Transformationsfonds im KHVVG

Auf dem verfassungsrechtlichen Irrweg

Die dringend notwendige Strukturreform der Krankenhauslandschaft wird durch den im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgesehenen Transformationsfonds nicht erreicht werden können, da er in der jetzigen Form verfassungswidrig ist.

Symbolbild: Paragraphansymbol und Stethoskop

Der Kabinettsbeschlusses des KHVVG vom 15. Mai 2024 sieht vor, dass mit einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro über zehn Jahre in insgesamt sieben Bereichen Maßnahmen gefördert werden, die durch eine strukturelle Anpassung der Krankenhausversorgung in den Ländern zu einer dauerhaften, qualitätsgesicherten und flächendeckenden Versorgung beitragen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) soll nahezu die Hälfte der Kosten tragen. Hierfür sollen jährlich 2,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt werden. Dies bedeutet, dass aus dem Gesundheitsfonds jährlich 2,5 Milliarden Euro in einen sogenannten Transformationsfonds abfließen und den Krankenkassen damit zur Finanzierung ihrer originären Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Die daraus resultierende Finanzierungslücke können die Krankenkassen nur durch Leistungskürzungen oder eine Erhöhung des Zusatzbeitrags schließen.

Die vorgesehene Finanzierung des Transformationsfonds durch die GKV begegnet vielfältigen rechtlichen Bedenken. Die Bedenken beginnen formal bereits bei der verneinten Zustimmungspflicht der Bundesländer zu diesem Gesetz. Ebenso wird angeführt, dass in einer mit der Strukturreform einhergehenden zumindest mittelbaren finanziellen Unterstützung der Krankenhausträger eine europarechtswidrige Gewährung von Beihilfen insbesondere zulasten der niedergelassenen Ärzteschaft liege. Unabhängig davon, wie stichhaltig diese Bedenken sein mögen, ist eine faktisch nahezu hälftige Finanzierung der Kosten des erforderlichen Strukturwandels aus Beiträgen der Versicherten sowie der Arbeitgebenden materiell verfassungswidrig. Prof. Dr. Dagmar Felix (Universität Hamburg) hat dies in einem rechtswissenschaftlichen Gutachten eingehend dargelegt. Ein gesetzlicher Zugriff auf die Beiträge der GKV sei, so Felix, nach unserer Verfassung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) nur möglich, wenn damit ein hinreichend spezifischer Bezug zum Binnensystem der GKV verbunden ist (BSG, Urt. v. 18. März 2021 – B 1 A 2/20 R), insbesondere wenn dadurch die gesetzlich festgelegten Aufgaben der GKV umgesetzt werden sollen. Bei der erforderlichen Anpassung der Strukturen in der Krankenhausversorgung handle es sich jedoch im Sinne der Daseinsvorsorge um die Wahrnehmung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Dies bedeutet umgekehrt nicht, dass eine Förderung des erforderlichen Strukturwandels über einen Transformationsfonds unmöglich ist. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind jedoch aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Ein Gesetzgeber, der diesen verfassungsrechtlichen Grundsatz missachtet, nimmt sehenden Auges und wider besseres Wissen in Kauf, dass das von ihm angestrebte und unbestritten notwendige Ziel nicht erreicht wird. Das Bundessozialgericht hat im bereits zitierten Urteil vom 18. März 2021 bereits angedeutet, dass den Krankenkassen gegen kompetenzwidrige Eingriffe in den durch das Grundgesetz geschützten Kompetenzbereich im Rahmen der Sozialversicherung ein Klagerecht zustehen könne, sodass die Herbeiführung einer gerichtlichen Überprüfung unmittelbar durch die GKV nicht ausgeschlossen ist.

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