Zum Ende der Legislatur hat das Bundesgesundheitsministerium einen „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“ vorgelegt. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, erläutert die Wichtigkeit dieses Themas auch für die künftige Bundesregierung.

Kernthema des Aktionsplans ist der Abbau von Barrieren im Gesundheitswesen. Wo steht Deutschland hier aktuell?
Was den Abbau von Barrieren angeht, können wir in Deutschland insgesamt nicht zufrieden sein. Deutschland wird von den Vereinten Nationen immer wieder angemahnt, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) voranzutreiben. Für das Gesundheits- wesen bedeutet dies vor allen Dingen, dass Menschen mit Behinderungen noch immer ihren Arzt oder ihre Ärztin nicht frei wählen können, weil die allermeisten Praxen nicht barrierefrei sind. Dies gilt selbstverständlich auch für alle anderen Ein- richtungen des Gesundheitswesens. Hinzu kommen die Kommunikationsbarrieren. Die vielfach zu Recht eingeforderte Augenhöhe in der Kommunikation zwischen allen Patient:innen und Ärzt:innen stellt sich bei Menschen mit Behinderungen oftmals als eine weitere Hürde dar, die dringend durch Aufklärung und Fortbildungen angegangen werden sollte.
Auf welchen Dimensionen des Gesundheitswesens gibt es Handlungsbedarf, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern?
Nicht nur aus der UN-BRK, auch aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) § 2a ergeben sich unmittelbare Verpflichtungen für das Gesundheitswesen: „Den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen ist Rechnung zu tragen.“ Daraus ergeben sich nicht nur Handlungsbedarfe wie die Barrierefreiheit von allen Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie der Abbau von Kommunikationsbarrieren. Hinzu kommt die Heil- und Hilfsmittelversorgung, die besser funktionieren müsste, denn für viele Menschen mit Behinderungen ist sie Grundlage dafür, dass Teilhabe überhaupt gelebt werden kann. Auch Rehabilitationseinrichtungen sowie Angebote der Prävention inklusive einer angemessenen Krebsvorsorge sind Bereiche, in denen durch eine entsprechende Ausrichtung der Angebote auf Menschen mit Behinderungen die Teilhabe verbessert werden muss.
Der Plan ist Anfang Dezember und damit nach dem Ampel-Aus erschienen, deshalb konnten noch keine Maßnahmen in die Umsetzung gehen. Was erhoffen Sie sich diesbezüglich von der nächsten Bundesregierung?
Ich bin froh, dass der Plan trotz der beschlossenen Neuwahl noch von Bundesgesundheitsminister Lauterbach veröffentlicht wurde. Er enthält die Vorgabe der Evaluation und Fortschreibung des Aktionsplans in vier Jahren. Das sollte für jeden Nachfolger und jede Nachfolgerin verbindlich sein. Dennoch wäre es gut, wenn dies auch im Koalitionsvertrag verankert würde. Dafür werde ich mich einsetzen.
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