Krankenhausreform

Differenzierte Krankenhausplanung

Die verabschiedete Krankenhausreform legt ihren Fokus auf eine neue Krankenhausplanung mit dem Instrument der allgemeinen und speziellen Leistungsgruppen. Daneben gilt es aber auch, die sektorenübergreifenden Einrichtungen und Fachkliniken sowie die Ambulantisierung über die Hybrid-DRG in die neue Planung zu überführen. Dies erfordert eine differenzierte Herangehensweise.

Symbolbild: Krankenhaus

Nach gut drei Jahren Planung und Diskussion wurde die Krankenhausreform Ende 2024 beschlossen. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) umfasst eine Vorhaltevergütung für Leistungsgruppen, die den Krankenhäusern von den jeweiligen Landesbehörden zugewiesen werden, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (SüV) und eine Definition für Fachkrankenhäuser. Aktuell stehen die Bundesländer damit vor der Herausforderung, die Krankenhauslandschaft neu planen zu müssen. Der Kostendruck auf Krankenhäuser und Krankenkassen schwebt dabei wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Beteiligten und macht die Notwendigkeit einer effektiven Krankenhausplanung nur noch deutlicher. Hier wäre es fatal, alle Aspekte in der Planung über einen Kamm zu scheren. Vielmehr muss bei der Krankenhausplanung zwischen mehreren Planungsgegenständen unterschieden werden:

  1. Schwerpunktkrankenhaus mit komplexen und speziellen Leistungen
  2. Krankenhäuser mit Notfallstufe und Basisleistungen
  3. Fachkrankenhäuser
  4. SüV

Am Ende müssen die Planungsgegenstände in ein Gesamtkonzept eingebettet werden, bei dem auch die Ambulantisierungspotenziale im Zusammenhang mit der baldigen Ausgliederung der Hybrid-DRG mitgedacht werden. Insbesondere für das neue Konzept der SüV müssen neue planerische Wege beschritten werden, die die vorliegenden ambulanten und stationären Versorgungsangebote einbeziehen. Der Fokus liegt nachfolgend daher auf der Planung von SüV.

Leistungsgruppen

Je nach Art der Leistung sollte der Fokus auf Bevölkerung oder Regionalität liegen. In den Ballungsgebieten steht eine Konzentration der Schwerpunktversorgung, in den Regionen mit Verstädterungsansätzen eine Spezialisierung des Leistungsangebotes im Vordergrund. Bevölkerungsbezogene Kriterien, etwa Einwohnerdichte, Erreichbarkeit, sowie historische Fallzahlen und Fallschwere, sind für die Planung der allgemeinen und der speziellen Leistungsgruppen maßgeblich. Für die Planung der Basisversorgung, die weite Teile der Bevölkerung betrifft, sollte hingegen die Regionalität stärker berücksichtigt werden. Die Kriterien für die allgemeinen Gruppen sind daher auf die Sicherung der Grundversorgung anzupassen, insbesondere für die ländlichen Regionen.

Fachkliniken

Der Begriff der Fachkliniken ist nicht geschützt. Nach dem KHVVG obliegt die Festlegung den einzelnen Ländern und ist somit augenscheinlich eine Blackbox. Es wird ein bundesweiter Rahmen notwendig sein, der es ermöglicht, eine monetär getriebene Leistungsspezialisierung von einer medizinischen Spezialisierung zu trennen. Ohne solche Leitplanken droht die Gefahr, dass die neue Planung über Länderregelungen unterlaufen wird. Mögliche Kriterien können eine Kombination aus Mindestfallzahl und Konzentrationsmaß sein.

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (SüV)

SüV machen dort Sinn, wo das ambulante und stationäre Versorgungsangebot unzureichend ist. Daher sollten bei der Planung auch angebotsbezogene Kriterien im Vordergrund stehen. Bevölkerungsbezogene Kriterien sollten mit umgekehrten Vorzeichen Anwendung finden. Um beispielsweise die regionale Standortrelevanz potentieller SüV beurteilen zu können, bietet sich aus Sicht der Autoren ein Scoring-Ansatz an. Dabei werden das ambulante und das stationäre Versorgungsangebot einerseits und demografische Faktoren andererseits berücksichtigt. Die Details der Bewertung können angepasst werden. Für die Bewertung können folgende regionale Kriterien einbezogen werden:

Kriterien des Scoring-Modells (Abb. 1)
Kategorie
Kriterium
ambulantes Versorgungsangebot

