Regionale Gesundheitszentren

Versorgung aus einer Hand

Die demografische Entwicklung in der Bevölkerung, der zunehmende Fachkräftemangel und Versorgungsunterschiede zwischen Stadt und Land sind erhebliche Herausforderungen (nicht nur) für das deutsche Gesundheitssystem. Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) hat daher das Modell der Regionalen Gesundheitszentren (RGZ) entwickelt.

Illustration: Regionales Gesundheitszentrum

Gerade für ländliche Regionen werden Lösungen gebraucht, um die Versorgung in Zukunft flächendeckend sicherzustellen. Auf der einen Seite klagen Versicherte noch immer über lange Wartezeiten auf einen Termin und lange Wege zwischen den einzelnen Praxen, auf der anderen Seite ist die Versorgungsstruktur für junge Ärzt:innen häufig nicht attraktiv. Zwar gibt es bereits seit langem das Konstrukt der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Als Grundlage für eine Bündelung unterschiedlicher medizinischer Angebote haben sich die MVZ jedoch in den meisten Fällen nicht etabliert.

Das gesamte Behandlungsangebot an einem Ort

Das vdek-Konzept der RGZ geht hier weiter: Für Besetzung und Leistungsangebot der RGZ sollen bundesweit einheitliche Standards durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) definiert werden. Hierzu gehört eine Besetzung mit mindestens vier Sitzen von Hausärzt:innen sowie bestimmte grundversorgende Fachärzt:innen wie Internist:innen, Orthopäd:innen und (konservativ tätige) Augenärzt:innen oder Psychotherapeut:innen. Auf diesem Wege kann bereits ein Großteil der Behandlungsanlässe im ambulanten Bereich abgedeckt werden. Durch eine Mindestgröße der RGZ können die Öffnungszeiten so erweitert werden, dass viele Notfälle ebenfalls dort versorgt werden können. Gleichzeitig bestehen die personellen Ressourcen, um Videosprechstunden und telemedizinische Angebote im RGZ zu etablieren und sie effizient und patient:innenorientiert mit persönlichen Kontakten zu verknüpfen.

Infografik: Entstehung Regionaler Gesundheitszentren (RGZ)

Anders als heute sollen auch andere Gesundheitsfachberufe fest in den Gesundheitszentren verankert werden wie Physiotherapeut:innen, Logopäd:innen und Hebammen. Denn gerade die leitliniengerechte Versorgung chronisch kranker Menschen geht über die reine ärztliche Behandlung hinaus. Die unterschiedlichen Angebote im RGZ werden dabei durch ein intelligentes Case Management der Krankenkassen verbunden, das vor Ort durch nicht-ärztliche Praxisassistent:innen organisiert wird. Auch sonst spielt Delegation eine überaus wichtige Rolle: Überall dort, wo Aufgaben medizinisch vertretbar abgegeben werden können, soll dies auch geschehen, damit sich die Ärzt:innen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Gleichzeitig wird auf diese Weise die Attraktivität der Arbeit in den RGZ für alle Beteiligten erhöht.

Aufbau Regionaler Gesundheitszentren (RGZ)

Verstärkte Ambulantisierung als Ziel

Die neuen Gesundheitszentren sind sektorenübergreifend gedacht. Nicht zwingend, aber in vielen Fällen sinnvoll ist die Anbindung eines ambulanten OP-Zentrums. Hier sollen dann auch Überwachungsbetten zur Verfügung stehen, damit kurze stationäre Aufenthalte überflüssig werden und das Ziel einer verstärkten Ambulantisierung erreicht werden kann. In diesen Einheiten, die kleinere, wirtschaftlich nicht tragfähige Krankenhäuser ersetzen sollen, können optional auch weitere Angebote wie Kurzzeitpflegeplätze entstehen, um den konkreten Bedarfen vor Ort gerecht zu werden.

Denn während einige Standards bundesweit gesetzt werden, sind die neuen Zentren durchaus stark regional geprägt. Die Ausschreibung der Standorte und Vergabe an die jeweiligen Betreibenden erfolgen durch den von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen getragenen Landesausschuss nach § 90 SGB V. Ziel ist es dabei, zunächst 50 bis 100 RGZ in Regionen auszubauen, die im hausärztlichen Bereich aktuell oder in Zukunft unterversorgt sind.

Gleichzeitig werden bestehende – und funktionierende – Strukturen beispielsweise im Bereich der Vergütung weiterentwickelt: Die Finanzierung der Behandlung und neu hinzukommende Leistungen im Case Management werden durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) getragen, spezifische Angebote wie Gemeindeschwestern durch die Kommunen und der einmalige Aufbau der RGZ durch die öffentlichen Haushalte. Denn die Bereitstellung der Strukturen für eine funktionierende Versorgung ist klar ein Teil der staatlichen Daseinsfürsorge. Bei allem geht es um eine intelligente Fortschreibung bestehender Strukturen, dort wo dies richtig und sinnvoll ist. Im Fokus steht dabei eine zügige Umsetzung, ohne alle Abläufe und Rahmenbedingungen neu durchplanen zu müssen. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Gesundheitszentren ein kollektivvertragliches Angebot sind, das allen GKV-Versicherten ohne bürokratische Einschreibung offensteht. Auf diese Weise bietet das Modell der RGZ an einem Ort gebündelte und verlässliche Versorgungsangebote für ländlich geprägte Regionen mit Arbeitsbedingungen, die für junge Menschen in Gesundheitsberufen attraktiv sind.

Infografik: Finanzierung und Vergütung Regionaler Gesundheitszentren (RGZ)

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