Gemeinsamer Jahresbetrag

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege wird flexibilisiert

Ab 1. Juli 2025 gilt der Gemeinsame Jahresbetrag nach § 42a SGB XI, der im Rahmen des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) am 26. Mai 2023 beschlossen wurde. Das Ergebnis ist die Zusammenführung der Leistungsbeträge der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege. Zukünftig steht innerhalb eines Kalenderjahres ein Gesamtbetrag von bis zu 3.539 Euro zur Verfügung, der von pflegebedürftigen Personen ab Pflegegrad (PG) 2 flexibel für beide Leistungsarten eingesetzt werden kann.

Illustration: Kurzzeit- und Verhinderungspflege

Mit Inkrafttreten des ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG 1) zum 1. Januar 2015 wurde Pflegebedürftigen mit PG 2 bis 5 erstmals die Möglichkeit eröffnet, einen Anteil des Kurzzeitpflegebetrags auf das Budget der häuslichen Verhinderungspflege zu übertragen. Die Verhinderungspflege kann seither bis zu sechs Wochen in Anspruch genommen werden. Daneben können Pflegebedürftige mit PG 2 bis 5 die Leistungsbeträge der Kurzzeitpflege mit bis zu 100 Prozent der Leistungsbeträge der Verhinderungspflege aufstocken. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege besteht bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr. Bei Einsetzen von Leistungsbeträgen einer Leistung für eine andere vermindert sich die Leistungshöhe der Leistung, von der die Beträge kommen, entsprechend. Die Möglichkeit der Übertragung der Leistungsbeträge zwischen Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege wurde seit dem PSG 1 nicht mehr verändert.

Zum 1. Juli 2025 tritt der Gemeinsame Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege nach § 42a SGB XI in Kraft. Dieser Betrag von bis zu 3.539 Euro kann für die Leistungsarten der Kurzzeitpflege und der Verhinderungspflege flexibel eingesetzt werden. Ab Juli 2025 können demzufolge 100 Prozent des Leistungsumfangs einer Leistung auf die andere angewendet werden. Daneben wird die Leistungshöchstdauer angeglichen. Die Höchstdauer der Verhinderungspflege erhöht sich von sechs auf acht Wochen und damit auf die gleiche Leistungshöchstdauer der Kurzzeitpflege. Für den Anspruch auf Verhinderungspflege wird ab dem 1. Juli 2025 außerdem keine sechsmonatige Vorpflegezeit mehr vorausgesetzt. Für Pflegebedürftige vor Vollendung des 25. Lebensjahres mit PG 4 oder 5 besteht der Anspruch auf das Entlastungsbudget in Höhe von 3.386 Euro bereits seit dem 1. Januar 2024. Dieser Leistungsbetrag erhöht sich zum 1. Juli 2025 einheitlich auf 3.539 Euro, da die vorgezogene Sonderregelung für diese Personengruppe mit Einführung des Gemeinsamen Jahresbetrages entfällt.

Auswirkungen auf die Praxis

Für die Pflegekassen geht mit Inkrafttreten des Gemeinsamen Jahresbetrags zur Jahresmitte 2025 ein hoher Verwaltungsaufwand einher. Leistungen der ersten Jahreshälfte werden entsprechend dem bis zu dem Zeitpunkt geltenden Recht abgerechnet. Die bereits bis 30. Juni 2025 in Anspruch genommene Höhe und Dauer der Kurzzeitpflege und/oder Verhinderungspflege werden auf den ab 1. Juli 2025 geltenden Anspruch auf den Gemeinsamen Jahresbetrag angerechnet. Bei der Anrechnung der Leistungen wird hinsichtlich der Höhe nicht zwischen den zwei Leistungsarten differenziert.

Für Pflegebedürftige, Betreuer:innen, An- sowie Zugehörige bedeutet diese Reform eine Flexibilisierung in der Planung und Inanspruchnahme von Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Der Entlastungsbetrag kann frei zwischen den beiden Leistungen aufgeteilt werden. Diejenigen, die mehr Unterstützung zu Hause benötigen, können den Großteil beziehungsweise bis zu 100 Prozent des Betrags für die Verhinderungspflege verwenden, während andere, die eine stationäre Versorgung bevorzugen, den Fokus auf die Kurzzeitpflege legen können. Daneben erleichtert die Flexibilisierung die Antragstellung und reduziert die Bürokratie. Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel können von den Pflegebedürftigen besser genutzt werden, angepasst auf die individuellen Bedürfnisse. Folglich fördert der Gemeinsame Jahresbetrag eine bedarfsgerechte Versorgung und kann einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität der Pflegebedürftigen und deren An- und Zugehörigen zu verbessern.

Weniger Bürokratie, mehr Selbstbestimmung

Wenn die Leistungserbringung beispielsweise durch einer Kurzzeitpflegeeinrichtung erfolgt ist, erhalten Pflegebedürftige im Anschluss an die Leistung zukünftig eine schriftliche Übersicht über die angefallenen Kosten, d. h. eine Art Kontoauszug. Diese Übersicht beinhaltet den Betrag, der vom Gemeinsamen Jahresbetrag abgerechnet wird. Folglich ist zukünftig leicht zu erschließen, wie hoch der Restbetrag des Gemeinsamen Jahresbetrags für das laufende Jahr ist. Langfristig stellt die Zusammenführung der Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege mit der Einführung des Gemeinsamen Jahresbetrags eine Flexibilisierung der Inanspruchnahme dar. Im „Leistungsdschungel“ der Pflege reduziert der neue Ansatz nicht nur die Bürokratie, sondern fördert auch die Selbstbestimmung pflegebedürftiger Personen und deren An- und Zugehörigen. Diese können zukünftig selbst entscheiden, wie sie die finanziellen Mittel einsetzen möchten, die ihnen ab PG 2 zustehen. Auf diese Weise wird die individuelle Pflege nach den eigenen Bedarfen und Bedürfnissen gefördert und dient letztendlich der Zufriedenheit aller Beteiligten.

Weitere Artikel aus ersatzkasse magazin. (2. Ausgabe 2025)