach mehr Abrechnungsdifferenzierung verlangt haben. Im Ergebnis führt diese Komplexität zu mehr Dokumentations- und Abrechnungsprüfaufwand; nicht zwingend jedoch zu mehr Abrechnungsgerechtigkeit. Dieser Aufwand wird aber nicht den Verursachern, sondern den an dieser Entwicklung schuldlosen Krankenkassen angelastet. Die Politik hat sich mit dem MDK-Reformgesetz sogar dazu hinreißen lassen, die Prüfungen des Medizinischen Dienstes zu quotieren, das heißt Prüfquoten vorzugeben. Diese Regelung belastet die Beitragszahler stark, da sie maßgeblich zu Ausgabensteigerungen der Krankenkassen beiträgt.

Pflegebudget

Die Abrechnungskomplexität reichte dem Gesetzgeber nicht aus. Etwa 20 Prozent der Kalkulationskosten, die für die „Pflege am Bett“ anfallen, wurden aus dem DRG-System herausgelöst und in ein Pflegebudget überführt. Dieses wird nach dem Selbstkostendeckungsprinzip zwischen dem Krankenhausträger und den Krankenkassen verhandelt. Leider ist nicht näher definiert, was überhaupt „Pflege am Bett“ ist. Nachdem jahrelang Pflegepersonal bei erheblichen Fallzahlausweitungen von den Krankenhäusern nicht aufgestockt wurde, kommt es seit der Einführung der Pflegebudgets zu zweistelligen Forderungen für mehr Personal. Die Frage, woher das Personal, das am primären Arbeitsmarkt nicht vorhanden ist, kommen soll, bleibt unbeantwortet. Die geforderten Kostensteigerungen folgen kalkulatorischen Verschiebungen zwischen dem DRG-Bereich und dem Pflegebudget. Letztendlich hat sich durch die Einführung der Pflegebudgets die Situation in der Pflege nicht gebessert; dies belegen die Auswertungen zu den Pflegepersonaluntergrenzen. Eine weitere Belastung der Beitragszahler, die zu keiner besseren Versorgung geführt hat, geht damit aber einher.

Infografik: Fördermittel und Betriebskosten von Krankenhäusern

Duale Krankenhausfinanzierung

Seit der Einführung des DRG-Systems liegen die Erlöse der Krankenhäuser über den Kosten der Krankenhäuser. Dies ergibt sich aus der Differenz des Bundesbasisfallwertes und der Bezugsgröße aus dem InEK-Kalkulationsverfahren. Die Krankenhäuser konnten durch eine Reduzierung der Kosten, insbesondere beim Pflegepersonal, und einer Ausweitung der Fallzahlen immer höhere Gewinne erwirtschaften. Aus diesen Gewinnen wurden letztendlich auch Investitionen finanziert, die eigentlich von den Ländern zu tragen gewesen wären. Die Länder finanzieren nur drei Prozent der Gesamtausgaben der Krankenhäuser; die Investitionen der Krankenhäuser liegen aber bei etwa acht Prozent der Gesamtausgaben. Die 1972 eingeführte duale Krankenhausfinanzierung hat zu einem stetigen Rückgang der Länderinvestitionen und zumindest seit der DRG-Einführung zu einer Überfinanzierung der von den Krankenkassen zu tragenden Betriebskosten geführt. Leidtragende sind die Beitragszahler.

Eine Komplexität der Entgeltsysteme, die nur zur Erlösoptimierung und nicht zu mehr Verteilungsgerechtigkeit führt, sowie ein Pflegebudget das wenig Nutzen bringt, aber zu einem hohem Aufwand führt, lassen sich nur dadurch erklären, dass die Kompensation mangelnder Investitionsförderung der Länder durch eine Betriebskostenüberfinanzierung durch die Beitragszahler politisch gewollt ist.

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