– Hausarztdichte je 100.000 Einwohner

– Facharztdichte (inkl. spezielle Fachärzte) je 100.000 Einwohner

– Durchschnittsalter der Ärzte

stationäres Versorgungsangebot

– somatische Betten je 100.000 Einwohner

– prozentuale Veränderung der Bettendichte bei Wegfall des SüV-Standorts

– Anzahl der somatischen Standorte im Umkreis von 10km

soziodemografische Faktoren

– Durchschnittsalter der Bevölkerung

– Bevölkerungsdichte

– Bevölkerungsentwicklung

Die Bewertung erfolgt anhand eines Punktesystems. In Abhängigkeit vom jeweiligen bundesweiten Durchschnittswert wird jeweils ein Punkt vergeben – beispielsweise, wenn die Arzt- oder Bettendichte, die Bevölkerungsdichte oder -entwicklung unter dem Durchschnittswert liegen und der Altersdurchschnitt über dem Durchschnittswert liegt. Auch wenn es im Umkreis von zehn Kilometern keinen somatischen Standort gibt, wird ein Punkt vergeben. Die Punkte in den einzelnen Kriterien werden am Ende aufsummiert. Anhand der Anzahl der gewählten Kriterien ergibt sich die maximal mögliche Punktzahl (hier: neun Punkte). Je höher der finale Punktwert, umso sinnvoller ist der potenzielle SüV-Standort aus angebotsorientierter und soziodemografischer Perspektive. Die Punktwerte lassen sich zum Schluss in ein Ampelsystem überführen. Häuser mit einer roten Bewertung werden grundsätzlich nicht benötigt. Häuser mit einer grünen Bewertung werden hingegen benötigt. Bei Häusern mit einer gelben Bewertung sollten im Rahmen einer Einzelfallentscheidung weitere Faktoren individuell geprüft werden. Schaut man sich das Ergebnis des Scoring-Modells an (siehe Abb. 2), erkennt man, dass es regional nicht überall sinnvoll ist, die Investitionen für den Aufbau von SüV zu tätigen. Insbesondere in den städtischen Regionen braucht es keine oder kaum SüV, da hier das vorliegende ambulante und stationäre Versorgungsangebot bereits ausreichend ist und die demografischen Faktoren auf eine jüngere Bevölkerung mit guter Entwicklung hindeuten. Genau gegenteilig ist die Situation in den ländlichen Regionen.

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Basis vom Bundesarztregister, Raumbeobachtung des BBSR, Qualitätsberichte 2022 und (Abrechnungs-)Daten der Ersatzkassen 2023

Herausforderungen in der Krankenhausplanung

Jeder der genannten Planungsgegenstände steht vor seinen eigenen Herausforderungen, die entsprechend adressiert werden müssen. Mitunter die größten Hürden werden der Personalmangel und die Ausgliederung der Hybrid-DRG sein. Das stationäre Leistungsangebot muss um die quantitative Vorgabe der Hybrid-DRG bereinigt werden. Bis 2030 sollen zwei Millionen stationäre Fälle in das Spektrum der Hybrid-DRG überführt werden. Diese Leistungen können dann sowohl von niedergelassenen Ärzten als auch von Krankenhäusern erbracht werden. Sofern keine Vorgaben einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung erfolgen, droht trotz Ärztemangels der Ausbau der doppelten Facharztschiene. Die stationären Planvorgaben sind entsprechend anzupassen. Dies hat Auswirkungen auf die Vorhaltefinanzierung der Krankenhäuser, wenn auch mit dreijährigem Zeitverzug.

Der demografische Wandel wird im Gesundheitswesen sowohl das Angebot an verfügbarem Pflegepersonal als auch die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen massiv beeinflussen. Bereits heute liegt die Verletzung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) in der Schicht bei 15,2 ›Prozent. Potenzielle SüV bilden hier mit 15,4 Prozent keine Ausnahme. Der sektorenübergreifende

Wettbewerb wird zukünftig danach entschieden, wer entsprechendes ärztliches und nicht-ärztliches Fachpersonal hat, wenn nicht ein sektorenübergreifender Versorgungsrahmen den Weg ebnet. Denn nur mit Personal können Leistungen erbracht und Umsatz generiert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass es den SüV und auch den Grundversorgern auf dem Land schwerer fallen wird, ärztliches Personal als nicht-ärztliches anzuwerben. Nur wenige Ärzte werden sich vermutlich gegen ein großes, städtisches (Universitäts-)Klinikum und für ein kleines, ländliches Haus entscheiden. Ohne Konzentrationsprozesse in den Ballungsgebieten wird eine Sicherung der Grundversorgung auf dem Land nicht gelingen. Dieser Prozess muss zudem von finanziellen Anreizen und Restriktionen flankiert werden.

Fazit

Die Diskussion um die Krankenhausreform hat deutlich gemacht, dass die einzelnen Versorgungseinrichtungen mit unterschiedlichen Bedingungen und Herausforderungen an den Start gehen. Diese ungleichen Startbedingungen müssen durch ein differenziertes Planungskonzept ausgeglichen werden. Nur so kann dem heutigen Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung mit dem Instrument der Leistungsgruppen begegnet werden. Dies setzt zudem einen Prozess voraus, der nicht nur die Länder, sondern alle Beteiligten miteinbezieht. Schwierige Entscheidungen können gegenüber der Bevölkerung nur dann vertreten werden, wenn sie auf einem möglichst breiten Konsens der Beteiligten beruhen.

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