Einwurf

Finanzreform in der Pflege gehört zu den prioritären Aufgaben in 2023

Die steigende Zahl der Leistungsempfänger, coronabedingte Mehrbelastungen und Leistungsverbesserungen in der Pflege, all das fordert die soziale Pflegeversicherung (SPV) finanziell heraus, zuletzt durch die „Kleine Pflegereform“. Diese trat Anfang 2022 in Kraft, um vor allem die Pflegebedürftigen in den stationären Pflegeeinrichtungen von zu hohen Eigenanteilen zu entlasten. Gegenfinanziert wurde dies durch die Erhöhung des Beitragssatzes in Höhe von 0,1 Prozentpunkten bei Kinderlosen und durch einen neu eingeführten jährlichen Steuerzuschuss von einer Milliarde Euro in der SPV.

Gereicht hat das nicht. Ende des Jahres 2022 steht die SPV vor einem Defizit von geschätzt -2,5 Milliarden Euro (unter Berücksichtigung des zusätzlichen Bundeszuschusses von einer Milliarde Euro aus dem Referentenentwurf zur Pandemiekosten-Erstattungsverordnung). Der Bundesgesundheitsminister präsentierte einen neuen Vorschlag: Im Jahr 2022 sollten die monatlichen Zahlungen in den Pflegevorsorgefonds – 1,6 Milliarden Euro – ausgesetzt werden, um dadurch die aktuelle Finanzierungslücke der SPV auszugleichen.

Aufgrund heftiger Kritik musste der Minister rasch zurückrudern. Zurecht, denn mit dieser Regelung wäre genau das eingetreten, was auch wir bei Gründung des Pflegevorsorgefonds im Jahr 2015 durch die Große Koalition befürchtet hatten. Beitragsgelder, die zweckgebunden dazu gedacht sind, die Auswirkungen des demografischen Wandels in 20 Jahren für die Babyboomer-Jahre abzufedern, wären zweckentfremdet worden. Aktuell steht zur Debatte, die monatlichen Zahlungen an den Vorsorgefonds in 2023 einmalig erst zum Ende des Jahres durchzuführen. Das soll der SPV ein wenig mehr Liquidität verschaffen. Hier zeigt sich, wie dringend eine Pflegereform ist.

Bis zum Sommer 2023 muss zudem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung der Zahl der Kinder bei der Beitragsbemessung in der SPV umgesetzt werden. Die Politik sollte daher zu Beginn 2023 mit der Reformdebatte starten.

Portraitbild vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner

Vorschläge liegen auf dem Tisch. Dazu gehören ein dauerhafter dynamisierter Steuerzuschuss, die Einbeziehung der privaten Pflegeversicherung in den Ausgleichsfonds und – zur finanziellen Entlastung der Pflegebedürftigen – die vollständige Investitionskostenübernahme der Pflegeheime durch die Länder. Die Pflege ist eines der gesellschaftlichen Kernthemen der kommenden Jahrzehnte und verdient politische Aufmerksamkeit!

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek

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