BARMER-Arztreport

Kindern droht heftige Infektionswelle nach Corona-Pandemie

Die Corona-Jahre haben den Kindern nicht nur eine Menge abverlangt. Diese spüren bis heute die Konsequenzen – insbesondere für ihre Gesundheit. Ausgebliebene Erkrankungen in Kitas drohen nun zu Infektionswellen zu werden. Das geht aus dem neuen Arztreport der BARMER hervor. Um solche negativen Effekte künftig zu vermeiden, braucht es im Falle neuer Pandemien evidenzbasierte Konzepte mit Augenmaß als eine Art Blaupause.

Illustration: Infektionen unter Kindern

Nach drei Jahren Corona-Pandemie ist in Deutschland der Alltag im Großen und Ganzen wieder eingekehrt. Die Maßnahmen zum Schutz vor einer Infektion wurden beendet und die Erkrankung hat ihren Schrecken weitgehend verloren. Allerdings sind die Folgen der Pandemie bis heute deutlich spürbar. Vor allem Kinder kämpfen immer noch mit den Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Dies gilt insbesondere bei den klassischen Infektionskrankheiten wie Scharlach, wie aus dem aktuellen Arztreport der BARMER hervorgeht. Demnach ist während der Pandemie die übliche Scharlach-Welle bei Kita-Kindern nahezu ausgeblieben. Während sich im Jahr 2019 noch rund 235.000 Kinder mit Scharlach infizierten, waren es in 2021 nur noch knapp 25.200. Das entspricht einem Rückgang von gut 90 Prozent. Was zunächst positiv klingt, hat eine Kehrseite. Denn jetzt kommt es bei Scharlach zu einem intensiven Nachholeffekt auf die nun älteren Kinder, bei denen schwere Verläufe drohen. Unter dem Strich sind Kinder also die großen Verlierer der Pandemie. Erst litten sie unter vielen Entbehrungen, jetzt tragen sie die gesundheitlichen Konsequenzen wie im Falle von Scharlach. Um solche negativen Effekte für die Zukunft zu vermeiden, müssen wir die richtigen Lehren aus der Pandemie ziehen.

Infografik: Rückgang von Kinderkrankheiten in der Pandemie

Doch nicht nur Scharlach hat bei Kindern im Zuge der Pandemie eine untergeordnete Rolle gespielt. Laut Arztreport, der verschiedene Erkrankungen zwischen den Jahren 2005 und 2021 nach alters- und geschlechtsspezifischen Diagnoseraten analysiert hat, sind weitere klassische Kinderkrankheiten seltener aufgetreten als in den Jahren zuvor. Ringelröteln-Infektionen etwa sind um 81 Prozent zurückgegangen. Einzig bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit gibt es einen gegenteiligen Effekt. So waren im vierten Quartal 2021 mit 141.800 Erkrankten so viele Kinder von dieser Krankheit betroffen wie in keinem anderen Quartal seit dem Jahr 2005. Deswegen ist eine weitere Beobachtung der Hand-Fuß-Mund-Krankheit sinnvoll. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass sich ein Kind mehrfach anstecken und die Erkrankung auch an Erwachsene übertragen kann. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es trotz hoher Fallzahlen einen Nachholeffekt ähnlich wie bei Scharlach geben wird.

Windpocken viel seltener aufgetreten

Bereits vor der Pandemie hatten vor allem Schutzimpfungen dazu geführt, dass Kinderkrankheiten eine rückläufige Tendenz zeigen. Das belegt exemplarisch die Diagnoserate für Windpocken. Sie ist in den Jahren von 2005 bis 2019 bei Kindern bis 14 Jahren um 92 Prozent gesunken. Eine Empfehlung für die Schutzimpfung gegen Windpocken gibt es in Deutschland seit dem Jahr 2004. Während der Pandemie hat es allein 64 Prozent weniger Windpocken-Erkrankungen gegeben. In der Gruppe der Sechsjährigen hat es zwischen den Jahren 2010 und 2021 sogar einen Rückgang um 95 Prozent gegeben.

Scharlach vor allem in Schleswig-Holstein

Dem Report zufolge weisen die einzelnen Kinderkrankheiten zum Teil enorme Unterschiede bei den regionalen Diagnoseraten auf. Im Jahr 2021 finden sich bei Kindern bis 14 Jahren beispielsweise die niedrigsten Scharlach-Raten in Bremen, Baden-Württemberg und Berlin. Hier schwanken die Raten zwischen 7 und 16 Erkrankten je 10.000 Kinder in dieser Altersgruppe. Die höchste Betroffenheit bei Scharlach zeigen ihre Altersgefährten in Schleswig-Holstein mit 39 Erkrankten je 10.000 Personen. Wie sich diese Fallzahlen weiterentwickeln, gilt es nun genau zu beobachten.

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